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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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Fürsten von Bärenfels«, erklärte sie. »Die haben vor langer Zeit über dieses Land geherrscht, hat mir mein Vater erzählt. Das Zentrum ihrer Macht war die Burg, in der jetzt dein verrückter Onkel wohnt.«
    Fasziniert betrachtete Jonathan den steinernen Bären. War das die Gestalt gewesen, die er gesehen hatte? Plötzlich war er sich nicht mehr sicher. Immerhin, er hatte sein Ziel erreicht, er war in dem Haus in den östlichen Wäldern, dem Haus am Ende der Straße. Sosehr hatte er diesen Moment herbeigesehnt, sosehr darauf hingefiebert, Antworten zu bekommen, dass er plötzlich Angst vor dem bekam, was er finden würde.
    »Lass uns gehen«, sagte er.
    Dann betrat er den Korridor.

Elftes Kapitel
Das Tier
    Lautlos stiegen sie die Stufen zum Erdgeschoss hinauf und fanden sich in einer prächtigen Eingangshalle wieder, die eines Fürsten würdig war. Wo man hinsah weißer Marmor, Ornamente aus Rankenschlingen und kunstvoll gearbeitete Skulpturen von Nymphen, Zentauren, Satyrn, Basilisken und Einhörnern. An den Wänden hingen Gemälde von Männern und Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten, ebenso schön wie wehrhaft; sie alle trugen mit Zierwerk geschmückte Rüstungen, in den Händen hielten sie Schwerter und goldene Schlüssel – Insignien einer geheimnisvollen Macht, die Jonathan nicht verstand. Nur ein Detail kam ihm bekannt vor: das Eyn, das einige von ihnen offen trugen, andere eher verdeckt als Ring oder Haarschmuck. Wer waren diese Leute? Staunend ging er an den Bildern entlang und berührte sie mit dem Licht seiner Taschenlampe, ohne eine Antwort zu erhalten.
    An den Eingangsbereich schloss sich das Kaminzimmer an, in dem die hohen Herrschaften vor langer Zeit ihren Tee kredenzt bekommen hatten. Eine weitere, von geflügelten Sphinxen bewachte Tür führte in einen Saal. Mannshohe Spiegel an den Wänden reflektierten das Licht auf Wände aus Gold, die verschwenderisch waren in ihrer Pracht. Dieser Raum hatte in den letzten Jahren keinen Funken Licht gesehen. Jonathan vermochte sich nicht vorzustellen, wie es hier aussah, wenn die Fenster offen waren und die Sonne auf all das Gold traf. Staunend durchquerten sie den Saal und fanden eine weitere Treppe, die nach oben führte.
    »Sieht aus wie in einem Schloss«, flüsterte Eliane. »Und das alles gehört deiner Familie? Ihr müsst schwerreich gewesen sein.«
    »Ich bin nicht mal sicher, ob das Haus wirklich meinen Urgroßeltern gehört hat oder ob sie es nur bewohnen durften. Cornelius und Helena haben mir nie davon erzählt.«
    »Cornelius und Helena? Deine Eltern?«
    Jonathan nickte. Sie betraten einen langen, mit dunklen Teppichen ausgelegten Korridor. Die darunterliegenden Dielen knarzten. Das Geräusch war nur leise, aber in der Stille erschien es ihnen verräterisch laut. Sie spürten beide, dass es besser war, unauffällig zu bleiben. Jonathan sah zahllose geschlossene Türen auf beiden Seiten.
    »Der Gästetrakt«, vermutete Eliane.
    Jonathan öffnete eine Tür nach der anderen und fand kleine Zimmer mit Betten, Schränken und alten Schreibtischen, jedes ein wenig anders eingerichtet und mit besonderen Symbolen versehen, als ob sie zu Ehren hohen Besuchs umgestaltet worden waren. Er entdeckte Schwerter und Drachen, Löwen und Schlangen und viele andere Wappentiere, die er in dieser Form noch nie zuvor gesehen hatte. Ratlos wandte er sich an Eliane.
    »Scheint eine Art Versammlungsort gewesen zu sein.«
    »Willst du mal was wirklich Gruseliges hören?« Eliane trat ein wenig näher und sprach so leise, dass sie kaum zu verstehen war. »Die Betten sind gemacht, die Fenster geputzt, das Porzellan poliert … Alles ist sauber und ordentlich, nirgends liegt Staub. Nicht ein einziges Fitzelchen! Ich war mal im Haus eines Toten. Die Polizei hat ihn erst gefunden, als er bereits mumifiziert war. Ich war mit meinem Vater dort, als sie die Leiche abtransportiert haben. Sah ziemlich unheimlich aus: tote Insekten, Rattendreck, Mottenlöcher, all so was. Aber hier ist nichts davon. Wenn hier wirklich jahrelang kein Mensch war, wo ist dann der ganze Schmutz?«
    Jonathan sah sie überrascht an, bis ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Ein Schauer jagte ihm über den Rücken. Wollte sie damit andeuten, dass in dieser verschlossenen, von aller Welt vergessenen Ruine noch jemand wohnte?
    »Das ist unmöglich. Ich hab mir das Haus genau angesehen. Da gab es keinen Eingang. Es war alles verschlossen. Alle Fenster und Türen waren fest vernagelt. Von außen konnte

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