Italienische Novellen, Band 3
mehr rückgängig gemacht werden. Darum befehlt mir nur alles, was Euch beliebt mir anzuweisen: denn Ihr werdet mich stets bereit finden, jedes Wagnis und jede Gefahr Euch zu Gefallen zu übernehmen; und wenn Ihr verlangt, daß ich mich Euch zuliebe aus einem dieser Fenster stürze, so verspreche und schwöre ich Euch, es ganz sicher zu tun; aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr mir je so übelwollet: denn da Ihr so schön und edel seid, kann es nicht fehlen, daß Ihr nicht auch freundlich und menschlich seid und meiner Keckheit und dem jugendlichen Irrtum verzeiht, den ich unvorsichtigerweise begangen habe.« Er fügte noch die Versicherung bei: »Wenn ich Sie auch niemals wiedersehen werde, so wird mir Ihr Andenken im Herzen doch stets lebendig bleiben, und ich werde in jeder Stunde Ihrer seltenen, engelgleichen Schönheit mich erinnern sowie dieser heitern, süßen, letzten Nacht, in der ich so unvergleichliche Liebesfreude und Wollust genossen habe, ich Unwürdiger mit Ihnen, wofür ich zum größten Danke verpflichtet bin. Darum, mein Fräulein, beruhigt Euch für jetzt darüber und fügt Euch darein, mir das zu lassen, was weder Ihr noch sonst jemand mir wieder nehmen kann, und was mir mein günstiger Stern vergönnt und in den Weg gelegt hat.«
Diese sanften, liebevollen Worte des abenteurerischen Cechino rührten vollends die noch soeben erzürnte Brust der Jungfrau, die ihn nun mit etwas milderem Blicke wieder betrachtete; und da sie in ihm, wiewohl er in Lumpen gehüllt war, einen anmutigen Jüngling sah, erbarmte sie sich seiner und fragte ihn, wo er her sei und welche Absicht ihn hierhergeführt habe.
Er setzte ihr nun anmutig und freundlich seine ganze Lage auseinander. Sie hatte Mitleid mit ihm und sprach: »Seid nur fröhlich und guter Dinge: denn da der Himmel nun einmal zugelassen hat, was sich zwischen uns ereignet hat, so kann ich denn auch nicht umhin, mich Euch am Ende freundlich und liebevoll zu erweisen, indem ich Euern Bedürfnissen entgegenkomme.«
Indem er sie also reden hörte, dankte er ihr demütig und wagte in seinem freudigen Entzücken darüber sogar, ihr einen Kuß zu geben, und da sie ihn nicht verschmähte, sondern genehmigte, fühlte er sich ermutigt, in der Sache noch weiter zu gehen, so daß er am Ende von ihr eine neue Liebesfrucht errang, die nicht weniger würzig und gut schmeckte als so viele andere, die er verstohlenerweise in der letzten Nacht genossen hatte. Wenn sie ihm willfahrte, so lag der Grund zum Teil darin, sich der gräßlichen Furcht um ihre Ehre zu entschlagen; vielleicht auch war zum Teil ihr Zorn schon erloschen, da sie einen in Liebesturnieren so biderben Ritter in ihm gefunden hatte.
Bei alledem übersah sie nicht die Stunde, in der es an der Zeit war, ihn aus dem Hause zu schaffen: »Cechino«, sagte sie, »denn so sagt Ihr ja, daß Ihr heißet, jetzt ist es Zeit, daß Ihr fortgeht! Und um mich zu überzeugen, daß Ihr mir vertraut, bitte ich Euch, bei Euerm Weggehen von hier die Anordnung zu befolgen, die ich Euch gebe. Aber ehe ich darüber mit Euch rede, vergönnt mir Zeit, draußen etwas Geld zu holen, das ich Euch geben möchte. Ich werde im Augenblick wieder bei Euch sein.«
Als der erfreute Cechino von Geld sprechen hörte, da war nie ein besserer Laut in seine Ohren gedrungen. Das Mädchen kam zurück mit einem Beutel, der in Gold gestickt war und fünfzig Zechinen enthielt, in der einen Hand und mit Hammer und Zange in der andern.
»Nehmt«, sprach sie, »dieses wenige, denn für den Augenblick habe ich nicht mehr; aber wenn Ihr von hier weg seid und, um mich zu sehen, in die benachbarte Kirche kommt, in die ich jeden Sonntag gehe, so werde ich Euch nicht nur immer gern wiedersehen, sondern ich werde Euch auch, noch ehe Ihr dieses Geld ausgegeben habt, wieder mit anderem versehen.«
Der überglückliche Cechino nahm das Geld und machte ihr grenzenlose Danksagungen. Da er sie aber in der andern Hand Hammer und Zange halten sah, so fragte er sie: »Fräulein, wozu sollen denn nun aber diese Dinge dienen?«
»Das sollt Ihr sogleich erfahren«, antwortete sie. »Es wird in einer kleinen Weile ein Kaufmann kommen, dem ich, wie ich Euch schon gestern abend sagte, zwei Ballen von dieser Baumwolle übergeben soll. Da will ich Euch nun bitten, daß Ihr mir zuliebe und zur Erhaltung meiner Ehre und nicht minder Eures Lebens in einem derselben Euch verbergt. Ich will Euch darin eine ganz bequeme Lage bereiten.«
Sie unterrichtete ihn hierauf
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