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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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erschreckte ihn. Er beharrte darauf, Wohnung und Arbeit zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen, und so gingen wir wieder zu der molligen Angestellten im Eingliederungsbüro. Diesmal wurde er mit der Nachricht beglückt, dass es eine Einzimmerwohnung im Immigrantenheim in Kiriat Jovel für ihn gebe.
    »Asche auf ihr Haupt, besser ein Zelt in einem Durchgangslager als so ein Zimmer«, knurrte meine Mutter und erlaubte ihm nicht auszuziehen. »Unsere Wohnung ist leer, Kabi ist nicht da. Du fällst niemandem zur Last, und Abu Kabi hat einen Freund im Haus.«
    Eines Abends, als wir darauf warteten, dass er von seinem üblichen Spaziergang zurückkam, seine »Angewohnheit aus dem Gefängnis«, wie er es nannte, wandte sich meine Mutter an meinen Vater und erklärte, man müsse eine Partie für ihn finden.
    »Welche Partie hast du im Kopf? Wovon soll er sich ernähren?«
    »Vielleicht hat er Glück und bekommt einen Sohn, der den Kaddisch für ihn lesen wird.«
    Mein Vater lächelte. »Der Mensch bringt kein Kind auf die Welt für den Kaddisch. Es ist jetzt wichtiger, dass er wegen seines Beins ins Hadassa-Krankenhaus geht.«
    »Ich blase ins verloschene Feuer, und die Asche fliegt mir ins
Gesicht. In Bagdad war er ein Fluss, und hier wird eine Wüste aus ihm! Ich kann ihn nicht so sehen, es bricht mir das Herz. Ich habe ihn mit Raschel zusammengebracht, getilgt sei ihr Name, und ich werde eine neue Frau für ihn finden.« Es war das erste Mal, dass meine Mutter Raschel verfluchte.
    Chizkel wich jedem Gespräch über Raschel aus. Die bloße Erwähnung ihres Namens genügte, um ihm Schmerz und Verwirrung zu verursachen. Es schien, als sei es ihm gelungen, die schweren Foltern, die Jahre im Gefängnis, das zerschmetterte Knie, die unverwirklichten Träume zu überwinden, doch nicht, dass ihn die Liebe seiner Jugend verlassen hatte. Er äußerte nie ein böses Wort gegen Raschel und den muslimischen Rechtsanwalt, der ihn vor dem Henkersstrick gerettet und am Ende Raschel geheiratet hatte. Es hasse keinen Menschen, auch sie nicht, sagte er. Aber in jeder Frau sah er sie, und keine war sie.
    Aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass die Sache mit seiner Befreiung bekannt würde, nicht einmal seinen ehemaligen Kameraden in der Bewegung. Er erneuerte keine alten Kontakte, freundete sich mit niemandem an und weigerte sich, sich von Zeitungen interviewen zu lassen, auch nicht unter Pseudonym. Er wollte vergessen und vergessen sein, im Strom der Passanten auf der Straße und auf den Märkten aufgehen, anonym sein.
    Gegen Abend schritt er die Antigonosstraße in unserem Viertel entlang, ging auf und ab, immer wieder, wie im Gefängnishof, bevor er wieder in die Einzelzelle zurückgebracht wurde. Die Bewohner des Viertels gewöhnten sich an den mageren Mann, dessen Blick den Asphalt durchbohrte, der einsam wie ein Schatten einherschritt, verloren in Gedanken, und sein Bein nachzog.
    Vormittags schloss er sich immer in Kabis Zimmer ein und ging einen Haufen verschiedener merkwürdiger Papiere durch, die er aus dem Gefängnis geschmuggelt hatte: Verpackungspapier, Rückseiten von Rechnungen, braunes Toilettenpapier, alles vollgeschrieben mit dichtgedrängten Wörtern und Sätzen. Er drehte sie immer wieder hin und her, versuchte, ihnen eine Ordnung
zu geben und sie zusammenzufügen wie jemand, der ein kompliziertes Kreuzworträtsel löst.
    Abends bat er meinen Vater manchmal, ihm etwas vorzuspielen, und mein Vater holte die arabische Laute aus der Samthülle, spielte und sang Lieder von dort, und beide ließen sie sich in eine Welt davontragen, die nie wiederkehren würde.
    Arbeit fand er keine. Man bot ihm an, als Ersatzlehrer in Beit-Zafafa zu unterrichten, und er beschloss, dorthin zu gehen, sagte, er wolle die Palästinenser aus der Nähe kennenlernen, doch man kam nicht auf ihn zurück. »Asche auf ihr Haupt. Behandelt man so einen Verfolgten Zions?«, murrte meine Mutter wie üblich.
    Die Erlösung kam ausgerechnet aus der Ferne, von meinem Bruder Kabi, der »irgendwo« im Ausland weilte. Kabi wandte sich an seinen Vorgesetzten beim Mossad, und der sprach mit dem Direktor des arabischen Programms von Radio Kol Israel, und dieser lud Chizkel zu einem Gespräch ein. Meine Mutter sorgte dafür, dass er in voller Pracht zu dem Termin erschien, bügelte ihm Hemd und Hosen mit äußerster Sorgfalt, wie es bei Profis die Art ist: Sie feuchtete ein Stück weißen Stoffs an, legte es auf die Hosen und presste das Bügeleisen so lange

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