John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
mal unseren Schönheitsschlaf.«
»Hat das Geflatter schon gewirkt?«
»Und wie.« Sie gähnte. »Innerhalb von Minuten.«
»Hab’s dir doch gesagt. Wir sind die reinsten Amöben.«
»Ich darf doch hoffen, dass diese Leitung sicher ist«, fuhr sie mit plötzlichem Schreck hoch.
»Wenn nicht, hat die CIA ihren Job nicht erledigt. Sämtliche Botschaftsleitungen sind sicher, und ich bin an einem sicheren Telefon. Erzähl mir alles über letzte Nacht.«
Woher zum Teufel wusste er, dass sie Ronsard gestern Abend kennen gelernt hatte? »Lässt du mich etwa beobachten? Wie? Und wo bist du?«
»Sicher hab ich ein Auge auf dich«, entgegnete er seelenruhig. »Du glaubst doch wohl nicht, ich ziehe dich da rein und lasse dich dann ganz allein? Ich bin vorläufig irgendwo in der Nähe.«
Das war alles. Mehr würde er ihr nicht sagen, wie sie erkannte. Aber es genügte. Erst als sie seine Stimme hörte, wurde ihr klar, wie sehr sie ihn vermisste, wie sehr sie die beständige Herausforderung, die er darstellte, vermisste. Wenn er in der Nähe war, bedeutete das, sie musste auf der Hut sein, denn er konnte jeden Augenblick auftauchen. Sie wollte schließlich nicht splitternackt aus der Dusche treten und plötzlich ihm gegenüberstehen. Andererseits …
Hoppla. Den Gedanken dachte sie besser nicht zu Ende. Stattdessen begann sie den gestrigen Abend zusammenzufassen. »Er folgte mir hinaus auf die Terrasse, hat sich vorgestellt und mich um einen späteren Tanz gebeten. Als wir tanzten, hat er mich gefragt, ob ich mit ihm ausgehen will. Ich hab abgelehnt. Wir treffen uns heute Mittag im Le Café Marly. Weißt du, wo das ist?«
»Das liegt im Richelieu-Flügel des Louvre. Dort geht man hin, wenn man sehen und gesehen werden will.«
»Und ich dachte noch, Lunch mit ihm wäre diskreter als ein Dinner.«
»Nicht im Café Marly. Wieso willst du überhaupt diskret sein?«
»Na, wenn ich schon so eine brave, gesetzestreue Bürgerin und gute Freundin der Frau des Botschafters bin, dann sollte ich mir doch zumindest Gedanken darüber machen, ob es schicklich ist, sich mit einem Waffenhändler zu treffen, oder nicht?«
»Jeder, der hier was zu sagen hat, trifft sich mit Ronsard«, erklärte John trocken.
»Ja, aber ich bin anders«, flötete sie in gespieltem Hochmut, und er musste lachen.
»Und wann gibst du nach und gehst mit ihm aus? Wenn ich es rechtzeitig erfahre, kann ich dafür sorgen, dass um euren Tisch Leute von uns sitzen und dass der Tisch selbst verkabelt wird, du weißt schon.«
»Ich glaube nicht, dass ich das will. Ich werde mich zum Mittagessen mit ihm treffen, aber zu mehr will ich ihn nicht ermutigen.«
»Du musst ihn aber schon so weit ermutigen, dass du diese Einladung kriegst.«
»Freundschaft, mehr ist nicht drin.«
Eine Pause trat ein. »Wenn du mir damit sagen willst, dass du nicht mit ihm schlafen wirst, das hatte ich auch nie geplant«, sagte er schließlich flach.
»Gut zu hören, denn Sex wäre ohnehin nie in Frage gekommen, auch wenn ich jetzt die blöde Pille wieder nehme, so wie du wolltest.«
Abermals Stille. »Die Pille solltest du nur nehmen, falls was schief geht; es geht hier nicht darum, jemanden auf diese Weise rumzukriegen.«
Jetzt verstand sie. Falls etwas schief ging und sie geschnappt wurde, konnte es sein, dass man sie vergewaltigte. »Also gut«, sagte sie leise. Bei ihrem Einsatz im Iran war diese Frage gar nicht aufgekommen, weil sie ohnehin die Pille nahm. Sie und Dallas hatten ein, zwei Jahre oder auch länger warten wollen, bevor sie Kinder bekamen.
»Ich melde mich wieder«, sagte er und hängte ein.
Langsam legte auch sie den Hörer auf die Gabel zurück und kuschelte sich wieder unter die warme Decke, doch an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Sie war hellwach, ihre Gedanken rasten, wie üblich, wenn sie mit John zu tun hatte. Was sie jetzt brauchte, war ein schöner, langer Dauerlauf. Je mehr sie darüber nachdachte, desto besser erschien ihr diese Idee. Sie würde Eleanor fragen, wo es sich am besten joggen ließ. Sie sprang aus dem Bett und kramte ihre Joggingsachen heraus, die sie für den Fall des Falles doch noch eingepackt hatte.
Eleanor wusste nicht nur, wo, sie sorgte auch dafür, dass ein Soldat, der gerade nicht im Dienst war, sie begleitete. Niema und der ernste junge Mann mit dem militärischen Bürstenschnitt rannten Seite an Seite, bis sie in Schweiß gebadet waren. Bei der Rückkehr zur Botschaft hatte sie ihn so weit aus der Reserve gelockt,
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