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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Portieren, die Kronleuchter waren aus Messing.
    Plötzlich trat Arthur auf das Bett zu. Sie hatte nicht bemerkt, dass er erstmals seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, zuckte nun zusammen und zog die Decke noch höher. Ihr Körper versteifte sich, als sie seiner Berührung harrte, doch er blieb neben dem Bett stehen, ohne sich zu ihr zu beugen, und machte keine Anstalten, sich zu ihr zu legen.
    »Ich verreise«, erklärte er knapp – die ersten Worte, die er seit ihrer Eheschließung überhaupt zu ihr gesagt hatte.
    Nora nickte mit trockenem Hals.
    »Ich habe Geschäfte zu erledigen … in Valparaíso.«
    Sie nickte wieder.
    »Das ist eine Stadt in Chile«, ergänzte er.
    Sie erinnerte sich vage, von diesem Land gelesen zu haben, doch sie wusste nicht viel davon, nur, dass es am anderen Ende der Welt lag. Das bedeutete wiederum, dass die Reise dorthin monatelang dauern würde – und der Weg zurück ebenfalls. So lange wäre sie alleine hier. Nun ja, nicht ganz alleine. Es gab schließlich Arthurs Onkel, seine Frau Minna und die vielen Bediensteten. Und vielleicht gab es in einem so teuer eingerichteten Haus auch eine Bibliothek mit Büchern. Sie entspannte sich ein wenig.
    »Du kannst nicht mitkommen«, sagte er knapp.
    »Natürlich nicht.«
    Sie hielt den Atem an, als Arthur einen weiteren Schritt auf das Bett zutrat. Doch er berührte sie immer noch nicht, und nach Augenblicken, die ihr ewig schienen, sagte er: »Wir haben … das doch beide nicht gewollt.«
    Sprach’s, wandte sich ab und ging ins Ankleidezimmer. Nora schob die Decke zurück, erhob sich und lauschte. Wieder hörte sie, wie er erst auf und ab ging, sich dann entkleidete und wenig später schnarchte.
    Sie war erleichtert, als sie ihren Kopf wieder aufs Kissen sinken ließ, doch als sie die Augen schloss und zu schlafen versuchte, musste sie an ihre Mutter und an Clarissa denken. Wenn sie wüssten, was sich hier zutrug, würden beide wohl voller Entrüstung darüber schimpfen, dass Arthur sie schmählich zurückgewiesen und dadurch die ganze Familie beschämt hätte.
    Nora seufzte.
    Es hätte gar nicht besser kommen können, redete sie sich ein, aber so dankbar sie auch war, allein in diesem Bett zu liegen – sogleich begann ein Gefühl von Demütigung und Verbitterung an ihr zu nagen.
    Als der Morgen dämmerte, Arthur immer noch schnarchte und sie keinen Augenblick lang geschlafen hatte, war er nicht länger ein Fremder, dessen Nähe sie scheute, sondern der Mann, der sie überaus respektlos behandelte – nämlich nicht wie eine Ehefrau, eher wie ein unliebsames Möbelstück.

12. Kapitel
    DREI MONATE SPÄTER, PUNTA ARENAS
    E milia strich sich die Haare aus der Stirn. In der heißen Luft der Küche waren sie feucht und gekräuselt. Wie immer kochte sie mehrere Gerichte gleichzeitig – in dem einen Topf schmorte ein Rinderbraten, in einem anderen dünstete sie Reis. Sie röstete Zwiebeln für einen Eintopf und knetete zwischendurch Teig für Empanadas oder Obstkuchen. Ein Huhn war auszunehmen, ein anderes zu rupfen, Kartoffeln zu schälen und Maisbrei zu rühren. Manchmal arbeitete sie so schnell, dass es schien, sie hätte ein halbes Dutzend Paar Hände und nicht nur eins. Als ob es in der Küche nicht genug zu tun gegeben hätte, lief sie immer wieder in die Wirtsstube, um dort Wein oder Mistela – ein beliebtes Gebräu aus Branntwein, Zimt und Zucker – nachzuschenken, oder hoch in die Gästezimmer, um die Betten frisch zu beziehen und den Boden zu fegen.
    Manchmal wusste sie nicht, wo ihr vor lauter Arbeit der Kopf stand. Wenn nicht nur die Gaststube voll besetzt, sondern auch alle zehn Zimmer belegt waren, hatte sie nicht einmal Zeit, sich darüber zu freuen, wie gut das Geschäft in ihrer eigenen Herberge, der »Casa Emilia«, nach nunmehr zwei Jahren lief.
    Als sie wieder einmal in die Gaststube eilte – in jeder Hand einen Krug –, stolperte sie fast über Ana. »Die beiden Herren dort hinten wollen noch etwas von dem Rinderbraten«, rief die ihr zu. »Und sie werden langsam ungeduldig.«
    Emilia verdrehte gereizt die Augen. »Wenn sie kein steinhartes Fleisch essen wollen, müssen sie noch ein bisschen warten. Und wo, zum Teufel, ist Rita?« Sie stöhnte. »Bestimmt hat sie sich wieder irgendwo verkrochen, um in ihrem Buch zu lesen und von einem Prinzen zu schwärmen!«, gab sie sich selbst die Antwort. »Hier gibt es aber keine Prinzen, sondern nur jede Menge hungrige Mäuler.«
    Emilia schenkte rasch den Wein aus und

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