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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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Schilf und dann breitete sich wieder unheilverkündende Stille aus.
    » Vendulaaa … Jooosef!«, rief Frau Kličková immer verzweifelter, doch Vendula und Josef hörten sie nicht, sie pflügten die Wasseroberfläche ein paar hundert Meter weiter flussabwärts
    Vendula hielt immer noch das Heft der Tigerkrallen dicht über der Wasseroberfläche und genoss ihre Überlegenheit. So viel Macht hatte sie noch nie über Josef gehabt.
    »Na siehst du, es geht doch«, sagte sie zufrieden und Josef entschuldigte sich sogar dafür, dass in den letzten Ferien, die die beiden bei Onkel Toni in Chřást’any verbracht hatten, eine Schnecke Vendula in den Hintern gebissen hat.
    Sie war weiß Gott wie in ihr Bett im Dachgeschoss gelangt und Vendula war felsenfest davon überzeugt, dass Josef die Schnecke absichtlich auf sie angesetzt hatte. Und im Grunde hatte sie ja Recht.
    »Aber das ist noch nicht alles. Du musst mir noch versprechen, dass du die ganze Woche mein Diener sein wirst«, sagte Vendula und tauchte die Heftkante noch etwas tiefer ins Wasser.
    Das nennt man also Erpressung, dachte Josef und es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu nicken. Endlich gab ihm Vendula das Heft zurück und beide hörten eine vertraute Stimme: »Vendulaaa … Jooosef!«
    Frau Kličková hatte so kräftig geschrien, dass ihre Stimme bis zu den beiden und noch ein bisschen weiter drang.
    Josef schnappte sich die beiden Paddel, wendete das Boot, und nach einer Weile heftigen gegen den Strom Ruderns landeten sie an der Stelle am Ufer, an der eine völlig verzweifelte Frau Kličková stand.
    Es war schon weit nach Mittag und es nieselte, doch Herr Klička und Marta waren immer noch nicht zurück. Josef sammelte Reisig im Wald und machte ein Feuer am Ufer. Vendula und Frau Kličková brachten all das Essen zum Feuer, welches
die Schildkröte in der Zeit, in der sie alleine war, nicht aufgegessen hatte. Vor lauter Wut wurden alle noch hungriger und so blieb für Herrn Klička und Marta fast nichts mehr übrig. Sie hätten gar nicht erst wegfahren sollen, dachten Josef, Vendula und Frau Kličková gleichermaßen und starrten ins Feuer. Wo waren sie denn überhaupt? Und was machten sie dort so lange? Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, doch niemand sagte etwas. Nur von Zeit zu Zeit schauten sie einander betroffen an, doch dann senkte jeder schnell den Blick.
    Erst als es schon fast dunkel war, als Frau Kličková fast eine Stunde lang mit dem Rücken zu Josef und Vendula auf den dunkel flimmernden Flusses gestarrt hatte, hörte man vom Wald ein bekanntes Gelächter.
    »Hallo Leute! Wir dachten schon, wir finden euch nie wieder! «, stieß Marta fröhlich hervor, nachdem sie sich vom Fahrrad geschwungen hatte.
    Und auch Herr Klička wirkte äußerst heiter und es störte ihn überhaupt nicht, dass kein Essen für ihn übrig geblieben war. Beide waren so erfüllt von der abenteuerlichen Reise, dass ihnen gar nicht auffiel, dass Frau Kličková ganz rote Augen hatte. Aber die kamen wahrscheinlich vom Rauch des Lagerfeuers.

4

    Am Montag ging Josef das erste Mal zusammen mit Li in die Schule. Sie wartete auf ihn im Hof, als ob sie schon seit Ewigkeiten zusammen zur Schule gingen. Das gefiel Josef. Li trug eine blaue Spange im Haar und beim Gehen klackerten die Absätze ihrer Schuhe ein bisschen.
    Auf dem Weg erzählte ihr Josef, wie er im reißenden Fluss um das Geheime Heft der Tigerkrallen kämpfen musste und von der schrecklichen Übermacht, die er aber diesmal ganz allein bezwingen konnte, sodass er wieder im Besitz des Heftes war. Von dem erzwungenen Versprechen, dass er Vendula die ganze Woche dienen musste, erzählte er lieber nicht.
    Wo er gerade schon beim Übertreiben war, erzählte er sogar noch etwas von den Fischen mit den hungrigen Augen, die das Boot in Schwärmen umkreist hatten, und Li nickte nur mit dem Kopf, als ob alles, was ihr Josef so farbenprächtig
schilderte, ganz selbstverständlich wäre. Aber vielleicht hatte sie ihn nicht ganz verstanden und wollte nicht mit Fragen danach unterbrechen, was welches Wort bedeutet. Oder solche Raubfische, wie sie Josef beschrieb, waren in Vietnam ganz gewöhnlich, so wie in Tschechien Karpfen oder Äschen ganz gewöhnlich waren.
    Doch da kamen sie schon in der Schule an. Es läutete bereits und die letzten Verspäteten verschwanden in den Klassen. Josef und Li liefen schnell in die Umkleide der 5a. Doch nur Josef kam hinein. Und die Tigerkrallen. Helena Bajerová knallte nämlich Li

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