Jerry Cotton - 0547 - Der Wuerger aus der Todeszelle
Monelli. Die Küche ist darauf vorbereitet, ihn zu erfüllen - nur Alkohol darf ich Ihnen nicht reichen lassen.« Henry Hopkins schluckte. Das war doch absurd, grotesk!
»Ich bin nicht Hank Monelli«, würgte er hervor. »Mein Name ist Hopkins. Henry Hopkins!«
Der Geistliche und der Zuchthausdirektor wechselten einen kurzen Blick. Der Geistliche trat auf Henry zu und sprach ein paar leise, trostvolle Worte, die gar nicht in Hopkins’ Bewußtsein drangen.
»Sie müssen mir glauben! Holen Sie Ihren Printexperten! Ich bin nicht Monelli!« schrie Hopkins.
Zwei Wächter betraten die Zelle. Ihre Gesichter waren unbeweglich, aber die Männer wirkten allein schon durch ihre Größe und ihre Muskeln drohend.
»Rühren Sie mich nicht an!« brüllte Hopkins. Seine Stimme überschlug sich. Die Sachen klebten ihm am Leib. Was konnte er nur tun, um die Männer zu überzeugen, daß er die Wahrheit sagte?
»Hören Sie, Monelli, so geht es nicht«, sagte der Zuchthausdirektor. Seine Stimme klang eher belehrend als verärgert oder gar streng. »Sie haben einmal vor Gericht erklärt, daß Sie keine Furcht kennen. Versuchen Sie zu beweisen, daß das keine Phrase war! Der Tod hat seine eigene Würde. Man muß ihm nur in der richtigen Haltung begegnen!«
Hopkins schloß die Augen nur eine Sekunde. Er zwang sich zur Ruhe, weil ihm klar war, daß man seine Hysterie als Furcht auslegen mußte.
»Ich sehe jetzt zwar Monelli ähnlich, aber ich bin Hopkins. Ich bin ein todkranker Mann, Sir! Fragen Sie Dr. Sheffield! Als ich vor Monaten erfuhr, daß meine Tage gezählt sind, kam mir der Gedanke, mich an Monelli zu verkaufen. Er war einer der wenigen, denen mein verwirktes Leben noch etwas nützen könnte und der das Geld besaß, mein Opfer entsprechend zu honorieren. Ich wollte die Zukunft meiner Familie sichern, deshalb habe ich es getan. Wenn es stimmt, was Dr. Sheffield mir sagte, gibt es aber für mich wieder Hoffnung, und deshalb muß ich hier heraus, lebend heraus, hören Sie?«
Die Züge des Zuchthausdirektors blieben glatt und ernst. Nur in seinen braunen Augen spiegelte sich ein Funke von Mitleid und Anteilnahme. »Sie wollen also nichts mehr essen?«
Henry Hopkins’ Gesicht war schweißnaß. Er wischte sich mit dem Jackenärmel darüber. »Der Austausch erfolgte am 20. Juni. Monelli täuschte einen Schwächeanfall vor. Der Posten verließ daraufhin die Besucherzelle, um den Arzt zu holen. Er war nur wenige Minuten weg, aber diese kurze Zeit genügte, um die Kleider zu wechseln. Monelli verließ das Todeshaus ohne Brille und mit einer Perücke. Niemand hat es bemerkt!«
»Kein Wächter würde wegen einer solchen Sache seinen Posten verlassen«, sagte der Zuchthausdirektor nachsichtig. »Wie Sie wissen, befindet sich in der Besucherzelle ein Telefon. Außerdem hätte kein Henry Hopkins von uns eine Besuchergenehmigung erhalten!«
»Ich trat unter einem Decknamen auf, als Mark Robbins! Sie brauchen nur einen Blick in das Besucherjournal zu werfen! Am 16. war ich das erstemal hier, und am 20. ging der Austausch über die Bühne. Das Telefon war vorher durch einen Trick lahmgelegt worden.«
Der Zuchthausdirektor blickte die bulligen Wächter an. »Führen Sie ihn weg, bitte!«
Henry Hopkins wußte, daß es keinen Sinn hatte, sich gegen den sicheren Zugriff der beiden Wächter zu wehren. Zwischen den Männern, die ihn fast um Haupteslänge überragten, stolperte er den erleuchteten Korridor hinab.
In den anderen Blocks war noch immer der Teufel los. Schrille Pfiffe gellten durch die Nacht. Alarmierte Wächter polterten aufgeregt durch die kochende Erregung der tobenden Gefangenen.
Henry Hopkins dachte an seine Frau. Lilian! Er versuchte, sich vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn er an ihrer Seite das normale glückliche Leben eines gesunden Mannes geführt hätte.
Dann stand er plötzlich in dem runden Kuppelbau, dessen düsteren Mittelpunkt ein klobiger, abstoßend häßlicher Stuhl bildete, ein absurdes Sitzmöbel mit Dräh ten, Ledergurten und blanken Metallteilen, das Tablett des Henkers!
Der Geistliche sprach unaufhörlich auf ihn ein. Henry Hopkins verstand kein Wort. Er sah die dunkelgekleideten Männer, die einen Halbkreis um den Schreckensstuhl gebildet hatten und der traurigen Pflicht nachkommen mußten, der Exekution als vom Staat bestellte Zeugen beizuwohnen. Die meisten von ihnen waren leichenblaß. Jeder hatte nur den Wunsch, das abstoßende Schauspiel rasch hinter sich zu bringen.
Henry Hopkins
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