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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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gemalt hat. Hast du sie gesehen?" „Die Sixtinische Kapelle? Ja." „Ist sie so schön, wie die Leute sagen?" „Schöner." „Das habe ich mir gedacht." Die Fresken in der Sixtinischen Kapelle gehörten zu den Dingen, die ich nie zu sehen bekommen würde. Ob ich an einen großen, allmächtigen Gott glaubte, spielte dabei gar keine Rolle.
    Ich würde niemals einen Fuß in eine Kirche setzen können. Ich habe es oft genug probiert - es war jedes Mal, als liefe ich gegen eine Mauer.
    „Erzähl mir von den Naturi, Mira." Seine Stimme klang auf einmal weicher. Zwar nicht unbedingt freundlich, aber auch nicht mehr so knurrig und zornig. Seine Hand verharrte einen Augenblick lang auf meinem Knie, bevor er sie wieder sinken ließ, doch schon bei dieser kurzen Berührung spürte ich seine Wärme durch die Lederhose. Ich rückte etwas von ihm ab, um ihn anzusehen, und runzelte überrascht die Stirn. Er hatte mich zum ersten Mal bei meinem Namen genannt.
    „Gratuliere, du weißt also über die Naturi Bescheid", sagte ich. Das Thema ging mir allmählich auf die Nerven. „Sind Vampire so eine große Herausforderung für dich, dass du dir überlegt hast, lieber ein paar Naturi zu jagen?" Es war kindisch, ihn derart zu provozieren, aber ich wollte nicht an die Naturi denken und schon gar nicht über sie reden. Ich wollte diese ganze furchtbare Rasse einfach vergessen. Ein Teil von mir wollte sofort aufstehen und auf die Tanzfläche zurückkehren, um in dem Meer aus warmen Körpern und der lauten Musik zu ertrinken.
    „Erzähl!" „Was soll ich erzählen?", fuhr ich ihn an, brachte meine Stimme aber rasch wieder unter Kontrolle. „Sie waren hier, und jetzt sind sie fort. Das ist alles!"
    Die Naturi wollten die Erde von allen Menschen und Nachtwandlern befreien. In ihren Augen ließ sich die Erde nur schützen, wenn die größte Bedrohung vernichtet wurde: die Menschheit. Aber damit nicht genug. Ich hatte meine Erfahrungen mit den Naturi gemacht, und mich quälten immer noch schmerzliche Erinnerungen an weißgraue Steine im Mondlicht, an denen mein Blut klebte. Noch schlimmer war allerdings, dass möglicherweise auch die Bori wieder auf der Bildfläche erschienen, wenn die Naturi zurückkehrten.
    Ein Tauziehen, bei dem es keinen Sieger gab. Für die Nachtwandler bedeuteten die Naturi Vernichtung und die Bori ewige Sklaverei. Die beiden Rassen mussten in der Verbannung bleiben, für immer und ewig.
    Danaus griff in die Innentasche seines Mantels und holte einen Stoß Papiere heraus, die er hinter mir auf den Tisch legte. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass es sich um Farbfotos handelte. Ich erstarrte unwillkürlich, und das bisschen Wärme, das ich auf der Tanzfläche gespeichert hatte, entwich meinem Körper, die plötzliche Kälte griff meine angespannten Muskeln an.
    Ich musste mich zwingen, die Hand auszustrecken, und tippte gegen den kleinen Stapel, sodass die glänzenden Bilder sich auffächerten und sich auf dem Tisch verteilten. Auf allen waren Bäume zu sehen, in deren Rinde Symbole geritzt waren, doch die Baumart war jeweils eine andere. Es waren Naturi-Symbole. Ich beherrschte ihre Sprache nicht, aber ich hatte solche Zeichen oft genug gesehen, um sie nie wieder zu vergessen.
    Mir zog sich der Magen zusammen, und ich konnte nur hoffen, dass ich mich nicht vor Angst und Entsetzen übergeben musste. Irgendwie gelang es mir, keine Regung zu zeigen, aber solche Tricks hatten Nachtwandler einfach drauf. Wir versteckten unsere Empfindungen hinter einer ausdruckslosen, schön anzusehenden Maske. Danaus sah mich durchdringend an, als versuche er, meine Gedanken zu lesen.
    „Bäume. Ganz hübsch, aber nicht mein Ding." Ich war stolz darauf, dass meine Stimme nicht zitterte. „Ich weiß nicht, was du von mir willst. Ich weiß weder etwas über die Naturi noch über Bäume." Ich stützte mich mit einer Hand an der Wand ab, stand langsam auf und wandte mich zum Gehen. Ich musste weg von Danaus und die schrecklichen Erinnerungen schnellstmöglich mit Blut hinunterspülen.
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Danaus sich erhob, dann packte er mich am Handgelenk. „Und wie ist es damit?" Ich hörte etwas dumpf und unheilvoll auf den Holztisch neben mir aufschlagen. Lauf!, rief meine innere Stimme. Mein Überlebensinstinkt flehte mich an, nicht umzukehren, aber ich musste es wissen.
    In der Tischplatte, inmitten der Fotos, steckte ein Dolch.
    Ein einzigartiger Dolch, den garantiert noch kein lebendiger Mensch zu Gesicht bekommen

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