Italien zum Verlieben (German Edition)
leise Murmeln und Lachen ihres
Onkels und Paolos hören, die noch immer unten im Hof unter den
Arkaden saßen und den schönen lauen Abend genossen. Toni
hatte noch eine Flasche Grappa aus dem Keller geholt, doch Anna
wollte ihn ein anderes Mal probieren. Sie hatte schon deutlich
gemerkt, dass sie bei der schönen Atmosphäre schon etwas
zuviel Wein getrunken hatte und so war sie gemeinsam mit den beiden
Frauen ins Haus zurück gegangen, bevor sie noch irgendetwas
peinliches tun oder sagen hätte können. Marco war dann wohl
auch verschwunden, denn seine Stimme war von unter her nicht mehr zu
hören.
Anna drehte sich um und besah sich ihr Zimmer. Es war
sehr groß, derselbe Raum, in dem sie früher immer mit
ihren Eltern geschlafen hatte, als sie die Sommerferien hier
verbrachten. Die alte Holztür war weiß gestrichen, ebenso
wie die restlichen Möbel im Zimmer. Links neben der Tür
stand immernoch die hübsche kleine Kommode mit dem ovalen
Schminkspiegel darüber. Links an der Wand stand das große
Doppelbett, mit großem Holz-Kopfteil und links und rechts zwei
kleinen Nachtkästchen. Die Leinenbezüge waren weiß
und hatten ein süßes Blümchenmuster. Über dem
Bett hing ein großes gerahmtes Bild, das eine kitschige
toskanische oder wahrscheinlich umbrische Landschaft zeigte. Auf der
gegenüberliegenden Seite stand ein großer dreitüriger
Kleiderschrank und neben dem Fenster gab es noch einen großen
Rattansessel mit einem weißen Kissen und nebendran einen
halbhohen Ficus. Hier hatte immer Annas Kinderbett gestanden, als sie
noch kleiner war. Später hatte sie dann in einem großen
Bett geschlafen, das noch zusätzlich in Violettas Schlafzimmer
im Erdgeschoss gestellt worden war. Das war schön. Violetta ging
immer früh ins Bett und las noch so lange in einem Buch, bis
Anna eingeschlafen war, weil sie sich damals immer ein wenig
gefürchtet hatte, im Dunkeln einzuschlafen, besonders wenn sie
nicht zu Hause übernachteten. Anna erinnerte sich noch genau an
den gemütlichen, warmen Schein von Violettas Nachttischlampe und
das Geraschel der Seiten.
Anna räumte noch ein paar Sachen aus ihrem Koffer
in den Kleiderschrank, fand ihr Nachthemd, zog sich um und legte sich
in die frisch duftenden Laken. Ihr gefiel dieser Raum ausgesprochen
gut. Er hatte genau die romantische Atmosphäre, die sie in einem
Urlaub in Italien brauchte. Sie dachte an Sebastian. Sie hatte extra
ihren Laptop mitgenommen, doch würde es wahrscheinlich hier auf
dem Gut keinen Internetzugang geben und so würde sie morgen in
Castiglione nach einem Internetcafé Ausschau halten, von wo
aus sie dann vielleicht am Nachmittag an Sebastian eine E-Mail
schreiben könnte. Natürlich würde sie da mit ihrem
eigenen Auto noch einmal hinfahren, denn sie konnte ja schlecht Marco
dazu nötigen, solange draußen im Wagen zu warten. Sie
stellte sich die Reaktion des Winzers auf diesen Vorschlag vor und
musste bei dieser Vorstellung grinsen.
Ja, Marco war schon ein sehr eigener Mensch. Doch
irgendwie interessant. Was mochte in seinem Kopf nur vorgehen? Was
musste er nur von ihr denken, dass er so abweisend war? Onkel Toni
war so begeistert von ihm und hatte ihn sogar einen "netten
Jungen" genannt. Davon hatte sie bisher noch nichts feststellen
können. Attraktiv war er auf jeden Fall, das konnte man nicht
leugnen. Und er hatte auf sie auch eine gewisse anziehende Wirkung,
das hatte sie ja inzwischen auch schon festgestellt. Seine dunkel
blitzenden Augen mit diesem Blick, der so tief in sie drang, als
könnte er jeden ihrer Gedanken sehen, dieses männliche,
markante Gesicht und der muskulöse Körper... Aber diesen
Gedanken verdrängte Anna gleich wieder. Was war nur los mit ihr?
Seit sie mit Sebastian zusammen war, hatte sie nicht so über
einen anderen Mann gedacht und das würde sie ihm auch jetzt
bestimmt nicht antun. Sie drehte sich auf die Seite, zog die Decke
ein Stück höher und schlief bald darauf ein.
Marco war noch wach. Er saß mit einem Glas Grappa
auf einem Stuhl vor seiner Tür auf dem kleinen Holzvorsprung
seiner Treppe und starrte in den dunklen Weinberg. Seine Gedanken
kreisten um dieses deutsche Mädchen. 'Was will sie nur hier?'
fragte er sich, doch diese Frage stellte er sich eigentlich nur
rhetorisch. Er hatte nämlich bereits eine genaue Vorstellung von
Annas Absichten, die sie hierher gebracht haben mussten und sein
Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken daran. Wann war sie denn das
letzte Mal hier gewesen - als kleines Kind? Wo
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