Jerry Cotton - 0543 - Das Todeslied der Kapuzenmaenner
Capucine. Er erhob sich aus seinem Sessel. »Wir haben noch eine Verabredung, Mr. Shibell. Ich habe ein Zusammentreffen mit einem Herrn arrangiert, der Ihnen sagen wird, wann wir Ihnen die Pläne aushändigen werden.«
»Worauf warten wir denn noch?« fragte ich barsch.
»Donevan hat Ihnen wohl keine Umgangsformen beigebracht?« keifte Mario hinter mir.
Ich beachtete ihn nicht. »Gehen wir endlich!« drängte ich.
Johnny Behan beugte sich gerade über den Monitor, als wir den Vorraum betraten. »Sir, schauen Sie sich einmal diesen Burschen an«, sagte er. Behan trat zur Seite und gab den Blick auf den Bildschirm frei. »Der Bursche treibt sich seit einer halben Stunde vor dem Haus herum. Ich vermute, daß es einer von Hancovers Leuten ist.«
Ich äugte über Behans Schulter.
»Den Knaben möchte ich mir einmal vor knöpfen!« zischte Mario böse.
Mir stockte der Atem, als ich den Mann auf der Straße erkannte. Es war Phil Decker. Mein Freund stand vor einem dunklen Nash-Cornett und starrte unverwandt auf das Haus.
»Das wirst du nicht tun, Mario!« sagte Capucine. Dann wandte er sich an Johnny Behan. »Sorgen Sie dafür, daß Ginger sich mit dem Mann befaßt. Ich will wissen, wer er ist und was er hier zu suchen hat. Sie erreichen mich wie immer im Scandia. Richten Sie Ginger aus, daß ich keine Panne erleben möchte. Jedenfalls keine wie im Majestic.«
Ich atmete auf. Für Phil bestand also im Moment keine unmittelbare Gefahr. Es war aber ratsam, so schnell wie möglich die Sektion IV zu verständigen.
»Ich werde es veranlassen, Sir!« sagte Johnny Behan. »Wird Mr. Shibell im Majestic wohnen bleiben?« fragte er dann.
»Ja!« antwortete Capucine knapp. Es war kein Zögern in seiner Stimme zu bemerken. Offenbar glaubte er, daß ich nun in seinem Hotel vor Hancover sicher war. »Ich werde Sie anrufen, wann Sie Mr. Shibell vom Scandia abholen können. Ich möchte, daß Sie dann in seiner Nähe bleiben, Johnny.«
Es gefiel mir zwar nicht besonders gut, daß Behan mir auf die Finger sehen sollte, doch ich hatte keine andere Wahl, als es schweigend geschehen zu lassen. Ich war sicher, daß der geringste Anlaß Capucines Mißtrauen wecken würde, und dann war es fraglich, ob ich noch eine Gelegenheit finden würde, mit der Sektion in Verbindung zu treten.
Behan hatte die Tür geöffnet und ließ uns in den Gang hinaus. Wir betraten den Lift. Während der Fahrt in die Tiefe starrte mich Mario höhnisch, aber schweigend an.
Der Lift setzte mit einem sanften Stoß auf. Wir befanden uns in einer Tiefgarage, wo ein schwerer Tourenwagen auf uns wartete. Ich klemmte mich neben Mario auf den Rücksitz, und Lazaro dirigierte den schweren Wagen vorsichtig durch die Ausfahrt, die auf der Rückseite des Hauses in eine enge Gasse führte.
»Der Junge von Hancover wird sich die Beine in den Bauch stehen«, kicherte Mario. Er freute sich wie ein kleiner Junge, dem ein Streich geglückt war. Ich sah schweigend auf Capucines Nacken. Wir hatten eine Fahrt angetreten, die mich zu dem Mann führen sollte, der hinter Lazaro und der ganzen »Amsel«-Organisation stand.
***
Das Scandia war ein Tummelplatz für Playboys und solche, die sich dafür hielten. Zwischen den Tischen scharwenzelten leichtgeschürzte Girls, die soviel Bein zeigten, daß es Zensoren die Brille beschlagen hätte. Ich stieß einen anerkennenden Pfiff aus und hängte mich in Capucines Windschatten.
Der Empfangschef des Hauses verursachte eine kleine Palastrevolution, als er Lazaro Capucine erspähte. Mit fliegenden Frackschößen stürzte er sich auf uns. Er klappte wie ein Taschenmesser zusammen, als müßte er sich von der Güte unserer Fußbekleidung überzeugen. Sein Redeschwall begann mit der überaus großen Ehre, die wir seinem Hause erwiesen, und endete mit der Empfehlung kulinarischer Genüsse, die von fünfundzwanzig Dollar aufwärts keinen nennenswerten Betrag darstellten, wenn man bedachte, daß wir für die Beaufsichtigung unserer Hüte bereits vier Dollar entrichtet hatten.
Händereibend bugsierte uns der Befrackte in eine Nische, die uns eine günstige Sicht auf Podium und Tanzfläche garantierte. Der Aperitif, der unseren Appetit anregen sollte, legte sich mir quer' in den Magen, als ich bemerkte, wie der erwartungsvolle Blick des Befrackten an den leeren Gläsern hing. Um meiner Gangsterrolle gerecht zu werden, besann ich mich auf das rüde Benehmen, daß Shibell nach den Ermittlungen Colonel Bradleys mit Vorliebe an den Tag zu legen
Weitere Kostenlose Bücher