Italien zum Verlieben (German Edition)
immer sehr genau
beobachtete und dann versuchte, die Stellung bei seinen eigenen
Schlägen umzusetzen. Sie fand, dass er schnell lernte und seine
Schläge auch bereits etwas genauer wurden. Sebastian hielt mit
ihnen inzwischen eine lockere, unverfängliche Konversation am
Laufen wie es eine seiner Stärken war. Er plauderte über
aktuelle Themen aus den Nachrichten, über Sport und gutes Essen
und Anna und Marco gaben jeweils ihre Meinungen dazu ab.
"Sag mal, wie ist es eigentlich so, als Bauer in
diesem Niemandsland zu leben", fragte Sebastian plötzlich
ohne aufzusehen, als er gerade dabei war, am vierten Loch einzuputten
und Anna musste unweigerlich schlucken. Wie kam er denn nur dazu, so
eine Frage zu stellen? Sie wollte bereits etwas erwidern, doch Marco
kam ihr zuvor.
"Ich meine nicht, dass man die Umgebung von
exklusiven Golfplätzen, welthistorischen Stätten und
ausgezeichneten Weinanbaugebieten als Niemandsland bezeichnen
könnte", konterte er in lockerem Tonfall. "Und die
Arbeit als Winzer ", dieses Wort betonte er, "ist
überaus vielseitig und befriedigend, weswegen ich auch sehr
glücklich darüber bin, hier zu leben."
Sebastians Ball rollte eine handbreit am Loch vorbei und
er schien einen Moment lang sprachlos zu sein.
"Na jedem das Seine", war alles, was er darauf
erwiderte, ging zu seinem Ball und lochte ihn ein. Die nächste
Golfbahn war recht kurz und man konnte das Grün mit der Fahne
bereits am Abschlagspunkt gut sehen. Marco war am Ball, er holte aus
und sein Ball flog weit über den Platz und landete direkt auf
dem Grün in unmittelbarer Nähe zur Fahne.
"Hey, gratuliere!" lobte Anna. Sebastian
schien weniger begeistert zu sein.
Marco sah ihn an und zuckte mit den Achseln.
"Anfängerglück schätze ich."
Von da an wurde Marcos Spiel zunehmend treffsicherer und
Sebastian zunehmend wortkarger. Bald überholte er sogar Anna und
war am letzten Loch nur noch drei Schläge hinter Sebastian
zurück. Dieser war sichtlich angespannt und erste Schweißperlen
standen auf seiner Stirn. Die Sonne stand bereits sehr hoch, es
musste inzwischen fast Mittag sein und die Temperatur stieg merklich
an.
Sebastians Ball landete direkt in einem Bunker. So
unkonzentriert hatte Anna ihn noch nie spielen sehen. Ihr eigener
Schlag war wie meistens mittelmäßig, doch Marco schien
entweder ein Naturtalent zu sein, oder eine wahre Glückssträhne
zu haben, er konzentrierte sich so verbissen auf das Spiel als ginge
es um den Weltmeistertitel und traf wieder sensationell, sein Ball
legte gut die Hälfte der Entfernung bis zum Loch zurück und
landete vorteilhaft im halbhohen Gras.
Vor sich hin starrend fuhr Sebastian den Wagen zu dem
Bunker und schaffte es immerhin mit einem einzigen Schlag den Ball
wieder auf die Bahn zu bekommen. Beide Männer schlugen ihre
Bälle mit zwei weiteren Schlägen aufs Grün, so dass
Marco weiterhin zwei Schläge hinten lag. Sein Ball lag etwa zehn
Schritte vom Loch entfernt, er holte tief Luft, fixierte das Ziel,
schwang seinen Putter, der Ball rollte sanft über das gestutzte
Gras und kullerte ins Loch. Zufrieden grinsend holte er ihn wieder
heraus und gesellte sich zu Anna, die mit der Fahne am Rande des
Grüns stand. Sebastians Ball lag noch etwas weiter entfernt als
Marcos. Er schlug ihn eine Idee zu energisch, so dass er sich um den
oberen Rand des Loches drehte und wieder für etwa dreißig
Zentimeter nach rechts herausrollte. Sebastian unterdrückte
einen Fluch und ballte seine Fäuste um seinen Schläger. So
wütend hatte Anna ihn noch nie erlebt. Er sammelte sich für
einen kurzen Moment, ging dann festen Schrittes zu seinem Ball und
nahm mit seinen Augen Maß. Wenn er jetzt nicht treffen würde,
wäre Marco mit ihm gleichauf. Doch er versenkte ihn und atmete
tief durch. Als er zu den beiden anderen kam, streckte Marco ihm
seine Hand hin.
"Gutes Spiel!" sagte er ernsthaft und sah
Sebastian in die Augen.
Dieser fand die Kontrolle über sich selbst wieder
und schlug ein. "Für einen Anfänger wirklich nicht
schlecht, das muss man sagen. Für einen Moment dachte ich
wirklich, ich müsste meine Golferkarriere beenden." Beide
lachten und Anna war froh, dass die Anspannung endlich gelöst
war. Sie hatte ja schon geahnt, dass es zu so einem Wettkampf kommen
würde. 'Typisch Männer', dachte sie sich, 'müssen sich
immer beweisen, wer der bessere ist.'
"Wie wär's, wollen wir im Clubhaus noch einen
Happen essen bevor wir heim fahren?
"Liebend gern", gab Marco zurück,
Weitere Kostenlose Bücher