Je mehr ich dir gebe (German Edition)
Sie schlüpft in den Flip-Flop zurück und wirft den Stiel in den Rinnstein. Als sie aufschaut, ist der Typ verschwunden.
»Willst du mein Eis haben?«, fragt Kolja.
»Nein«, sagt Julia und starrt Kolja an. »Hast du den Jungen da eben gesehen?«
»Welchen Jungen?«
»Der mit dem Rucksack. Der sah aus wie Jonas!«
Kolja zuckt mit den Schultern, bietet ihr noch mal sein Eis an. Danke, aber sie möchte es nicht.
Eigentlich will Julia nach Hause, aber Kolja überredet sie, mit zu ihm zu kommen. Sie sei ja völlig durch den Wind. Sein Vater sei heute da. Den wollte sie doch sowieso mal kennenlernen.
»Ja, aber …«
Sie geht mit Kolja nach Hause. Im Flur kommt ihnen Koljas Vater entgegen, ein großer, schlanker Mann im Anzug, mit schwarzen, kurzen Haaren und graumelierten Bartstoppeln. Er gibt ihr die Hand, in der anderen hält er ein iPhone .
»Schön, dich mal kennenzulernen, hab ja schon viel von dir gehört«, sagt er und lächelt wie Christoph Waltz, schaut zu Kolja und sagt: »Du, ich bin auf dem Sprung, übernachte heute bei Irene. Wollt ihr zwei zum Essen vorbeikommen? So gegen acht?«
»Nein, geht nicht. Sorry«, sagt Kolja gleich. Wie schade, Julia hätte zugesagt. Als sein Vater die Wohnung verlässt, ruft Kolja ihm noch hinterher: »Schöne Grüße an Irene!«
»Ist das seine Freundin?«, fragt Julia
»Scheint so.«
»Du kennst sie gar nicht?«
»Was heißt kennen? Ich hab sie ein paarmal gesehen.«
»Und warum hast du das Essen abgesagt? Ich meine, du hättest mich wenigstens mal fragen können.«
»Ach, ich dachte, du hättest auch keinen Bock, mit den beiden rumzuhängen. Ich dachte, du hättest Lust auf was anderes.« Er schmunzelt, kommt auf sie zu und streicht ihr mit den Händen über die Schultern, hält sie fest und will sie küssen. Es riecht nach Kaffee, denkt Julia, und dass hier wieder Durchzug ist. Bestimmt knallt gleich die Küchentür. Aber die ist schon zu.
»Ach Kolja«, sagt sie und schiebt ihn weg. Er kommt aber wieder, nimmt ihre Hand und küsst jeden Finger einzeln, nimmt den kleinen Finger in den Mund, dann den Ringfinger, zieht sie an sich und tupft ihr kleine Küsse auf die Wange, auf den Mund, drückt sie an sich und küsst sie richtig. Seine Zunge schmeckt süß und frisch, seine Hände streicheln über ihren nackten Rücken.
Julia schließt die Augen und sieht Jonas – so deutlich wie vorhin auf der Straße. Er sitzt am Küchentisch und schaut ihr zu. Kolja liebkost ihren Hals, fährt mit den Lippen über ihr Schlüsselbein, öffnet die Schleife in ihrem Nacken. Ihr Top rutscht ihr langsam den Bauch hinab und bleibt auf der Hüfte liegen. Wind streift über ihre Brüste. Kolja berührt sie mit den Fingerspitzen. Er schaut sie an. »Wie schön du bist«, flüstert er und streichelt über ihre Hüfte, umkreist den Bauchnabel, öffnet mit einer Hand die grüne Schlaghose, schiebt sie runter. Julia trägt einen himbeerfarbenen Slip, einen von ihren bequemen, mit Spitze nur am Rand. Jonas fährt mit seinem Blick über den Slip, über ihre Beine. Dann spürt sie Hände. Überall Hände. Jonas zieht ihr den Slip aus, sie setzt sich auf ihn, lässt ihn ein und fällt mit ihm ganz, ganz tief, bis unter den Meeresboden. Dann kommen sie zur Ruhe, einer schwerelosen Ruhe.
»Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich!«, betet Kolja in ihre Haare. Julia blinzelt. Es ist so hell. Wie haben sie es denn aufs Bett geschafft? Sie hat sich doch zu Jonas auf den Stuhl gesetzt, in der Küche, aber nun ist sie hier. Sie muss wohl eingenickt sein.
Kolja liegt hinter ihr, sein Bauch an ihrem Rücken, seine Knie in ihren Kniekehlen. Er atmet in ihren Nacken. Sie friert. Er deckt sie zu. Sie braucht keine Decke, sie braucht Jonas!
»Hast du schön geschlafen?«, flüstert Kolja.
Er soll richtig mit ihr reden. Sie ist nicht krank! Er ist nicht ihre Mutter! Sie stützt sich auf den Ellbogen.
»Möchtest du duschen?«
»Ja«, sagt sie, rappelt sich aus dem Bett, tapst ins Bad und geht erst mal pinkeln. 21 Uhr ist es schon. Wo sind die letzten Stunden geblieben? Sie stellt sich in die Dusche, dreht die Brause auf, lässt sich das Wasser auf den Kopf prasseln. Sie war die letzten Stunden bei Jonas, in seiner Welt. Er hat sie zu sich geholt, für ein paar Stunden. Es geht also doch! Als sie das Wasser abstellt, die Augen aufmacht, steht Kolja vor ihr und reicht ihr ein Handtuch.
»Ich liebe dich so sehr!«, sagt er.
»Ich dich auch«, hört sich Julia sagen und
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