Julia Collection Band 62
Armlänge von sich fort. Ihre Augen schimmerten dunkel vor Verlangen.
„Ich dachte …“ Plötzlich wirkte sie unsicher. Ihr Mund war rosig und geschwollen. Kein Wunder. Auch seine Lippen fühlten sich halb taub an.
Wie in aller Welt sollte er das jetzt erklären, ohne sie zu verletzen, ohne weiteres Salz in die Wunden zu streuen, die Rose gerissen hatte?
Wie wäre es mit der Wahrheit?
Es tut mir leid, Suzanne. Ich will dich auch, aber es hat sich leider gerade dummerweise mein Gewissen zu Wort gemeldet. Ich werde nicht diesen Weg gehen, um dich dahin zu kriegen, wo ich dich brauche. Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Ich werde warten, bis dein Herz vollkommen mir gehört, bevor ich deinen Körper genieße.
Auf einmal hasste er sich selbst. Hasste auch sein Land. Verzweifelt sehnte er sich nach einer Zeit, als er wie Jodie und ihr Vater gedacht hatte, dass er einer sechshundertjährigen Familiengeschichte den Rücken kehren könne. Doch vor vier Jahren war ihm klar geworden, dass das für ihn nicht möglich sein würde.
„Stephen?“, sagte sie unsicher.
„Es tut mir leid. Es ist nicht dein Fehler.“
„Das habe ich auch nicht geglaubt“, entgegnete sie schnell. Dann fügte sie ehrlicher hinzu: „Zumindest wollte ich das nicht glauben. Es liegt offensichtlich an dir, und ich möchte gerne wissen, warum.“
„Es … es ist zu früh.“ Er klang wie eine errötende viktorianische Braut. Er hätte sich nicht gewundert, wenn sie laut losgelacht hätte.
Doch das tat sie nicht. Stattdessen wandten sich ihre Selbstzweifel in eine andere Richtung, so wie einer von Roses Angriffen. „Ich … Vielleicht denkst du, dass amerikanische Frauen viel zu …“
„Was? Zu offen bezüglich ihres Körpers und ihrer Bedürfnisse sind? Das darfst du nicht denken.“
Er fühlte sich blockiert durch seinen Drang, ihr alles erklären zu wollen, denn es handelte sich mehr um eine Frage des Gewissens als des Geschlechts.
Wieder einmal verstecke ich mich hinter einfachen Äußerungen, von denen ich weiß, dass sie sie akzeptiert. Wieder einmal lüge ich sie an …
„Also gut.“ Sie nickte und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper, sodass ihre Brüste leicht angehoben wurden. „Dann gute Nacht, Stephen.“
„Gute Nacht.“ Doch das reichte nicht. Er musste ihr mehr als das bieten, und diesmal etwas Gutes und Sicheres, ohne doppelte Bedeutung. „Morgen gehen wir für Alice einkaufen, ja?“
Er bekam sofort seine Belohnung, denn sie lächelte ihn an – verschmitzt und so voller Freude, dass sie schöner war als jemals zuvor. „Dann wirst du tatsächlich einiges über die Bedürfnisse einer amerikanischen Frau erfahren! Wenn sie einkaufen geht!“
„Ich kann es gar nicht abwarten“, antwortete er und stellte dabei fest, dass er es genauso meinte.
6. KAPITEL
„Ich mag Frauen mit Abenteuerlust im Blut“, kommentierte Stephen ihren Ausflug am nächsten Tag. Sie waren schon seit mehreren Stunden dabei, für Alice einzukaufen. „Dir gefallen neue Sachen.“
Suzanne wurde rot. Bislang hatte sie so sorgsam für Alices Entlassung gespart, doch als Stephen darauf bestand, seinen Anteil beizusteuern, war das Budget um einiges größer geworden.
Achtung! Macht Platz. Hier kommt eine Frau mit der Absicht, Geld unter die Leute zu bringen!
„Du bringst mich dazu, dieses Baby mit Geschenken zu überschütten“, warf sie ihm vor.
„Wir brauchen etwas, um dieses Apartment zu füllen.“
„Und das Mobile?“
„Du kannst es an der Seite ihrer Wiege anbringen, siehst du? Und dieses Kleidchen? Das ist doch wie für eine Prinzessin gemacht!“
„Für mich ist sie immer eine Prinzessin gewesen.“ Suzanne presste ein kleines rosafarbenes Spitzenkleidchen an ihre Wange und konnte es kaum abwarten, ihre Nichte endlich im Arm zu halten. „Die Formalitäten interessieren mich überhaupt nicht, und ich bin froh, dass das auch nicht mehr wichtig ist.“
„Wieso das?“
„Nun, wäre es nicht furchtbar, wenn sie von den Paparazzi verfolgt aufwachsen müsste, so wie die Fürstenfamilie in Monaco, und niemals die Chance gehabt hätte, eine normale Kindheit zu verbringen?“
Er nickte kurz. „Natürlich. Aber so ist es nicht in Aragovia. Ich würde das auch niemals erlauben.“
Stephen klang kühl, und sie warf ihm einen neugierigen Blick zu, denn es überraschte sie, dass er sich offensichtlich angegriffen fühlte. „Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich rasch. „Das sollte keine Kritik an dir
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