Jerry Cotton - 0536 - Todesurteil fuer Phil Decker
geheimnisvolle Organisation an einem solch kaltblütigen Autoknacker-Spezialisten interessiert sein müßte!«
Ich nickte betrübt. »Er ist aber nicht etwa jener Organisation aufgefallen, sondern zuerst dem Gangster Jan Coralla, der ihm sein Geld abnehmen wollte, und dann dem Kakadu-Wirt, der ihn verpfiff, um bei uns eine gute Nummer zu haben.«
»Und der schöne Plan ist gestorben«, sagte Mr. High.
»Alles für die Katz’!« grollte Phil.
»Der Plan war gut!« gab Hywood zu.
Ich brütete einen Moment vor mich hin. Dumpfes Schweigen lastete über Mr. Highs Office. Aus der 69. Straße brodelte wie eine Hintergrundmusik das Rumoren des nie ermüdenden Verkehrs herauf.
Die Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich wanderte auf und ab.
»Du machst mich nervös«, brummte der aus verständlichen Gründen verdrießliche Phil.
Ich maß ihn mit einem gespielt finsteren Blick.
»Darf ich mal telefonieren?« fragte ich Mr. High.
»Natürlich«, sagte der verwundert.
Myrna machte Dienst in der Vermittlung. Ihre Mitternachtsstimme war in diesem Moment ein Labsal.
»Gib mir mal Richter Emerett«, bat ich sie.
Sie stellte die Verbindung her, und der Richter meldete sich. Ich drückte auf die Taste für den Telefonverstärker, so daß alle mithören konnten, was der Richter und ich besprachen.
»Ehren Emerett«, sagte ich, »mir wurde in der vergangenen Nacht mein Wagen gestohlen. Auf Grund eines Hinweises aus der Unterwelt habe ich einen Mann festgenommen, der angeblich der Täter sein soll. Ich habe ihn hier im Distriktgebäude. Er streitet die Tat ab. Würden Sie mir trotzdem einen Haftbefehl ausstellen?«
Ich hörte, wie Richter Emerett die Luft einzog. »Hören Sie, Cotton«, sagte er nach einer Pause, in der er sicher sein Gewissen geprüft hatte, »ich weiß, daß Sie ein korrekter Beamter sind. Sie handeln nicht leichtfertig, und bisher haben wir immer sehr gut zusammen gearbeitet.«
Er machte wieder eine Pause. »Haben Sie zuverlässige Zeugenaussagen?« fragte er dann.
»Nein«, sagte ich. »Der einzige Mann, der eine Aussage machen könnte, ist in dem Moment verschwunden, als wir den Verdächtigen festnahmen.«
»Hm«, machte der Richter. »Cotton, es tut mir leid. Trotzdem — unter diesen Umständen kann ich Ihnen keinen Haftbefehl ausstellen. Liegt sonst etwas gegen den Mann vor?«
»Nein«, sagte ich ehrlich.
»Dann kann ich Ihnen nur raten, den Zeugen zu suchen, Cotton. Wie gesagt, es tut mir leid, aber…«
Wir beendeten das Gespräch.
Um Mr. Highs Augen spielten kleine Lachfalten. Er hatte schon gemerkt, was ich wollte.
»Schade«, sagte ich zu Phil. »Wahrscheinlich muß ich dich morgen früh wieder laufen lassen, wenn wir bis dahin Wyatt Brungs nicht gefunden haben.«
Er grinste mich schief an. »Da bist du aber traurig, G-man, was?«
»Sehr«, pflichtete Mr. High ihm bei.
»Ihr solltet ein neues Broadway-Theater aufmachen«, schlug Hywood vor.
»Die City Police auch«, konterte ich. »Ihr müßt nämlich auch etwas Theater spielen.«
»Wie?«
»Indem ihr mit ziemlichem Getöse nach Wyatt Brungs sucht. Möglichst auffällig. Ich will erreichen, daß Wyatt Brungs schnellstens so untertaucht, daß man ihn nicht finden kann. Unsere Leute werden den gleichen Wirbel veranstalten«, sagte ich.
»Und ich bleibe das Opfer«, stellte Phil fest.
***
Bear Kitchener warf einen Dollar auf die Theke. »Ich habe Kopfschmerzen«, brummte er. »Muß mal durch die frische Luft gehen, aber ich komme noch mal herein!«
Roger Ambrose schaute mit rotgeränderten Augen auf die Uhr. »Meinst du, ich bin ein Fakir?« fragte er dann mürrisch.
»Wieso denn Fakir?« fragte Kitchener verdutzt.
»Höchstens ein Fakir bringt es fertig, Tag und Nacht ohne Schlaf auszukommen. Jetzt ist es halb drei. Um drei Uhr ist Feierabend. Wer dann noch Durst hat, kann mal das Lokal wechseln. Um neun Uhr mache ich wieder auf«, ließ Ambrose verlauten.
»Dann muß ich mich eilen«, gab Kitchener bekannt. »Den letzten Drink nehme ich natürlich nur im Kakadu. Außerdem wird es für mich auch Zeit, mal wieder schlafen zu gehen!«
Bear Kitchener winkte seinen Freunden um Jack Polliter zu und schlüpfte durch den Filzvorhang vor der Tür. Draußen atmete er einen Moment die vergleichsweise frische Nachtluft ein. Die South Street lag in dieser späten Nachtstunde ziemlich verlassen, und selbst die in den Hausnischen herumlungernden Gestalten ruhten sich aus.
Kitchener wandte sich nach rechts und schlenderte gemütlich
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