Julia Extra 0353
stellte fest, dass sie nicht genügend Bargeld dabeihatte, um außer Landes zu kommen. Die Kreditkarte hatte sie in ihrem Hotelzimmer in Palm Beach gelassen. Als letzter Ausweg blieb nur ihr Vater – er musste ihr Geld überweisen.
Vergeblich suchte sie in der Manteltasche nach dem Handy. Dann schaute sie in ihren Koffer. Fehlanzeige. Sie hatte es entweder im Schloss vergessen oder unterwegs verloren.
Bei der Vorstellung, dorthin zurückzukehren und womöglich Zale zu begegnen, wurde ihr weh ums Herz.
Gestern hatte sie sich wie Aschenputtel auf dem Ball gefühlt – wie die schöne Prinzessin, die mit dem stattlichen König tanzt. Und wie in dem Märchen war sie heute wieder ein Niemand. Ja, man hatte sie sogar aus dem Palast geworfen.
Traurig schloss sie den Koffer und kehrte auf den Bahnhofsplatz zurück.
Wenn doch bloß eine gute Fee käme und mit dem Zauberstab dafür sorgte, dass alles gut würde!
Aber gute Feen gab es nur im Märchen. Im wahren Leben mussten Frauen wie Hannah Smith selbst mit ihren Problemen fertig werden.
Sie hob den Kopf und entdeckte auf der anderen Seite des Bahnhofsplatzes ein einfaches Hotel.
Die Frau am Empfang schien geradezu auf sie gewartet zu haben. Freundlich nahm sie ihre Daten auf und führte sie in ein sauberes kleines Zimmer.
Als Hannah ihr erklärte, sie müsse ein R-Gespräch in die USA führen, gab die Frau ihr lächelnd das eigene Handy. Hannah versuchte zweimal, ihren Vater ans Telefon zu bekommen, erreichte aber nur den Anrufbeantworter.
Ob sie es wollte oder nicht – sie hing für mindestens einen weiteren Tag in Raguva fest.
In den ersten vierundzwanzig Stunden nach Hannahs Fortgehen sann Zale nur auf Rache. Sie sollte genauso leiden wie er.
Am zweiten Tag war er immer noch wütend. Aber wann immer er an sie dachte, verspürte er eine seltsame Sehnsucht.
Wieso dachte er überhaupt noch an sie? Wieso begehrte er sie noch immer? Eigentlich hätte er sie hassen sollen.
Stattdessen liebte er sie.
Aber sie war fort. Und er würde ihr niemals vergeben.
Am dritten Tag erwachte er noch wütender als am Morgen zuvor.
Er würde sie finden und sie für das zahlen lassen, was sie ihm angetan hatte.
Den ganzen Vormittag brachte er vergeblich damit zu, herauszufinden, wo sie sich aufhielt. Mittags wandte er sich an seinen Butler. Und siehe da – dieser kannte die Antwort. „Im Bahnhofshotel, Majestät. Sie ist dort unter dem Namen Hannah Smith abgestiegen.“
Zale versuchte, seine Verwirrung zu verbergen. „Woher wissen Sie das?“
„Ihre Hoheit fällt eben auf. Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet.“
„Warum hat mir niemand etwas gesagt?“
„Weil jeder weiß, wie unglücklich Sie ihretwegen sind.“
„Kennt auch jeder den Grund dafür?“
Der Butler zuckte die Schultern. „Ein Streit zwischen Liebenden. Aber alle hoffen, dass Sie ihr verzeihen und die Hochzeit doch noch stattfinden kann.“
„Sie kennen doch die Wahrheit. Sie ist nicht Emmeline d’Arcy, sondern eine amerikanische Hochstaplerin.“
„Ja, Majestät.“
Zale dachte kurz nach. „Bitte machen Sie alles für eine Ausfahrt bereit.“
Eine halbe Stunde später erschien Zale mitsamt seiner Leibgarde vor dem Bahnhofshotel. Eigentlich wäre er lieber allein gekommen, aber er musste sich ans Protokoll halten und an seine Sicherheit denken.
Zale wartete in dem gepanzerten Wagen, während seine Wachleute das Hotel absicherten. Erst dann konnte er hinein.
Die Frau am Empfang begrüßte ihn überschwänglich, bevor sie ihn und vier seiner Leute zu Hannahs Zimmer im ersten Stock führte.
Erst beim zweiten Klopfen öffnete sie die Tür einen winzigen Spalt. Das Haar war zerzaust, das Gesicht blass, und die Augen hatten dunkle Ränder. Im Zimmer war es dunkel, obwohl draußen heller Tag war.
Sie blinzelte verschlafen. „Was machst du hier?“
„Das weiß ich auch nicht“, antwortete er grimmig und fügte etwas freundlicher hinzu: „Darf ich eintreten? Der Hotelflur ist für ein Gespräch unter vier Augen nicht gerade geeignet.“
Sie nickte. „Komm herein.“
Während die Leibgarde in der Hotellobby wartete, zog Hannah die Jalousien hoch und machte das Bett.
Zale sah sich im Zimmer um. Die Einrichtung war spartanisch, aber neben dem Bett stand eine Vase mit einem Strauß Veilchen. „Warum bist du immer noch hier?“
Der scharfe Tonfall ließ sie zusammenzucken. „Weil ich kein Geld für eine Fahrkarte habe.“
„Du hättest zu mir kommen sollen.“
„Und
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