Jane Reloaded - Roman

sie lieber hinuntergeschluckt hätte: »War Jamie denn dabei?«
    »Er hat zu keiner Homo sapiens -Frau engen Kontakt aufgenommen. Er ist sehr wählerisch. Nur einmal …«
    Sie fällt Gregor wieder ins Wort: »Erzähl lieber nicht weiter, das beeinflusst mich unnötig. Außerdem ist Harald schon da.«
    Der Däne Harald Thomsen ist der physikalische Ingenieur und soll Jane Nanofilter anpassen, um die Ausdünstung des Homo erectus abzufangen. Dann riecht Jane weniger, und gleichzeitig fangen sie die Geruchsmoleküle ab, um sie zu analysieren.
    Das hat Rita gestern schon angeordnet, und Jane versichert, sie würde die kleinen Stöpsel in der Nase kaum spüren.
    »Reine Vorsichtsmaßnahme!«, erklärt Harald grinsend. »Sie zähmen das wilde Tier in uns.«
    »In mir steckt kein wildes Tier!«
    »Aber sicher in ihm. Reizen Sie es nicht, er steht bestimmt wie alle auf Blond!«
    »Muss ich mir jetzt die Haare braun färben?« Jane ärgert sich.
    »Halten Sie lieber still, wenn ich die Filter einsetze.«
    Als sie wieder allein sind und noch bevor Jane lospoltern kann, sagt Gregor: »Ärger dich nicht über ihn. Im Vergleich zu den anderen ist Harald noch gemäßigt. Und seine dumme Bemerkung bezieht sich auf einen Vorfall vor zwei Jahren. Wir hatten einen Mitarbeiter erwischt, der einem Homo erectus im Soziallabor heimlich King-Kong-Filme gezeigt hat.«
    »Warum macht jemand so was?« Jane schüttelt den Kopf.
    »Um sich überlegen zu fühlen! Das war ein moderner Revierkampf, so sehe ich das wenigstens. Im Film bleibt Homo sapiens der Sieger! Und der andere, eben der Menschenaffe, stirbt.«
    »Kong wird ermordet, damit der Mensch die Krone behalten kann, die Krone der Schöpfung. Meinst du so was in der Art?«
    »Deine Mutter hätte es nicht besser sagen können! Und das ist ein Kompliment, Jane!«
    »Und wie hat das Exemplar damals reagiert?«
    »Es war total überdreht, hat seine Behausung zertrümmert, wurde aggressiv. Er hatte plötzlich Angst vor uns, nur nicht vor einer blonden Wissenschaftlerin. Dadurch sind wir überhaupt erst dahintergekommen, was vorgefallen war. Und dann ist dieses Exemplar kurz darauf mit dem kompletten Filmabspielgerät verschwunden, zurück ins Freiland. Das hatte übrigens Solarstrom …«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Nein, das stimmt wirklich. Rita hat viel später sogar die These aufgestellt, damit hätten einige HEs zum ersten Mal Global gehört und vielleicht auch gelernt … das halte ich allerdings für unmöglich!«
    »Aber vielleicht hat Rita recht. Es stand im Dossier, dass ihr euch manchmal gewundert habt, wie viele Global-Wörter einige HE-Exemplare kannten, bevor sie unterrichtet wurden. Habt ihr denn die Dialoge aus dem Film daraufhin analysiert und mit ihrem Wortschatz verglichen?«
    »Nein, aber hier hast du freie Hand, Jane.«
    »Nein danke, sein Sprachunterricht ist mir wichtiger. Übrigens hat Jamie bereits die Ich-Tarzan-Schranke erreicht.«
    »Nimmst du mich jetzt auf den Arm?«
    »Nein, nein. Einige Paläolinguisten nennen so jene ferne Grenze, an der eine Sprache mit einfachen Wörtern und ohne jegliche Grammatikstrukturen arbeitet.«
    »Und wie hört sich das an?«
    »Bei einem Dozenten mussten wir dazu immer eine Geschichte auswendig lernen. Hör zu!« Und in einer besonderen Betonung rezitiert sie die folgenden Zeilen:
    »mann höhl schlaf
tochter frucht sammel kopf dreh mammut seh
tochter renn baum komm kletter
mammut baum schüttel
tochter kreisch kreisch vater renn speer werf
mammut brüll fall
vater stein nehm fleisch schneid tochter geb
tochter ess.«
    Gregor muss schmunzeln. »Ich habe tatsächlich alles verstanden. «
    »Natürlich ist das nur ein theoretisches Konstrukt«, erklärt Jane weiter, »aber es hilft mir, Jamie besser zu verstehen. Wenn ich in solchen Sätzen denke, dann verhalte ich mich plötzlich auch anders. Von gleich zu gleich irgendwie. Und das spürt er.«
    »Was wird er wohl denken, wenn du ihn nachher wiedertriffst?«
    »jane frau gut hand.«
    »Ja, du bist wirklich gut, Jane reloaded«, sagt Gregor schon im Gehen.
    Seine Tochter freut sich über die Anrede, die auch eine Anerkennung ist.
    Jane und Jamie treffen sich am selben Tag nachmittags zum ersten Mal in einem größeren ebenerdigen »Soziallabor«, das ebenfalls überwacht wird. Es hat drei Räume, natürliche Lernorte, so nennt sie das Team: Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche. Sie will sich heute Abend alles genauer anschauen. Jetzt nutzen sie nur das sogenannte