Judasbrut
Sowohl Verachtung als auch
verletzter Stolz waren deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.
»Vielleicht«,
räumte Maria ein. »Aber vielleicht auch nicht, und ich glaube einfach nicht,
dass Nina … «
»Du
glaubst es nicht?«, schrie Jens mit einem Mal zornig. »Was heißt hier, du
glaubst es nicht? Es ist völlig egal, was du glaubst! Siehst du nicht die
Tatsachen? Sie hat einen anderen, der ihr das Kind macht, dass sie sich immer
gewünscht hat, und mich lässt sie sitzen. Gott, war ich blöd!«
Mit
ihren Fingern tippte Maria auf dem Lenkrad herum und schwieg. Da es diesmal um
ihre Freundin ging und nicht um eine Person, mit der sie rein dienstlich zu tun
hatte, fiel es ihr besonders schwer, den Fall nüchtern zu betrachten. Kurz
fragte sie sich, ob es überhaupt richtig gewesen war, Jens alles zu sagen.
Als sie
vor dem Haus hielten, wandte sich Maria an Jens: »Frau Schad weiß noch nicht,
dass wir kommen. Ich habe nur gefragt, wie lange sie noch zu Hause ist, damit
ich sie noch einmal anrufen kann. Lass mich also mit ihr reden.«
Er
holte tief Luft. Dann nickte er. »Tut mir leid, dass ich so ausgeflippt bin.
Vielleicht … finden wir sie wenigstens.«
Bevor
sie ausstiegen, um bei Isabelle zu klingeln, nickte Maria ihm aufmunternd zu.
»Hallo
Frau Schad, ich bin Maria Ammon. Wir haben gerade telefoniert – wegen
Nina. Entschuldigen Sie, dass wir Sie überfallen, aber wir würden Sie gern
etwas fragen, das sich nicht am Telefon besprechen lässt.«
Isabelle
wirkte nicht besonders begeistert, erwiderte aber Marias Gruß und musterte
Jens, den Maria noch nicht vorgestellt hatte.
»Oh.
Kennen Sie sich?«, fragte Maria unvermittelt.
»Nein.
Hallo.« Freundlich streckte sie Jens die Hand entgegen, zeigte aber nicht die
Spur eines Wiedererkennens. Mechanisch drückte Jens ihre Hand, wobei er
ungläubig zu Maria sah.
»Hast
du etwa gedacht, ich lüge?«
Maria
hob abwehrend die Hand. »Nein, tut mir leid, aber ich … Berufskrankheit«, meinte sie leicht verlegen.
Verwirrt
sah Isabelle von einem zum anderen. »Was ist denn?«
»Das
hier ist Jens Langenbach. Er ist Ninas Mann – und
ich fürchte, wir haben ein Problem, bei dem wir Ihre Hilfe benötigen.«
» Sie sind Ninas Mann?«, entfuhr es Isabelle.
»Ich
sehe, Sie verstehen, was ich meine«. Maria zog ihre Dienstmarke hervor und
hielt sie der sichtlich sprachlosen Isabelle hin. »Ich bin nicht nur Ninas
Freundin, sondern auch bei der Kripo hier in Erlangen. Es ist alles ein wenig
komplizierter, als Sie vielleicht glauben. Mit ziemlicher Sicherheit ist Nina
seit gestern nicht mehr zu Hause gewesen und wir wissen im Moment nicht, wo sie
sich aufhält. Sie waren möglicherweise die Letzte, die sie gesehen hat.
Abgesehen von dem Mann, der gestern Nachmittag im Café war und nach dem wir nun
suchen.«
»Ja,
also … « Unsicher sah Isabelle zu Jens, denn sie ahnte natürlich gleich,
dass es hier um eine Beziehungskiste ging.
»Es
kann sein, dass es sich bei dem Mann gestern um einen Kriminellen handelt«,
sagte Jens unvermittelt, »und vielleicht hat der sie jetzt in seiner Gewalt.
Bitte helfen Sie uns.«
Überrascht
wandte Maria den Kopf. Ein geschickter Einfall, denn potenzielles Verbrechen
warf natürlich ein ganz anderes Licht auf die Sache als ein profaner Ehebruch.
»Oh
mein Gott! Ein Krimineller?« Entsetzt riss Isabelle die Augen auf. »Und jetzt
ist sie verschwunden? Was soll ich tun?«
Maria
lächelte. »Am besten erzählen Sie uns, was Sie wissen und versuchen den Mann zu
beschreiben. Dürfen wir vielleicht reinkommen?«
Sichtlich
nervös brachte Isabelle die beiden ins Wohnzimmer. »Es ist nicht aufgeräumt«,
entschuldigte sie sich. »Dauert es sehr lange? Vielleicht etwas zu trinken?
Wasser?«
»Wenn
es Ihnen nichts ausmacht.« Maria nahm auf einem Korbsessel Platz.
Während
Isabelle in der Küche verschwand, ging Jens unruhig im Raum herum. »Maria,
glaubst du wirklich, das hier ist eine gute Idee? Du bist schließlich nicht im
Dienst und ich auch nicht und … «
»Jens,
tu mir einen Gefallen und setz dich. Es geht um Nina! Wenn Gefahr im Verzug
ist, dann kümmert es mich einen feuchten Kehricht, ob ich im Dienst bin.«
In
diesem Moment kam Isabelle mit zwei Gläsern Wasser zurück.
»Gut,
Frau Schad. Gestern Nachmittag um halb vier trafen Sie sich mit Nina im Café.
Wann ungefähr kam der Mann dazu?«
»So um
viertel fünf. Ich weiß nicht genau. Nina ist aufgestanden, weil sie aufs Klo
musste und da kam dieser Mann
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