Jillian Hunter
Rosmarintonikum bei sich trug, würde sie wohl sagen, dass sie ein verletztes Tier gefunden hatte und es retten wollte.
Das war schließlich nicht allzu weit von der Realität ent- fernt. Dominic Breckland war ebenso wild und gefährlich wie jedes ungezähmte Tier, dem sie je begegnet war.
9. KAPITEL
Ihr Herz schlug wie wild, als sie ihr Schlafzimmer betrat. Wie still es war. Die Tür zum Ankleidezimmer war geschlossen, alles genau so, wie sie es zurückgelassen hatte. War es ihm ge- lungen, sich davonzuschleichen? Wie viel einfacher alles doch wäre, wenn er fort war. Chloe hatte keine ruhige Minute mehr verbracht, seit sie ihn gefunden hatte. Eine Zukunft, in der er eine Rolle spielte, versprach auch nicht gerade viel Ruhe und Frieden.
Sie öffnete die Tür zum Ankleidezimmer. Seine muskulöse Gestalt lag zusammengesunken in der Ecke, einen Arm hatte er um ihre Truhe drapiert. Sie war überrascht, wie erleichtert sie war. Er betrachtete sie einige Minuten lang eindringlich aus fiebrig glänzenden Augen.
„Noch einmal guten Morgen", sagte er ruhig und neigte den Kopf. „Sind Sie bereit, mich zu rasieren?"
„Ich werde Sie wohl eher erwürgen", entgegnete Chloe ent- rüstet. Wie konnte er dort sitzen, sie herumkommandieren und so ruhig klingen, während sie sich solche Sorgen um sein Wohlergehen gemacht hatte? „Sie sind der lästigste Mensch, dem ich je begegnet bin."
Ein anerkennendes Funkeln erhellte seinen Blick einen Au- genblick lang. „Eine Eigenschaft, die wir vermutlich teilen."
„Und für die wir zweifelsohne einen hohen Preis bezahlen müssen", fügte Chloe hinzu und faltete ihre Serviette auf. „Hier. Essen Sie etwas, während ich mir Ihre Schulter ansehe. In meinem Pompadour ist auch eine Flasche Brandy. Ergän- zen Sie die Liste meiner Verbrechen um Diebstahl am Eigen- tum meines Onkels."
„Warum wollen Sie sich meine Schulter ansehen?"
„Ich habe etwas Pferdemedizin mitgebracht, Sie undank- barer, misstrauischer Mensch", erwiderte sie mit sehr leiser Stimme. „Die habe ich aus dem Stall gestohlen, und niemand weiß etwas davon. Was sagen Sie dazu?"
Ziemlich kleinlaut legte er den Kopf in den Nacken und formte die Lippen zu einem verführerischen Lächeln, als sie sein Hemd aufknöpfte. „Ich weiß nicht. Wenn ich meine Mäh- ne schüttele und ein paar Mal nett wiehere, würden Sie das dann als Entschuldigung gelten lassen?"
Er konnte nicht mehr länger in ihrer Gesellschaft bleiben.
Keiner von ihnen hatte in der letzten Nacht viel geschla- fen. Dominic konnte die Anzeichen von Müdigkeit in ihrem hübschen, wütenden Gesicht sehen. Er wusste, wie oft sie bei ihm hereingeschaut hatte, obwohl er stets so getan hatte, als schlafe er. Es war wirklich ein äußerst schlechter Zeitpunkt, um festzustellen, dass er immer noch in der Lage war, solch verwirrendes Verlangen und sogar Zärtlichkeit zu empfinden. Er bedauerte zutiefst, sie in seine persönliche Hölle gezogen zu haben. Jedes Mal, wenn sie sich über ihn gebeugt hatte, hatte sein nagender Hunger ihn beinah überwältigt, und er hatte sich gerade noch zurückhalten können, um sie nicht zu sich auf den Boden herunterzuziehen.
Ihr Körper würde sich auf seiner fiebrigen Haut angenehm anfühlen. Er könnte sich den erotischen Bildern hingeben, die ihn in seinen unzusammenhängenden Träumen verfolgt hat- ten.
Doch er konnte für sie beide auch alles zerstören, indem er dieser Versuchung nachgab. Er sehnte sich nicht nur nach kör- perlicher Liebe. Er genoss ihre Fürsorge und Klugheit, nicht jedoch die Schwäche, die er in ihrer Gegenwart verspürte.
„Pferdesalbe", sinnierte er. „Ich nehme an, ich sollte für Ih- ren Einfallsreichtum dankbar sein."
„Sie sollten dankbar sein, dass Sie nicht wirklich tot sind." Sie hielt inne und blickte zu ihm auf. „Sie müssen gehen, Stratfield."
„Das weiß ich."
Aus dem Flur vor der Zimmertür drang das gedämpfte Geräusch von Schritten. Chloe drückte ihm schnell die Glas-
flasche in die Hand. „Trinken Sie dies. Mein Onkel nimmt uns heute Abend zu einem Theaterstück im Pfarrhaus mit. Die Dienstboten ziehen sich üblicherweise zum Kartenspie- len in den Salon der Haushälterin zurück, wenn sie alleine sind ..."
Sein durchdringender Blick traf sie unvorbereitet. Sie hielt verwirrt inne, als er sie unterbrach. „Sollten wir das Glück haben, uns noch einmal zu begegnen, Lady Chloe, so hoffe ich, dass es unter Umständen ist, die uns erlauben, das zu Ende zu bringen, was
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