Jerry Cotton - 0574 - Teufel mit blutigen Rosen
der Nähe von Denningsens Haus«, erklärte mir der Anwalt. »Ich war bis gegen zehn Uhr bei ihm und habe die kurze Strecke zu dem vereinbarten Treffpunkt zu Fuß zurückgelegt. Sind Sie tatsächlich G-man, Sir? Es wäre mir lieb, wenn Sie sich legitimieren könnten.«
Wir hatten die Laterne erreicht. Ich zeigte Preston meine ID-Card und hatte zum erstenmal Gelegenheit, sein Gesicht zu mustern. Er war ein gut aussehender Bursche, ein richtiger Frauentyp, auch wenn er einen gehörigen Schuß Brutalität im Gesicht hatte. Manche mochten ihm das als Männlichkeit oder als äußeres Zeichen von Energie durchgehen lassen. Immerhin machten seine harten, markanten Züge Howard Ardworths Charakterisierung glaubhaft. Hugh Preston war ein Mann, der zweifellos über Leichen gehen konnte.
Ich wandte mich an das Girl. »Warum wollten Sie Mr. Preston ausgerechnet hier draußen treffen?«
»Ich kann das nicht erklären.«
»Es ist wichtig für uns«, sagte ich zu ihr. »Schließlich geht es darum, den Überfall aufzuklären. Wer außer Ihnen und Mr. Preston wußte etwas von dem vereinbarten Treffen?«
»Mr. Prestons Sekretärin, nehme ich an«, erwiderte Sheila Ardworth.
»Das stimmt nicht«, widersprach Preston. »Penny war nicht im Büro, als wir die Absprache trafen.«
»Sie kann gelauscht haben«, sagte ich. »Nein, nein, das ist nicht ihre Art«, meinte Preston. »Ich habe übrigens vermieden, sie über dieses Zusammentreffen zu unterrichten. Ich dachte, das sei in Ihrem Sinne, Miß Ardworth«, schloß er verbindlich.
Sheila Ardworth öffnete den Wagenschlag und setzte sich ans Steuer. Ich beobachtete, wie sie die Klappe des Handschuhkastens öffnete und ihm einen silbernen Taschenflakon entnahm. Sie schraubte den Verschluß ab und genehmigte sich einen kräftigen Schluck.
Dann streckte sie uns den Flakon hin. »Wollen Sie auch?« fragte sie.
***
»Sie kommen spät, Chef«, sagte Penny Warden, als sie Hugh Preston durch die kleine Diele in ihr Wohnzimmer führte. Die Reiseschreibmaschine stand schon bereit, aber auch der gedeckte Kaffeetisch. Auf einem Beistellwagen standen ein paar Flaschen und Gläser.
Hugh Preston schaute sich in dem Zimmer um. Er entdeckte ein paar Dinge darin, die er als geschmacklos und kitschig empfand, aber er sagte anerkennend: »Ganz reizend wohnen Sie hier, Penny. Sie wissen schon, was schön ist.«
»Der alte Denningsen hat Sie lange aufgehalten«, meinte Penny. »Wollen Sie hier Platz nehmen, Chef?«
Er setzte sich. »Lassen wir den Chef beiseite, Penny«, schlug er vor. »Es paßt nicht hierher.«
»Soll ich den Kaffee gleich auf brühen?« fragte Penny, die vor Eifer glühte. »Oder wollen Sie mir erst mal das Wichtigste in die Maschine diktieren?«
»Heute wird nicht mehr gearbeitet«, meinte er und lehnte sich zurück. Seine aufgeworfenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Penny Warden sah gut aus. Offenbar hatte sie es heute abend darauf angelegt, die Skala ihrer Reize voll auszuspielen. Das tief ausgeschnittene Cocktailkleid kam dieser Absicht fabelhaft entgegen.
Penny Warden sah seine Blicke und wandte sich schnell ab, um ihr Erröten zu verbergen. Natürlich war sie froh, daß er sie endlich einmal so ansah, wie die anderen Männer sie anzublicken pflegten. Sie hatte lange genug darauf warten müssen.
»Ich gehe in die Küche«, verkündete sie. »Es dauert nur ein paar Minuten.« Hugh Preston steckte sich eine Zigarette an. Er war völlig entspannt. Dieses Gefühl vertiefte sich noch, als das Geschirrklappern aus der Küche in das Wohnzimmer drang.
Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn er Penny heiraten würde, aber im nächsten Moment wies er den absurden Gedanken weit von sich. Für ihn kam nur eine in Frage.
Eine Ardworth. Das war sein Ziel. Er war entschlossen, es zu erreichen.
Preston stieß den Rauch aus. Er dachte an die Ereignisse des Abends und gratulierte sich zu seinem Reaktionsvermögen. Es war eine brillante Idee gewesen, dem Girl und dem G-man einen Angreifer vorzuspielen, den es gar nicht gab.
Er, Hugh Preston, war zu dem verabredeten Treffpunkt gegangen, um Sheila Ardworth zu töten. Er war entschlossen gewesen, das Girl aus dem Weg zu räumen. Die Rose für sein Opfer hatte er bei sich gehabt.
Dann hatte er plötzlich entdeckt, daß Sheila Ardworth von einem Mann verfolgt wurde.
Ich habe erstklassig geschaltet, lobte sich Preston. Ich habe das Ruder sofort herumgeworfen und die Komödie mit dem angeblichen Angreifer inszeniert. Sheila
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