Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
Sie ihn abgemurkst? Warum haben Sie ihn nicht einfach rausgeworfen?«
»Er wusste zu viel über die Familie.«
»Blödsinn«, sagte Kurtz. »Jeder durchschnittliche Reporter der Buffalo Evening News weiß mehr über die Geschäfte Ihres Klans, als der treuherzige, verstorbene, dumpfbackige Carl je hätte herausfinden können. Warum haben Sie ihn ausgeknipst?«
Farino schwieg einige Sekunden lang.
Kurtz lauschte auf das Grummeln des gewaltigen Motors.
Einer der Leibwächter zündete sich eine Zigarette an und das Aufflammen des Streichholzes formte einen kleinen Kreis aus trübem Licht in der dunklen Gasse.
»Ich wollte Sophia in Kontakt bringen ... mit einem bestimmten Fachmann«, verriet Farino schließlich.
»Einem Profikiller«, riet Kurtz. »Jemandem von außerhalb der Familie.«
»Ja.«
»Jemandem außerhalb der Mafia?«
Farino sah abschätzig drein, als hätte Kurtz in seine teure Limousine gefurzt. »Jemand von außerhalb der Organisation, ja.«
Kurtz gluckste. »Sie Mistkerl. Sie wollten, dass Sophia diesen Profikiller trifft, nur um zu sehen, ob sie ihn anheuert, mich umzubringen. Carl ist nur gestorben, damit es einen plausiblen Grund gab, dass der Attentäter und Ihr kleines Mädchen miteinander plaudern konnten.«
Farino schwieg.
»Und, hat Sie?«, fragte Kurtz. »Ich meine, hat sie ihn angeheuert, mich töten zu lassen?«
»Nein.«
»Wie heißt dieser ›Fachmann‹?«
»Da er keinen Auftrag bekommen hat, ist sein Name nicht von Belang.«
»Für mich schon.« In Kurtz’ Stimme schwang ein gewisser Unterton mit. »Ich will alle Spieler auf dem Feld kennen.« Er tastete nach der 38er in seinem Gürtel.
Farino lächelte, als empfinde er die Idee, dass Kurtz ihn erschießen und damit davonkommen könnte, ungemein amüsant. Dann versickerte das Lächeln, als ihm der Gedanke kam, dass Kurtz Ersteres tun könnte, ohne sich um Letzteres zu scheren. »Niemand weiß, wie dieser Mann heißt«, sagte er.
Kurtz wartete.
»Man nennt ihn den Dänen«, verriet Farino schließlich nach längerem Schweigen.
»Heilige Scheiße«, keuchte Kurtz.
»Sie haben von ihm gehört?« Farinos Lächeln war zurück.
»Wer hat das nicht? Die Mafiaverbindungen der Kennedys in den 70ern. Jimmy Hoffa. Es gibt Gerüchte, dass der Däne für diesen bezaubernden Anschlag im Tunnel in Paris verantwortlich war, wo er nur einen Kleinwagen eingesetzt hat, keine Waffe.«
»Es gibt immer Gerüchte«, stimmte Farino zu. »Wollen Sie keine Beschreibung des Dänen?«
Jetzt war es an Kurtz zu lächeln. »Nach dem, was ich gehört habe, würde mir das nicht das Geringste nützen. Der Kerl ist angeblich besser im Verkleiden, als es der Schakal zu seinen besten Zeiten war. Die einzige gute Nachricht ist, wenn Sophia ihn wirklich angeheuert hätte, wäre ich bereits tot.«
»Ja«, sagte Farino. »Wie sieht also unser nächster Schritt aus, Mr. Kurtz?«
»Nun, heute Nacht soll ein Lkw von Ihren Geschäftspartnern in Vancouver eintreffen. Wenn der überfallen wird, sehen wir weiter. Ich werde in der Sache ganz offen Nachforschungen anstellen. Wenn Kibunte damit zu tun hat – nein, ganz egal, wer damit zu tun hat –, ist es für sie der nächste logische Schritt, etwas gegen mich zu unternehmen.«
»Viel Glück, Mr. Kurtz.«
Kurtz öffnete die Tür und der Leibwächter hielt sie ihm auf. »Warum sollten Sie mir das wünschen?«, fragte Kurtz an Farino gewandt. »Egal, ob ich Glück habe oder nicht, Sie bekommen die Information, die Sie brauchen. Und falls ich tot bin, sparen Sie sogar noch die 50.000 Dollar, auf die wir uns geeinigt hatten.«
»Das ist natürlich richtig«, bestätigte der Don. »Aber ich könnte in Zukunft noch Bedarf für Sie haben und 50.000 sind ein denkbar kleiner Betrag, wenn man sich dafür seinen Seelenfrieden erkaufen kann.«
»Mir könnte das dann egal sein«, sagte Kurtz und trat in die Gasse hinaus.
KAPITEL 22
Alternde Mafiosi, die es nie geschafft haben, ehrbare Bürger zu werden, sterben nicht, sie enden als Lkw-Fahrer für ihren Don.
Charlie Scruggs und Oliver Battaglia waren in der Genovese-Ära beide noch niedere Chargen gewesen, aber jetzt in ihrem wohlverdienten Ruhestand fuhren sie diesen gottverdammten Laster die ganze Strecke von Vancouver nach Buffalo.
Charlie war 69, untersetzt und mit einem ledrigen Gesicht voller geplatzter Äderchen. Er trug nach wie vor seine Gewerkschaftsmütze und erzählte stolz jedem von der Woche, in der er als persönlicher Fahrer und Leibwächter für
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