Jerry Cotton - 0543 - Das Todeslied der Kapuzenmaenner
keuchte McLean erregt, ohne auf meinen Einwand zu achten. Ich sah, wie er die Pistdle zog und durchlud. »Ich fühle es!« murmelte er dabei wie im Selbstgespräch.
Die Barkasse hatte sich bis auf wenige Yard der Carbonado genähert, und Geraghty ließ das Boot wie ein erfahrener Sailor an das Fallreep laufen.
»Werfen Sie die Fangleine, Shibell!« rief er mir zu, als an der Reling ein Mann auftauchte. Ich nahm das Tau wie ein Lasso in die Hand und warf es dem Manne zu. Geschickt fing der Bursche die Leine auf und hatte blitzschnell die Barkasse an einem Poller vertäut.
Blubbernd erstarb der Motor. »Kommen Sie herauf!« kam eine Aufforderung von Bord der Carbonado. Der Bursche beugte sich weit über die Reling und deutete einladend auf das Fallreep.
»Hallo!« grüßte ich überrascht, als ich den Burschen auf der Jacht erkannte. »Ich hätte Sie in Ihrer Aufmachung fast nicht erkannt.«
»Nun kommen Sie schon herauf, Shibell«, lachte Ginger Rosko amüsiert auf. »Ich fürchte, Sie werden noch einmal einen Rubens mit einem Gemälde von Dali verwechseln.«
Ich grinste anzüglich. »Hoffentlich sind Sie jünger als Ihre Witze, Ginger.«
Ich war gerade im Begriff, der Aufforderung des Mädchens zu folgen, als mich ein erstickter Aufschrei herumfahren ließ. Ich erstarrte vor Entsetzen. McLean kauerte noch im Heck der Barkasse, wo ich ihn verlassen hatte. Die Waffe war ihm aus der Hand geglitten. Ein Röcheln brach aus seinem vor Schmerz aufgerissenen Mund. Seine Hände waren um eine Harpune gekrallt, die ihn in der Brust getroffen hatte.
Der warnende Aufschrei Gingers riß mich aus der Erstarrung. Sie kamen von zwei Seiten. Es waren sechs Mann, drei auf jeder Seite. Zuerst sah man nur die Masken über die Bordwand lugen. Feucht glänzten die schwarzen Gummihauben der Taucheranzüge.
Über mir krachte ein Schuß. »Gehen Sie in Deckung, Shibell!« schrie Ginger Rosko, als ich ihr in die Schußrichtung geriet.
Ich ließ mich fallen, riß die Beretta aus der Rocktasche und rollte mich hinter die Aufbauten. Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Stelle, wo ich noch vor wenigen Sekunden die drei Taucher gesehen hatte. Vergeblich. Der Schuß aus Gingers Pistole hatte einige Männer der »Amsel« auf den Plan gerufen. Sie standen mit schußbereiten Waffen an der Reling und suchten die Wasseroberfläche nach den Tauchern ab.
»Sie sind spurlos verschwunden!« schrie mir Ginger zu. »Kommen Sie jetzt herauf!«
Jetzt tauchte auch Geraghty auf. Sein Gesicht verzerrte sich vor ohnmächtiger Wut, als er McLean sah. Sekundenlang saugte sich sein Blick an der zusammengesunkenen Gestalt seines Kumpanen fest, dann wandte er sich ruckartig ab. Wie ein Krampf lief es über seine Schultern. »Gehen wir an Bord, Shibell!« befahl er dann heiser. »Ihm ist nicht mehr zu helfen!« Er vermied es, McLean noch einmal anzusehen.
Als wir neben Ginger Rosko standen, konnte ich Geraghtys Gesicht beobachten. Es zuckte vor unterdrückter Anspannung. »Wie konnte das passieren?« fuhr er das Mädchen an.
Ginger machte eine ab wehrende Handbewegung und setzte zu einer scharfen Entgegnung an, als ich sah, wie der Mann neben mir sein Gewehr an die Schulter riß.
»Da sind sie wieder!« fluchte er. Peitschend hallte der Schuß über das Wasser. Mit einem Satz war ich an der Reling.
Ich sah gerade noch die silbern blinkenden Zylinder der Sauerstoffflaschen auf den Rücken der Taucher unter Wasser verschwinden.
»Sie tragen Taucheranzüge wie die Kampfschwimmer der Marine«, murmelte der Mann und setzte sein Gewehr ab.
Vom Vorschiff der Jacht hetzte Lazaro Capucine mit einem grauhaarigen Mann heran, den ich als den Herrn wiedererkannte, der im Scandia mit Sandra Thorn an Lazaros Nebentisch gesessen hatte, als er die Auseinandersetzung mit Hancover hatte. Es kam zu einer heftigen Diskussion zwischen Geraghty, Ginger Rosko und Lazaro. Mehrmals fiel der Name McLean.
Ich blieb gebannt neben dem Mann an der Reling stehen, der noch immer das Gewehr in der Armbeuge hielt. Sie tragen Taucheranzüge wie die Kampfschwimmer der Marine, klangen seine Worte in mir nach.
»Sie müssen noch in der Nähe sein«, murmelte ich irritiert.
Mein Nachbar legte seine nervige Faust auf den Lauf des Gewehres und erklärte lakonisch: »Sollen sie kommen! Der Spaß wird ihnen schon vergehen, wenn ich einem eine Ladung in das Sauerstoffgerät jage.«
»Die werden uns eine gute Stunde in Aufregung halten können«, spottete ich. »Oder haben Sie noch nie
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