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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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zerschmetterte Fenster, und von draußen drang das Sirenengeheul der Polizeifahrzeuge unten. Wells sah aus dem Fenster. Am Ende des Häuserblocks, direkt am östlichen Ende des Hotels, war bereits ein Fernsehübertragungswagen aufgetaucht.
    »Hat ihn schon jemand durchsucht?«
    Jergen erkundigte sich bei den anderen Polizeibeamten. »Nein.«
    Wells lieh sich von einem der Ärzte Latexhandschuhe, zog sie über und ging den Inhalt von Bernhards Taschen durch. Er hoffte auf ein Handy, einen Memory-Stick, einen gravierten Stift, eine Visitenkarte, eine Hotelrechnung, irgendeinen Hinweis. In der Innentasche von Bernhards Anzugjacke fand er sechs Schlüssel: wahrscheinlich Haus, Büro und Lager. In der rechten vorderen Hosentasche steckte eine Brieftasche aus glattem schwarzem Leder. Wells überprüfte sie kurz. Eine goldene American-Express-Karte, sieben Fünfzig-Euro-Scheine, ein verknittertes Porträtfoto von zwei hübschen jungen Frauen mit Kopftüchern. Vermutlich seine Töchter.
    Und in der linken Tasche ein mehrfach zusammengefaltetes liniertes Papier. Wells faltete es auseinander. Es war mit arabischen Schriftzeichen bedeckt, die jemand zittrig mit einem dünnen blauen Stift hingekritzelt hatte.
    Warum lasst ihr den Kopf hängen, wenn zu euch gesagt
wird: Rückt aus und kämpft um Allahs willen? Seid ihr denn mit dem diesseitigen Leben eher zufrieden als mit dem Jenseits? Die Nutznießung des diesseitigen Lebens hat doch im Hinblick auf das Jenseits nur wenig zu bedeuten. Wenn ihr nicht ausrückt, lässt er euch eine schmerzhafte Strafe zukommen und ein anderes Volk eure Stelle einnehmen, und ihr könnt ihm nichts anhaben. Allah hat über alles die Macht.
    »Was ist das?«, fragte Jergen.
    »Ein Abschiedsbrief. Ein Text aus dem Koran.« Die neunte Sure, wenn Wells sich recht erinnerte. Er steckte das Papier, Brieftasche und Schlüssel dorthin zurück, wo er sie gefunden hatte. Dann öffnete er die quietschenden Schranktüren, sah in die Spanplattenkommode, steckte den Kopf ins Bad und unter das Bett. Bis auf zwei Kakerlaken in der Badewanne und ein paar verstaubte Kondomverpackungen, die bestimmt schon vor Bernhards Ankunft dort gelegen hatten, fand er nichts.
    »Hat er irgendwas gesagt, als Sie ins Zimmer kamen?«, fragte Wells den Beamten, der die Aktion geleitet hatte. »Allahu akbar? Irgendetwas?«
    Der Beamte schüttelte den Kopf. »Hat sich einfach die Pistole in den Mund gesteckt und …«
    »Verstehe.«
    Als Wells und Jergen zum Haupteingang zurückkamen, fanden sie dort einen großen Mann im grauen Anzug vor. Er reichte Wells die Hand.
    »Mr Wells«, stellte er sich vor, »ich bin Gerhard Tobertal, stellvertretender Direktor des BND in Hamburg …«
    »Ja, Sie sind der Mann, der ihn verloren hat.« Wells beugte sich vor und starrte Tobertal direkt in die blauen Augen. »Ziehen Sie Ihre Männer ab. Alle.«
    »Wie bitte?«

    »Kapieren Sie denn gar nichts?« Wells wusste, dass seine Wut kontraproduktiv war, aber er konnte nicht anders. Erst Shafer und jetzt das hier. »Überwachung und Festnahme haben Sie ja gründlich verbockt. Soll CNN jetzt auch noch überall verbreiten, dass sich auf der Reeperbahn ein Terrorist erschossen hat, damit Bernhards Freunde auch sicher wissen, dass er tot ist?«
    »Mr Wells …«
    »Halten Sie die Sache geheim. Ziehen Sie Ihre Leute ab, und verbreiten Sie, ein namenloser Junkie habe eine Überdosis erwischt. Und wenn Sie sich sein Haus vornehmen, dann schnell und leise und mitten in der Nacht, falls Sie so was können. Vielleicht haben wir Glück, und die strikte Trennung zwischen den Gruppen sorgt dafür, dass seine Freunde erst ein paar Stunden später davon erfahren.«
    »Ihr Ton gefällt mir gar nicht. So können Sie mit mir nicht reden.«
    »Dann tun Sie Ihre Arbeit.« Wells wandte sich ab. Wenn er sich beeilte, erwischte er noch seine Maschine.

31
    Diesmal hatte Wells bei der Grenzkontrolle keine Probleme - ganz im Gegenteil. In Newark wartete eine Beamtin des Heimatschutzes auf ihn.
    »Hier entlang, Mr Wells«, sagte sie, als er als erster Passagier der Maschine aus der Fluggastbrücke kam.
    Sie führte ihn durch den verglasten ersten Stock oberhalb von Halle C, einen langen Korridor ohne Ausgänge, der den Ankunftsbereich für internationale Flüge mit der Zollkontrolle verband. Die Frau war jung und durchtrainiert, und Wells konnte ihr Tempo nur im Laufschritt mithalten. Er fühlte sich langsam und schwer. Ihm fehlte eine Nacht Schlaf - in Newark war es

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