Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
dazu, jede Bewegung langsam auszuführen. Ungeduldig knirschte er mit den Zähnen, als er auf dem kurzen Weg zur Tür ins Schwanken geriet. Dann hatte er sie erreicht. Sie war so stabil, wie sie aussah. Metall. Das Schloss reichte tief in die gemauerte Wand und schien elektronisch gesteuert zu werden. Ohne Werkzeug war es unmöglich zu knacken. Dann eben anders.
Aus dem Wasserhahn kam ein dünner Strahl kaltes Wasser. Das reichte, um seinen Durst zu stillen und den letzten Rest Benommenheit zu vertreiben. Je besser er sich fühlte, desto schwerer wurde es, mit der Ungewissheit fertigzuwerden, was mit Elizabeth geschehen war und was ihm bevorstand. Dass sie ihn nicht getötet, sondern Hunderte von Meilen verschleppt hatten, ließ nur den Schluss zu, dass sie etwas von ihm wollten. Freiwillig würde er keiner Forderung nachgeben, egal, was es ihn kostete. Aber andererseits konnte jede Entschlossenheit durch Folter ins Wanken gebracht werden. Und wenn sie Elizabeth als Druckmittel einsetzten, hatten sie ihn in der Hand.
Er ließ sich auf das Bett fallen und zwang sich tief durchatmend zur Ruhe. Mit Angst und Verzweiflung vergeudete er nur Kraft und Energie, und beides würde er noch dringend brauchen, wenn sich seine Entführer zeigten. Er lachte bitter auf, als ihm bewusst wurde, dass seine Überlegung wie eine von Lucs Ermahnungen klang, die sein Bruder so gerne bei passender und unpassender Gelegenheit anbrachte. Aber so verkehrt war die Richtung nicht, die sein Unterbewusstsein eingeschlagen hatte. Luc war für solche Situationen ausgebildet. Er hätte gewusst, wie er sich verhalten musste. In den letzten Jahren hatte Jay bei seinem Bruder und Scott einiges aufgeschnappt, und die beiden hatten ihn nie abgewimmelt, sondern seine Fragen immer geduldig beantwortet.
Er konnte damit beginnen, sich klarzumachen, was die beiden an seiner Stelle machen würden. Die Antwort gab er sich selbst: Ruhe bewahren und auf eine Chance warten. Genau das würde er tun. Endlich fühlte er nur noch Entschlossenheit, aus der Sache heil herauszukommen. Vermutlich waren es doch nur die Reste der Drogen in seinem Körper gewesen, die gedroht hatten, ihn aus der Bahn zu werfen. Alvarez würde noch merken, dass er sich mit dem Falschen angelegt hatte. Wegen Elizabeth nahm er die Angelegenheit extrem persönlich, und seine Motivation, den Dreckskerl auszuschalten, hatte eine neue Dimension erreicht.
Er kletterte erneut auf das Bett und spähte hinaus. Die Sonne konnte er nicht erkennen, aber da kein Glas die Öffnung verdeckte, spürte er die zunehmende Hitze. Noch war es in der Zelle eher kühl, aber im Laufe des Tages würde sich das ändern. Er schätzte die Tageszeit auf kurz nach Sonnenaufgang. Vielleicht acht oder neun Uhr morgens.
Eine rasche Durchsuchung des Raums brachte keine neuen Erkenntnisse. Das Mauerwerk war überall solide, Waschbecken und Bett massiv verankert. Er fand nichts, das sich als Waffe oder wenigstens als Werkzeug eignete. Außer warten konnte er nichts tun, aber so gewann er wenigstens Zeit, die Nachwirkungen der Drogen endgültig zu überwinden.
Geräusche vor der Tür ließen Jay hochschrecken. Er war kurz davor gewesen einzuschlafen und hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war. Der einzige Anhaltspunkt war die zunehmende Hitze in dem viel zu kleinen Raum. Angespannt blickte er auf die Tür, blieb aber ruhig sitzen. Konzentriert lauschte er auf das leise Klicken, mit dem die Tür entriegelt wurde. Sein Verdacht wurde zur Gewissheit. Das war kein mechanisches, sondern ein elektronisches Schloss. Unwillkürlich huschte sein Blick zur Decke und in jede Ecke des Raums. Er hatte keinerlei Anzeichen für eine Kameraüberwachung entdeckt, was aber nicht hieß, dass sie nicht trotzdem vorhanden war.
Als die Tür geöffnet wurde, betrachtete er das Schloss. Egal, wie es gesteuert wurde, es war massiv und ragte etliche Zentimeter in die Wand hinein. Ohne Hilfe von außen konnte er diesen Weg endgültig als Fluchtmöglichkeit ausschließen. Dann brauchte er eben eine andere.
Drei Männer standen im Türrahmen, und keiner von ihnen sah ausgesprochen mexikanisch aus. Vielleicht Söldner, die Alvarez angeheuert hatte. Nur einer betrat den Raum, die anderen blieben draußen stehen, hatten ihre Hände jedoch in unmittelbarer Nähe ihrer Pistolen, die sie am Oberschenkel trugen. Die Typen traten für Jays Geschmack entschieden zu professionell auf, aber das konnte er nicht ändern.
Der Blonde, der nun direkt vor
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