Julia Extra Band 0198
sich nur bis zu den Knöcheln ins Wasser, und selbst da verspürte sie Herzstiche, denn das Wasser war eiskalt. Dabei war ihr eigentlich reichlich warm, hatte sie doch schon eine ganze Weile mit einem unglaublich aktiven Dreijährigen am Strand entlang Fangen gespielt. An dem Strand war nur wenig los; lediglich hin und wieder kam ein Jogger oder jemand mit seinem Hund des Wegs.
“Nun, macht’s Spaß?” Josh packte Flora beim Arm, hob sie hoch und schwang sie im Kreis herum, bevor er sie wieder auf dem Boden absetzte. “Oder würde es dich jetzt gerade viel mehr danach gelüsten, dich in der Karibik in der Sonne zu aalen?”
Das Einzige, wonach es mich jetzt gerade gelüsten würde, wäre er, beantwortete sie die Frage im Stillen. “Die karibische Sonne ist auch nicht zu verachten, das gebe ich zu, aber ganz ehrlich möchte ich sie um keinen Preis dagegen tauschen, hier zu sein mit dir und Liam.”
Josh wollte sie gerade geschmeichelt anlächeln, doch da geriet er in Aufruhr. “Herrje, Liam!” Mit ausgestrecktem Arm deutete er in Richtung Wasser. Der Kleine lief munter und zielstrebig ins kühle Nass. “Man kann ihn wirklich keine Sekunde aus den Augen lassen!” Josh rannte los in Richtung Wasser.
Flora lief hinterher, konnte mit seinen langen Beinen aber nicht Schritt halten. Als sie endlich an dem Streifen mit hartem nassem Sand angekommen war, wo der Sand gewellt war, da kurze Zeit zuvor das Wasser bei Ebbe zurückgetreten war, kamen Josh und sein Sohn ihr bereits wieder entgegen. “Der kleine Kerl kennt überhaupt keine Angst”, wunderte sich Josh, nicht ganz ohne Vaterstolz.
Flora empfing die beiden mit einem Lachen.
“Findest du das lustig?”, brummte Josh.
“Nun, es ist ja alles gut gegangen”, rechtfertigte sie ihr Lachen. “Außerdem muss ich gerade besonders über dich lachen.”
“Aha, bestimmt weil ich pitschnass bin.” Josh schaute hinunter auf seine Hosen aus Moleskin. “Englischleder liebt solch eine Badeinlage nicht besonders.”
“Aber das wird
dir
doch bestimmt keine schlaflose Nacht bereiten.” Josh war nach Floras Einschätzung kein Mann, der auf elegantes Aussehen größeren Wert legte. Doch sah er in seiner unauffälligen legeren Kleidung tausendmal attraktiver aus als die meisten Männer in noch so schicken Anzügen! Sie konnte sich ihre Freundinnen vorstellen, wie sie bestimmt ausnahmslos schwach werden würden, wenn sie diesen Mann jetzt sähen, mit seinem vom Wind leicht zerzausten dunklen Haar und diesen wassergetränkten Hosen, die wie eine zweite Haut an seinen muskulösen Hüften klebten.
Flora zog ihre Fleecejacke aus und hängte sie dem kleinen Jungen um, der gerade ein wenig bibberte. Auch Flora spürte jetzt, da sie nur noch ein dünnes Shirt trug, den frischen Wind.
Gemeinsam machten die drei sich keuchend auf den Weg den Strand hinauf, doch Liam war längst nicht zum Heimgehen bereit. “Schwimmen!”, rief er laut und sah bockig seinen Vater an.
“Später wieder, Liam.”
“Jetzt schwimmen!”, rief er, diesmal noch lauter; dabei zerrte er an der Hand seines Vaters.
Der aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schien die Zornesausbrüche des Juniors schon zu kennen. Unbeirrt hob Josh ihn hoch, setzte ihn auf seine Schultern und schritt voran in Richtung seines Geländewagens, den er hinter einem Dünenstreifen, welcher Strand von Straße trennte, auf dem Seitenstreifen geparkt hatte. “Ich glaube, Liam macht gerade die Trotzphase durch”, meinte er ganz abgeklärt zu Flora.
“Ich glaube, vor allem ist er gerade müde; er kann ja kaum noch die Augen offen halten.”
“Er wird aber schon versuchen, wach zu bleiben”, meinte Josh, derweil er dem Kleinen im Wagen, begleitet von einigem Geschrei, die Hosen wechselte, ihn dann in den Kindersitz setzte und anschnallte. “Er kann stur sein wie ein Esel.”
“Von wem er das wohl hat …?”, konnte Flora sich nicht verkneifen, spöttisch zu fragen. Doch schon im nächsten Augenblick wurde ihr ganz wehmütig zumute, als sie nämlich daran denken musste, dass sie wohl nie erleben würde, wie ein Kind von ihr und Josh wohl geartet sein würde. Doch sie bemühte sich, diesen dunklen Gedanken ganz schnell zu verdrängen. Der Tag war so herrlich, sie wollte sich ihn um keinen Preis verderben lassen. Konzentrier dich darauf, was du hast und nicht, was du nicht haben kannst, rief ihre innere Stimme ihr mahnend zu.
Josh und Flora stiegen vorn im Wagen ein und ließen Liam auf dem hinteren Sitz
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