Jerry Cotton - 2912 - Blutschwur
hinter mir.
Erschrockenes Kreischen aus mehreren weiblichen Kehlen ertönte. Wütende Männerstimmen waren ebenfalls zu hören, außerdem erklangen einzelne Schüsse. Ich verschaffte mir einen schnellen Überblick.
In dem ehemaligen Teppichlager waren offensichtlich Zwischenwände eingezogen worden, so dass zahlreiche Separees entstanden waren. Ich riss die Tür eines solchen Liebesnestes auf. Eine junge Asiatin in Spitzenunterwäsche lag auf einem Bett. Sie schrie in Panik auf.
»Wir sind vom FBI«, sagte ich. »Verhalten Sie sich ruhig, wir haben die Situation im Griff.«
Außer der Halbnackten war niemand in dem fensterlosen Verschlag. Wir durchkämmten einen Raum nach dem anderen, als plötzlich vor uns Mündungsfeuer aufblitzte. Ich sah eine schemenhafte Gestalt, die auf Phil feuerte. Doch mein Freund hatte sich rechtzeitig zur Seite geworfen, die Kugeln verfehlten ihn.
Phil schoss eine kurze Garbe auf die Beine des Angreifers. Ein Schrei ertönte, der Unbekannte sackte in sich zusammen. Ich lief mit schussbereiter Waffe auf ihn zu. Phil hatte einen Bärtigen mit Jersey-Kings -Jacke in die Beine getroffen. Ich entwand dem Verletzten seine Pistole, damit er uns nicht mehr gefährlich werden konnte.
Die Lage war unübersichtlich. Ich hetzte weiter. Der angeschossene Rocker würde schon bald von Sanitätern versorgt werden. Ich hatte schon vor dem Zugriff veranlasst, dass sich eine Ambulanz bereithielt.
In anderen Gebäudeteilen ertönten immer noch einzelne Schüsse, aber auch kurze Salven aus Maschinenpistolen. Offenbar waren Joe Brandenburg und Les Bedell in Feuergefechte verwickelt. Und dann hörte ich plötzlich das Aufheulen eines Bike-Motors.
»Da will einer von den Kerlen abhauen!«, rief Phil. Irgendwie musste es einem Rocker gelungen sein, an uns allen vorbei zu den abgestellten Motorrädern zu gelangen. Ich riss die Tür zum Innenhof auf und sah nur noch die Rücklichter einer um die Ecke biegenden Harley Davidson.
»Der kommt nicht weit«, zeigte sich Phil optimistisch. »Gut, dass die Cops den ganzen Block abriegeln sollten, Jerry.«
Ich nickte, teilte aber den Optimismus meines Freundes nicht. Leider sollte ich recht behalten. Wie wir wenig später von den uniformierten Officers erfuhren, konnte der flüchtende Rocker nicht durch die Straßensperren gestoppt werden. Er raste nämlich mit seiner Harley in das Panorama-Schaufenster eines großen Textilshops.
Dort brach unter den Kundinnen und Verkäuferinnen sofort Panik aus. Der Kerl nutzte das Chaos für seine weitere Flucht. Er ließ sein Motorrad zurück und machte sich zu Fuß aus dem Staub. Die Cops mussten die Verfolgung ergebnislos abbrechen.
Immerhin konnte aufgrund des New-Jersey-Nummernschildes der Harley sofort ihr Halter ermittelt werden: Der Name lautete Roger Hill. Ausgerechnet der Verdächtige, dem die ganze Aktion hauptsächlich gegolten hatte, war uns entwischt.
***
Ansonsten konnte sich die Bilanz unserer beiden zeitgleich durchgeführten Razzien sehen lassen. Das FBI hatte insgesamt sieben Mitglieder der Jersey Kings verhaftet, zwei von ihnen wurden leicht verletzt sofort in eines der Krankenhäuser von Rikers geschafft. Außerdem gelang es uns auch, drei Freier festzunehmen. Auch auf sie wartete eine Anklage wegen Förderung von Unzucht.
In den zwei Bordellen arbeiteten insgesamt zwölf Frauen, die sich nun auf eine Anklage wegen Prostitution einstellen mussten. Doch zumindest einige von ihnen waren offensichtlich zu ihrer Tätigkeit gezwungen worden. Das erzählte uns jedenfalls unsere Kollegin Sarah Hunter, die einige Verhöre übernommen hatte.
»Wenn die Frauen einen guten Pflichtverteidiger bekommen, stehen ihre Chancen auf einen Freispruch gar nicht schlecht«, sagte Sarah zu mir. »Es wäre ihnen zu wünschen, sie sind nämlich wirklich mies behandelt worden.«
»Glaubst du, dass zumindest einige von ihnen gegen die Jersey Kings aussagen werden?«
»Da sehe ich schwarz, Jerry. Die Prostituierten sind völlig verängstigt, einige sind offensichtlich auch illegal in den Staaten. Ich habe ihnen Zeugenschutz versprochen, aber besonders viel Vertrauen haben sie nicht zu mir.«
»Versuch es bitte weiter, du kannst sehr überzeugend sein. – Hat eine von den Frauen näheren Kontakt zu Roger Hill gehabt? Wissen sie etwas über das Schicksal von Julie Lonnegan? Wurde sie in dem Bordell eingesperrt?«
Meine dunkelhaarige Kollegin schüttelte den Kopf.
»Roger Hill hat die Frauen nur herumkommandiert, genau wie die
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