Judith
Judith klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihn. »Halte mich fest! « flehte sie. »Laß mich nicht allein! «
Sein Herz flog ihr zu, und er umschlang sie. »Nein, meine Süße. Niemals. «
Judith war für ihn immer eine leidenschaftlich Liebende gewesen, aber so wie jetzt hatte Gavin sie noch nie erlebt. Sie erwiderte seine Küsse voller Sehnsucht. Ungeduldig streifte sie den Mantel von den Schultern und preßte sich an Gavin. Es packte ihn wie ein Rausch.
Judiths kleine Hände schoben sich unter sein Hemd, und er keuchte, als sie ihn ins Gras stieß und sich auf ihn legte. Gavin hörte sie perlend lachen. »Jetzt bist du es, der ängstlich dreinschaut! « meinte sie.
In seinen Augen loderte die Flamme der Lust auf. Judith suchte hungrig seine Lippen, während Gavin ihre Hüften umklammerte und in sie eindrang. Ihre Körper erschauerten in höchster Ekstase.
»Wach auf, Judith! « flüsterte Gavin ihr ins Ohr. »Wir sollten wieder im Lager sein, ehe die anderen aufwachen und uns vermissen. «
»Ach, laß sie doch«, murmelte Judith und zog den Mantel enger um sich.
Gavin stand auf und sah auf sie nieder. Noch nie hatte er eine Nacht wie die vergangene erlebt. Wer war diese Frau, die er zur Gemahlin genommen hatte? Eine Verführerin, eine Frau, die ihr Mäntelchen immer nach dem Wind hängte? Die nur ihre Vorteile sah? Oder war sie so gut und freundlich, wie seine Brüder immer behaupteten? Was auch immer sie war, in Liebesdingen wurde sie zu einer Tigerin.
»Soll ich jemanden holen, der dir beim Ankleiden hilft? Joan vielleicht? « fragte Gavin.
Nun hatte er den gewünschten Erfolg. Judith schüttelte ihre Schlaftrunkenheit ab und setzte sich. Sie tat ein paar tiefe Atemzüge und gähnte. Dann reckte sie sich. Dabei rutschte die Decke von ihrer Schulter und entblößte eine ihrer Brüste.
»Himmel! « Gavin preßte die Lippen zusammen. »Deck dich wieder zu, oder ich kann nicht dafür garantieren, daß wir nach London kommen. «
Judith lächelte ihn strahlend an. »Ich würde viel lieber hierbleiben. Am Hofe wird es kaum so schön sein. «
Gavin lachte und wickelte sie in den Mantel. Dann hob er sie wieder auf seine Arme. »Laß uns gehen. Raine und Miles brechen heute auf, und ich möchte noch mit ihnen sprechen. «
Kaum eine Stunde später stand Judith zwischen Miles und Raine. Die beiden jungen Männer waren schon in Reisekleidung.
»Ich werde euch sehr vermissen«, meinte Judith. »Hoffentlich besucht ihr uns bald. «
»Nun einen Abschiedskuß«, bat Raine. Er hob Judith hoch und gab ihr einen Kuß auf die Wange.
Miles lachte seinen Bruder an. »Du weißt nicht, wie man mit einer Frau umgeht«, erklärte er. Dann zog er Judith in seine Arme, und sie bekam einen Kuß auf den Mund, der nichts brüderliches hatte.
»Du vergißt dich! « brummte eine ärgerliche Stimme hinter ihnen. Judith machte sich von Miles frei und wandte sich zu Gavin um, dessen Augen dunkel vor Zorn waren. Raine und Miles tauschten Blicke. Eifersucht hatten sie bei ihrem Bruder noch nie erlebt.
»Laß sie los, sonst zieht er sein Schwert«, warnte Raine.
Zum Trotz hielt Miles Judith noch einen Moment länger fest. »Sie wäre es wert, daß ich um sie kämpfe«, sagte er, als er die Arme sinken ließ.
»Vielleicht sehen wir uns Weihnachten wieder«, meinte Raine und schlug Gavin auf die Schulter. »Ich würde mir gern diese schottische Lady ansehen, die Stephen heiraten soll. «
Gavin zog Judith besitzergreifend zu sich heran. »Dann bis Weihnachten«, knurrte er.
Seine Brüder stiegen auf ihre Pferde und ritten los.
»Bist du wirklich ärgerlich auf sie? « wollte Judith wissen.
Er seufzte. »Ich kann nicht sehen, wie andere Männer dich anfassen — nicht einmal meine Brüder. «
Judith sah nachdenklich vor sich hin. »Weihnachten sind sie wieder bei uns. Dann ist mein Baby schon geboren. «
Das Kind. Gavins Kinn wurde kantig. An dieses Kind wollte er nicht denken, denn es war von seinem Feind. Sein Griff um Judiths Arm war fest, als er sagte: »Gehen wir ins Lager zurück. «
Wenig später brachen sie auf. Sie ritten den ganzen Tag und schlugen schon am frühen Abend ein Lager auf. Sie hatten keine Eile, London zu erreichen.
Gavin genoß diese Reise. Er fühlte sich Judith immer mehr verbunden. Sie führten lange Gespräche und erzählten sich gegenseitig von ihrer Kindheit.
Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als Gavin an einem Tisch in seinem Zelt saß, vor sich ein Rechnungsbuch. Dort war jeder Penny
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