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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Zeit des Vietnamkrieges und die Zeit von LSD, eine ziemlich explosive Mischung. Da musste man nichts Deutsches spielen, da gab es Deep Purple und die Doobie Brothers und James Brown, da war Schlagzeugsolo angesagt bei „Brazil“, das führte vor allem bei den Schwarzen zur Hochekstase.
    „Get up. Get on the scene. Like a sex machine“ Gerry Edmond und seine Männer spielten „Sex Machine“. Es pumpte den Schweiß aus den Körpern. Die wogten und wallten. Mitten auf der Bühne stand urplötzlich ein Mann. Den kannte man, es war der Chef des Etablissements und er brüllte. „Stopp! Sofort aufhören. Schluss“ Fragende Blicke.
Get Up.
„Das regt die Schwarzen zu sehr auf!“ Aha.
Like a sex ä mchin äää
und Schluss. Die Musik kam stolpernd zum Erliegen. Der Laden stand, die Amerikaner, drei Viertel voll. Schwarze Amerikaner. Standen schweigend. Und schauten stur geradeaus. Jürgen schaute sich hilfesuchend nach allen Seiten um. Die anderen Musiker schauten sich hilfesuchend nach allen Seiten um. Die berühmte Stecknadel fiel klirrend und tosend zu Boden. Es war die amerikanische Miltärpolizei, die ins
Metropol
stürmte. Die GIs setzten sich wieder. Ein fertiger Laden.
    Gerry Edmond hatte einen Cousin namens Henry Sobotka, der als angehender Drehbuchautor in Toronto arbeitete, „irgendwie“ in der Musikbranche tätig war und einen Bekannten hatte, der Artist and Repertoire Manager bei A & M Records war. Durch seine Vermittlung wurde die ganze Band im April 1976 zu einer Studiosession nach Toronto eingeladen. Gut, eingeladen ist wohl das falsche Wort. Fünf Stunden Studio waren frei, aber Flugtickets und Unterkunft mussten die Musiker selbst zahlen. Die Gagen in der Schweiz waren allerdings für damalige Verhältnisse wirklich fürstlich, jeder verdiente zwei- bis dreitausend Mark im Monat, dazu kamen freie Kost und Logis. Das Geld des letzten Monatsengagements ging drauf für die Tickets. Jürgen hatte beschlossen, die ganze Angelegenheit als Betriebsausflug zu betrachten, und das war auch gut so. Natürlich wollte niemand die beiden Demo-Songs haben, bei denen die österreichisch-deutschitalienisch-jugoslawische Kapelle ihren mehr oder weniger belanglosen Mainstream-Rock amerikanischer Machart in die kanadische Studiomikrofone ergossen hatte. Derlei Platten gab es in Toronto und Umgebung schon zwei oder drei damals.
    Was Jürgen und seinen alten Kumpel Christian vor allem interessierte, war die Young Street, der Amüsierboulevard Torontos schlechthin: Club neben Club, Restaurant neben Restaurant. Sie nahmen „Brian Augers Olivion Express“ im
El Mocambo
mit, der Laden war berühmt geworden als Schauplatz des angeblichen Techtelmechtels zwischen Margaret Trudeau, der Frau des kanadischen Premiers und Mick Jagger, dem Sänger einer englischen Beatgruppe. Nach elf war nach alter englischer Sitte immer Schicht. Aber irgendwo brannte für unsere Helden Jürgen und Christian auch dann noch ein Licht. Beispielsweise an einer Tür mit einem Schild mit der harmlosen Aufschrift „Mother Necessities Jazz Workshop“. Was konnte das nun wieder sein? Eintritt zahlen, hinsetzen ins angenehm warme Dusterlicht, „Hi there, you want some tea and cookies?“ „Of course …“
    Und da wurde Jazz gespielt. Von irrsinnigen Leuten, die einem diesen blödsinnigen Gesichtsausdruck verschaffen, bei dem das Kinn weit unten ist und bleibt. Solche Jazzclubszenen, wie man sie vielleicht aus Jack Kerouacs
On the Road
kannte, als Sal Paradise mit seinem Freund Dean Moriarty in diesem Laden sitzt, in dem der blinde Pianist George Shearing sein Ding durchzieht. Jürgen schaute begeistert dem schwarzen, buckligen Schlagzeuger Joe Brown zu. Der aber sprach am Ende eines Sets die magischen sieben Worte: „Is there a drummer in the house?“ Jürgen fühlte sich schon leicht angesprochen, als Joe Brown hinzufügte: „’cause I’m a little bit tired.“ Christian schaute seinen Kumpel mit einer Mischung aus Respekt und panischer Angst an und zischte ihm zu: „Du wirst doch nicht etwa …“ Natürlich würde er. Das war dann eben die seitlich offene Zappel-Skala mit frei oszillierender Stärke. Und Besen. Igitt. Nie zuvor hatte er Besen in der Hand gehabt. „Scheiß drauf“, dachte er sich und run-kelte eine halbe Stunde lang durch die wundersame Welt des Jazz, bis Joe Brown wiederkam, sich herzlich bedankte und sagte, vielen Dank, und er sei jetzt nicht mehr müde.
    Kurz nach dem kanadischen Betriebsausflug beendete Jürgen das

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