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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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herunterstürzte, fiel mir auf, dass er erschöpft aussah.
    »Wo wir nun schon einmal davon sprechen, aus dem Fall auszusteigen«, sagte ich, »warum hast du das nicht getan? Es ist doch kein Zuckerschlecken, mit solchen Schwulenhassern wie Whitehead und Cash zusammenzuarbeiten.«
    Er lachte bitter auf.
    »Als wenn ich je diese Chance gehabt hätte.«
    »Ich dachte, du kannst dir deine Fälle aussuchen.«
    »Das war einmal, als Don Miller noch im Amt war. Der ist aber vor ein paar Monaten gestorben.«
    Sein Gesicht fiel in sich zusammen, er versuchte, es hinter seinem Ginglas zu verstecken. Ich wusste, dass er seinen Vorgesetzten gemocht hatte, einen zielstrebigen, aber toleranten Menschen, der Milos berufliche Fähigkeiten geschätzt und seine Homosexualität respektiert hatte.
    »Was ist mit ihm passiert?«
    »Beim Golf im Rancho Park fiel er am zwölften Loch plötzlich um. Herzinfarkt, wahrscheinlich hatte er schon eine ganze Weile Schmerzen in der Brust, erzählte es aber keinem.«
    Milo schüttelte traurig den Kopf. »Achtundvierzig Jahre alt, hinterlässt Frau und fünf Kinder.«
    »Das ist schrecklich. Ich bedauere das sehr, Milo.«
    »Viele haben das bedauert. Er war ein wunderbarer Mensch. Es war verdammt unüberlegt von ihm, sich so früh zu verabschieden. Sie haben seine Stelle mit einem Arschloch besetzt, einem Mistkerl namens Cyril Trapp. Er war der schlimmste Säufer, Pillenschlucker und Hurenbock in Ramparts Abteilung. Plötzlich entdeckte er Jesus und entwickelte sich zu einem jener wiedergeborenen Frömmlinge, die am liebsten jeden in die Gaskammer schicken, der nicht so denkt wie sie. Er ist davon überzeugt, dass Schwule Sünder sind. Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, wie sehr er mich schätzt.«
    Mit zurückgeworfenem Kopf schüttete er sich den letzten Tropfen Gin in die Kehle. Als die Kellnerin vorbeikam, bestellte er sich das dritte Glas.
    »Es ist nicht so, dass er sich öffentlich darüber aufregt, das wäre eine ehrliche Feindschaft. Ich könnte problemlos eine Versetzung wegen persönlicher Konflikte in die Wege leiten und hätte damit wahrscheinlich Erfolg. Ich würde gern in West Los Angeles arbeiten. Für meine Personalakte wäre das zwar nicht gut, ich würde es aber überstehen. Trapp wäre aber mit einer bloßen Versetzung nicht zufrieden. Er will mich ganz aus dem Dienst haben. Er versucht es auf die subtile Art - psychologische Kriegführung. Mit seiner höflichen Tour und den Dienstvorschriften macht er mir das Leben zur Hölle.«
    »Bekommst du aussichtslose Fälle?«
    »Alle Schwulenfälle!« Mit geballter Faust schlug er auf den Tisch. Das schwarze Pärchen sah zu uns herüber. Als ich ihnen zulächelte, widmeten sie sich wieder ihren Kopfhörern.
    »In den letzten zwei Monaten«, fuhr er mit leiser, immer undeutlicherer Stimme fort, »hatte ich nur mit Schwulen zu tun, Messerstechereien, Schießereien, Prügeleien, Raubüberfälle. ›Leiche eines Schwulen am Tatort vorgefunden, bitte rufen Sie Sturgis an, Befehl des Captain.‹ Ich brauchte nicht lange, um das Schema zu erkennen, und protestierte sofort dagegen. Trapp legte seine Bibel aus der Hand, lächelte und sagte mir, dass er Verständnis für meine Gefühle habe. Aber meine Erfahrung werde gebraucht, man müsse sie nutzen. Und ich sei nun mal ein Spezialist, Ende der Diskussion.«
    »Das ist aber alles andere als subtil«, sagte ich, »warum bemühst du dich nicht trotzdem um eine Versetzung?«
    Er verzog seinen Mund.
    »Das ist nicht so einfach. Trapp hat alles so eingerichtet, dass die Dinge auf eine meiner Bettgeschichten hinauslaufen. Sobald er etwas Konkretes darüber erfährt, lässt er nicht mehr locker. Ich müsste damit an die Öffentlichkeit gehen oder es in mich hineinfressen. Die ACLU würde mir bestimmt gern helfen, doch ich scheue Schlagzeilen. Nicht dass ich meine Veranlagung leugne - du weißt, dass ich mich schon vor langer Zeit damit auseinander gesetzt habe -, aber ich bin nicht dafür geschaffen, mein Privatleben öffentlich zur Schau zu stellen.«
    Ich erinnerte mich daran, was Milo mir über seine Kindheit erzählt hatte. Er war als schüchterner, übergroßer, übergewichtiger Junge in einer Arbeiterfamilie in Indiana aufgewachsen, als fünfter Sohn eines männlichkeitsbesessenen Vaters und als Jüngster unter lärmenden Brüdern, die alle ihrem Vater nacheiferten. Obwohl er aussah wie sie, war er sich seit seinem sechsten Lebensjahr mit Schrecken bewusst, dass er anders war als sie. Das

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