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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Katastrophalen genommen hatte und er dort gewesen war und alles selbst miterlebt hatte.
    »Fangen Sie an zu schreiben!« sagte er. »Nehmen Sie sich ein Zimmer in der Stadt - auf meine Kosten -, und fangen Sie an zu schreiben! Ich halte die Titelseite frei.« Falls Abernethy Grillo mit Klischees aus B-Filmen beeindrucken wollte - das klappte nicht. Die Ereignisse bei der Höhle hatten ihn erschöpft. Aber der Vorschlag, er sollte sich ein Zimmer nehmen, war gut. Seine Kleidung war zwar in der Bar
    getrocknet, wo er und Hotchkiss Spilmont Bericht erstattet hatten, aber er fühlte sich schmutzig und ausgelaugt.
    »Was ist mit diesem Hotchkiss?« sagte Abernethy. »Wie sieht seine Geschichte aus?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Finden Sie es heraus. Und beschaffen Sie mir mehr Hinter-grundmaterial über Vance. Waren Sie schon in seinem Haus?«
    »Lassen Sie mir Zeit.«
    »Sie sind vor Ort«, sagte Abernethy. »Es ist Ihre Geschichte.
    Bleiben Sie dran.«
    Er rächte sich, wenn auch nur bescheiden, an Abernethy, indem er das teuerste Zimmer nahm, das das Hotel Palomo in Stillbrook Village zu bieten hatte, sich Champagner und Tatar bestellte und dem Kellner ein so fürstliches Trinkgeld gab, daß der Mann ihn fragte, ob er sich nicht geirrt hatte. Der Alkohol machte ihn beschwingt; seine Lieblingsstimmung, um Tesla anzurufen. Sie war nicht da. Er hinterließ eine Nachricht mit 199
    seinem derzeitigen Aufenthaltsort. Dann schlug er die Nummer von Hotchkiss im Telefonbuch nach und rief ihn an. Er hatte gehört, wie der Mann Spilmont ihre Erlebnisse geschildert hatte. Was sie aus der Spalte hatten kommen sehen, war nicht erwähnt worden. Grillo hatte es ebenfalls für sich behalten, und daß Spilmont keine Fragen stellte, sprach dafür, daß niemand so nahe an der Grube gewesen war, um etwas zu sehen. Er wollte seine Unterlagen mit Hotchkiss abgleichen, zog aber eine Niete. Hotchkiss war entweder nicht zu Hause oder ging nicht ans Telefon.
    Da in dieser Richtung nichts zu machen war, konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf das Haus von Vance. Es war fast neun Uhr abends, aber es konnte nicht schaden, wenn er den Hügel hinaufschlenderte und sich das Anwesen des Toten ansah. Vielleicht gelang es ihm sogar, sich
    hineinzuschmeicheln, wenn der Champagner seine Zunge nicht zu schwer gemacht hatte. In gewisser Hinsicht war der Zeitpunkt nicht schlecht gewählt. Heute morgen war Vance der Brennpunkt der Ereignisse im Grove gewesen. Falls seine Verwandten danach lechzten, im Rampenlicht zu stehen - und wer tat das nicht? -, konnten sie sich Zeit lassen und überlegen, wem sie ihre Geschichte am liebsten erzählen wollten. Jetzt stand Vance' Ableben im Schatten einer neueren und größeren Tragödie. Vielleicht würden die trauernden Hinterbliebenen bereitwilliger reden, als sie es heute nachmittag getan haben würden.
    Er bedauerte seine Entscheidung, zu Fuß zu gehen. Der Hügel war steiler, als er von unten aussah, und obendrein schlecht beleuchtet. Doch gab es dafür auch einen Ausgleich.
    Er hatte die Straße ganz für sich allein und konnte den Gehweg verlassen, mitten auf der Straße gehen und den Sternenhimmel bewundern.
    Vance' Anwesen war nicht schwer zu finden. Die Straße hörte am Tor auf. Nach Coney Eye gab es nur noch Himmel.
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    Das Haupttor war unbewacht, aber verschlossen. Doch durch ein Seitentor gelangte er zu einem Weg, der durch einen Säulengang wildwuchernden Immergrüns, das abwechselnd mit grünem, gelbem und rotem Licht angestrahlt wurde, zum Haus selbst führte. Dieses war riesig und vollkommen
    eigentümlich; ein Palast, der der Ästhetik des Grove in jeder nur erdenklichen Hinsicht spottete. Keine Spur vom Pseudo-Mediterranen, dem Ranch-Stil, dem spanischen Stil, dem nachgeahmten Tudor oder dem modernen Kolonialstil. Das ganze Haus sah wie eine Jahrmarktsbude aus; die Fassade war in denselben Primärfarben gestrichen, die auch die Bäume anstrahlten, die Fenster von Lichterketten umgeben, die momentan abgeschaltet waren. Coney Eye, wurde Grillo jetzt klar, war ein kleines Stück der Insel; Vance' Hommage an den Karneval. Drinnen brannten Lichter. Er klopfte, weil er sich bewußt war, daß er von Kameras über der Tür beobachtet wurde. Eine Frau orientalischer Herkunft - möglicherweise Vietnamesin - machte auf und informierte ihn, daß Mrs. Vance tatsächlich zu Hause war. Wenn er in der Diele warten wollte, sagte sie ihm, würde sie nachsehen, ob die Hausherrin zu sprechen sei. Grillo dankte ihr und

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