Julia Extra 360
er ihren Duft witterte. Gisele sah, wie seine Augen dunkler wurden und ihren Blick festhielten. „Fühlst du dich etwas besser?“
„Ja.“ Sie nahm einen großen Schluck, hoffte, so ihre Nerven zu beruhigen.
„Warum hast du deine Sachen nicht in meinem Schlafzimmer eingeräumt, wie ich dich gebeten hatte?“
Sie hielt ihr Glas fester. „Du kannst mich nicht zwingen, in deinem Bett zu schlafen. Ich brauche mehr Zeit.“
„Gefällt dir die neue Einrichtung nicht?“
„Du hast weder Geld noch Mühe gespart, um jede Spur von mir auszuradieren, nicht wahr?“ Der Anflug von Verbitterung war in ihrer Stimme zu hören.
Seine Miene verriet nichts. „Es wurde Zeit für eine Änderung.“
„Raus mit dem Alten, rein mit dem Neuen.“ Sie warf ihm einen zynischen Seitenblick zu. „Gefällt der Look deinen neuen Freundinnen?“
Eine Falte erschien auf seiner Stirn. „Wenn es dir nicht gefällt, können wir uns auch ein anderes Zimmer wählen. Aber du wirst mit mir in einem Bett schlafen, Gisele. Ich werde nicht zulassen, dass Gerüchte aufkommen.“
„Wie schnell hast du Ersatz für mich gefunden?“
Ein Muskel in seiner Wange zuckte. „Gisele, das hilft uns nicht weiter.“
„Wie viele waren es?“
„Dasselbe könnte ich dich fragen.“
„Mach nur, frag ruhig“, forderte sie ihn heraus.
Der Muskel zuckte deutlicher. „Na schön. Also? Wie viele Liebhaber hattest du nach mir?“
Sie wünschte, sie hätte ihn nicht provoziert. Sollte sie lügen und eine ganze Armee erfinden, um ihn zu verletzen? Vermutlich würde er sie so oder so durchschauen. Hatte sie ihm nicht schon genügend Beweise geliefert, dass sie ihn längst nicht vergessen hatte? „Keinen“, gestand sie nach einer drückenden kleinen Pause. „Aber deute das nicht falsch“, fügte sie sofort hinzu. „Gelegenheiten hatte ich genug, ich hatte nur keine Lust, mich auf eine Beziehung einzulassen.“
Er stellte sich wieder ans Fenster, mit dem Rücken zu ihr. Lange schwieg er, dann: „Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagte, dass ich daran gedacht habe, dich anzurufen, noch bevor die Presse über Sienna berichtete?“
Giseles Herz setzte einen Schlag lang aus. „Wieso?“
Er drehte sich zu ihr um. „Ich weiß nicht genau“, antwortete er rau. „Wahrscheinlich wollte ich herausfinden, ob es dir besser erging als mir.“
„Was meinst du?“
„Es ist nicht gut, wenn man Ärger und Verbitterung mit sich herumträgt“, begann er. „Ich war es leid, wütend zu sein. Zwei Jahre lang fraß die Wut mich auf, jeder Gedanke war von ihr beherrscht. Ich kam an den Punkt, wo ich sie abschütteln und mit meinem Leben weitermachen wollte. Ich dachte, wenn ich eine Antwort von dir bekomme, warum du mich betrogen hast, würde es vielleicht helfen.“
„Nur dass ich dich gar nicht betrogen habe.“
Er seufzte schwer. „Nein, das hast du nicht. Damit muss ich jetzt leben. Ich habe einen Fehler begangen. Das ist neu für mich. Ich irre mich eigentlich nie.“
Gisele starrte in ihr Glas. Was er über Ärger und Verbitterung sagte, die man mit sich herumtrug … Der Ärger hatte wie Säure an ihr genagt. Nagte noch immer an ihr, ließ sie nachts keinen Schlaf finden … Aber noch war sie nicht bereit, ihn hinter sich zu lassen.
Marietta erschien mit der Ankündigung, dass das Essen serviert sei. Und so folgte Gisele Emilio in das Esszimmer, in dem der Tisch für ein romantisches Dinner für zwei gedeckt war. Rosen aus dem Garten verströmten ihren Duft, Kerzenflammen wurden flackernd von schimmerndem Lack reflektiert. Wie oft hatte Gisele sich früher mit Emilio an den Tisch gesetzt, ihn von ihrer Seite aus angesehen und darüber nachgedacht, wie schön es erst sein würde, wenn Kinder die anderen Stühle besetzten? Doch das war lange her. Der Traum war ausgeträumt. Es würde keine glückliche Familie für sie geben.
Emilio hielt ihr den Stuhl, bevor er sich auf seinen Platz setzte. „Ich habe an deinen Laden denken müssen“, sagte er. „Lässt du die Stickereien außer Haus erledigen?“
„Nein, die mache ich alle selbst“, antwortete sie. „Ich übernehme gern Aufträge. So erhalten die Kunden etwas ganz Persönliches und Einzigartiges.“
Er schenkte Wein nach. „Aber wenn die Nachfrage steigt, wirst du das Pensum sicherlich nicht allein erfüllen können.“
„Ich komme gut zurecht und halte meine Termine.“
„Mag sein, aber wenn das Geschäft auch hier anläuft, wirst du nicht mehr nachkommen. Du wirst Arbeit
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