Jerry Cotton - 0596 - Ein Koeder fuer den Killer
nachging. Wenn er es sich leisten konnte, war das seine Sache.
Meine Abneigung gründete sich vor allem auf die Erkenntnis, daß dieser weichliche, verzogene junge Mann zwar vorgab, seine kranke Mutter zu lieben, und entschlossen schien, ihr keine Sorgen zu machen, daß sein tatsächliches Leben dem aber genau zuwiderlief.
»Sie sind also entschlossen, auf eine Anzeige gegen diese Burschen zu verzichten?« fragte ich.
Er nickte. »Sie kennen meine Gründe. Ich werde das Geld auftreiben. Ich schwöre Ihnen, daß ich danach nie wieder eine Karte anrühren werde.«
»Seit wann kennen Sie Miß Dupont?« fragte ich.
Ambush erhob sich. Er brachte das leere Glas weg und lehnte sich dann mit dem Rücken und aufgestützten Ellenbogen gegen den Bartresen. »Schon ziemlich lange. Suchen Sie immer noch das Mädchen, das sich Lorraines Namen ausgeliehen hat?«
»Deshalb bin ich hier. Wem haben Sie übrigens das Parfüm geschenkt?«
»Welches Parfüm?«
»Es heißt ,Azure‘. Der Flakon kostete Sie fünfundvierzig Dollar. Er wurde an Ihre Adresse geliefert.«
»Den hat Lorraine bekommen.«
»Die echte Lorraine?«
Er runzelte die Augenbrauen. »Na, hören Sie mal! Ich kenne nur die echte. Was sollen diese Fragen?«
»Die falsche Lorraine benutzte das gleiche Parfüm«, stellte ich fest.
Er sah erstaunt aus. »Wie haben Sie denn das herausbekommen?« wollte er wissen.
Ich tippte mit dem Zeigefinger gegen meine Nasenspitze. »Mein Riecher ist auf delikate Düfte geeicht.«
»Ein Parfüm riecht doch wie das andere«, meinte Ambush und winkte ungläubig ab. »Sie können sich leicht getäuscht haben. Selbst wenn Sie sich nicht, irren sollten, ist damit nur bewiesen, daß die falsche und die echte Lorraine zufällig die gleiche Parfümsorte benutzen. ,Azure‘ ist in Mode, habe ich mir sagen lassen. Es gab mal eine Zeit, da bespritzte sich jedes Mädchen mit Chanel Nummer 5.«
»Sie haben noch nicht die Frage beantwortet, seit wann Sie Miß Dupont kennen.«
»Lassen Sie mich nachdenken. Im Oktober werden es drei Jahre. Wir wollen bald heiraten.«
»Ihre Mutter ist damit einverstanden?«
»O ja, sie schätzt Lorraine sehr.«
»Vielen Dank, Mr. Ambush«, sagte ich und ging zur Tür. »Ob Sie eine Anzeige wegen des Überfalls erstatten, ist natürlich ausschließlich Ihre Sache, aber ich sehe mich verpflichtet, den auf mich verübten Angriff meiner Dienststelle zu melden. Es ist klar, daß das einige Folgen haben wird.«
Er blinzelte. »Lassen Sie mich aus dem Spiel, um mehr wage ich Sie nicht zu bitten.«
Wenige Minuten später stand ich wieder auf der Straße. Ich kletterte in meinen Wagen und kurbelte das Fenster herunter. Es wurde allmählich dunkel. Die Leuchtreklamen begannen ihr flimmerndes, zuckendes Nachtprogramm. Mir fiel plötzlich ein, daß ich vergessen hatte, eine sehr wichtige Frage an Ambush zu richten. Ich nahm mir vor, diese Frage seiner Verlobten zu stellen.
***
Ich fuhr zur St. Nicholas Avenue. Gerade als ich ausstieg, verließ Lorraine Dupont das Haus. Sie war damit beschäftigt, ihre dünnen hellen Lederhandschuhe überzustreifen, und sah mich nicht sofort. Ich trat ihr in den Weg und begrüßte sie. Das Mädchen zuckte heftiger zusammen, als es der Situation angemessen erschien.
»Oh, Mr. Cotton«, sagte sie etwas kurzatmig. »Sie wollen zu mir?«
Lorraine Dupont trug ein Stadtkostüm aus mehrfarbigem Tweed. Insgesamt herrschte darin ein kühles Blau vor. Das Kostüm hatte einen modisch kurzen Rock und stand dem Mädchen gut zu Gesicht.
»So ist es. Wie Sie sehen, bin ich mit dem Wagen gekommen. Wohin darf ich Sie bringen?«
Ich hielt ihr den Wagenschlag offen. Lorraine Dupont zögerte nur einen Moment, dann stieg sie ein. »Ich wollte ins Playhouse-Kino«, sagte sie.
Ich hatte das Gefühl, daß sie nicht aufrichtig war, und fragte: »Allein?«
»Warum nicht? Ich gehe gern ins Kino.«
Ich setzte mich neben sie. »Sie haben mit Terry gesprochen, nicht wahr?«
Das Girl starrte mich an. »Wie meinen Sie das? Ich spreche oft mit ihm.«
»Er hat Sie angerufen und Ihnen mitgeteilt, daß ich bei ihm war. Stimmt’s?«
»Nein, das stimmt keineswegs«, sagte das Girl. »Was wollten Sie denn von ihm?«
»Ach, wissen Sie, ich bin da über eine merkwürdige Sache gestolpert. Sie wissen, daß ich hinter dem Mädchen her bin, das sich Ihren Namen auslieh. Zufällig kannte ich das Parfüm, das sie benutzte. Eine teure Sorte. Es heißt ,Azure‘.«
»Aha«, sagte Lorraine Dupont, plötzlich
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