Jerry Cotton - 2906 - Die Panama-Luege
Meer über Bord gehen?«, grübelte Villegas.
***
Genau zu diesem Thema hatte sich Carlos Moreno sehr viele Gedanken gemacht, noch bevor er die Befreiungsaktion angeordnet hatte. Auch während der Autofahrt beschäftigte er sich damit.
»Ich kann die Lady gleich im Büro der DEA eliminieren«, hatte die Killerin angeboten.
Es war zwar ein verführerischer Gedanke gewesen, doch Moreno verfolgte andere Pläne.
»Sollten die Amerikaner uns doch noch aufhalten können, kann Astrid Toble hervorragend als Geisel dienen«, lehnte er daher ab.
Seine Landsfrau akzeptierte diese Entscheidung ohne Widerspruch. Carlos Moreno wusste, dass er ihr zu jeder Zeit anderslautende Anweisungen erteilen konnte.
»Wie lange fahren wir noch?«, fragte Astrid Toble.
Obwohl sie sich anstrengte, konnte sie die Angst nicht völlig ablegen. Astrid Toble wollte so schnell wie möglich an Bord der Jacht gehen, damit die Behörden sie nicht doch noch als Komplizin der Drogenhändler festsetzen konnten.
»Wir sind gleich da, Darling. Dieser kleine Weg führt hinunter zu einer Bucht. Dort wartet bestimmt schon ein Boot auf uns«, erwiderte Moreno.
Das war die ersehnte Antwort, weshalb die Frau des Botschafters nicht weiter nachfragte. Bereits fünf Minuten später rollte der SUV an einem schmalen Sandstreifen aus.
»Siehst du? Da ist das Boot«, rief Carlos Moreno.
Er half seiner Geliebten aus dem Wagen, schnappte sich die beiden Reisetaschen und führte Astrid Toble zum Schlauchboot. Die beiden Taschen waren mit Dollarbündeln gefüllt.
»Erst die Taschen«, sagte er.
Während der Mann im Schlauchboot gehorsam die beiden Reisetaschen entgegennahm und verstaute, warf Moreno einen Blick zurück. Die Killerin lenkte den SUV zwischen Sträuchern hin und her, bis der Wagen nur noch schwer zu sehen war. Mit Unterstützung aus der Luft würde man das Fahrzeug schneller finden, doch bis zum Tagesanbruch würden sie mit ihrer Jacht schon weit draußen im Pazifik unterwegs sein. Vorher würde kein Flugzeug zu einer Suchaktion aufsteigen.
»So, jetzt du«, sagte er.
Wie ein galanter Gentleman reichte Carlos Moreno der Frau des Botschafters die Hand, damit sie den Einstieg in das leicht schaukelnde Boot besser bewältigen konnte. Dann sprang der Kolumbianer selbst an Bord, ohne sich helfen zu lassen. Schließlich eilte auch die Killerin heran und nahm den letzten freien Platz im Schlauchboot ein.
»Los! Ablegen«, befahl Moreno.
Der Matrose startete den Außenbordmotor. In wenigen Minuten würden sie an Bord der Jacht sein und kurz darauf bereits in internationalen Gewässern, wo ihnen keine unmittelbare Gefahr mehr drohte. Carlos Moreno nahm den Rückschlag als das hin, was er war: eine Störung seiner Geschäfte, die immer wieder einmal eintrat. Schon bald wollte er die entstandenen Verluste wieder ausgleichen und sein Vermögen vermehren.
»Wer ist das?«, rief er aus.
Bevor das Boot losfahren konnte, krachten Schüsse. Der Matrose und die Killerin hatten das Feuer auf die unerwartet aufgetauchten Personen eröffnet.
***
»Der Fischer hat sich gewundert, dass die Jacht so dicht unter Land gefahren ist. Als die Besatzung auch noch die Positionslampen gelöscht hat, fand er es verdächtig«, sagte Agent Anders.
Ich klammerte mich am Türgriff fest, da der Fahrer den Wagen mit viel zu hoher Geschwindigkeit über die Straße mit Schlaglöchern steuerte. Agent Meola hatte nicht lange gezögert, um seine Entscheidung zu treffen.
»Wir gehen dem Hinweis nach. Die Umstände würden ausgezeichnet zu einer Flucht von Moreno übers Wasser passen«, legte er sich fest.
Minuten später jagte die Kolonne aus der Stadt hinaus. Wir mussten uns höllisch beeilen, wenn wir die Gangster noch am Strand aufhalten wollten. Während Paul Anders mit mir über die Details sprach, verhandelte Agent Meola mit einem Kollegen der DEA. Der verfügte offenbar über ein schnelles Boot und sollte sich möglichst der Aktion anschließen.
»Kann euer Kollege denn rechtzeitig an diesem Küstenabschnitt eingreifen?«, fragte ich Anders.
»Es wird auch dann sehr knapp, wenn er sofort ablegen kann. Wir müssen es aber trotzdem versuchen«, erwiderte er.
Es gab wenig Alternativen für uns, da wir nur an Land eine gute Chance für einen Zugriff hatten. Sollten Moreno und seine beiden Begleiterinnen sich bereits an Bord der Jacht befinden, konnten wir nichts mehr unternehmen. Was aber, wenn es überhaupt nicht unsere Zielpersonen waren? Dieser Gedanke ließ mich so lange
Weitere Kostenlose Bücher