Julia Extra Band 0258
der Tür hörte. Sie stöhnte innerlich.
Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und horchte erneut. Ja, da war schon wieder ein Kichern.
Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt und sah Eric und Tilly mit fröhlich funkelnden Augen im Flur kauern. „Verschwindet, ihr zwei.“
„Bill sagt, du hast einen Mann da drinnen“, trompetete Tilly. „Das geht euch gar nichts an. Nun macht, dass ihr weiterkommt.“
Eric stieß gegen die Tür, so als wolle er sie gewaltsam öffnen, aber Jo blockierte sie mit ihrer Hüfte.
„Ist er dein Freund?“, hakte Tilly nach.
„Nein, natürlich nicht. Jetzt sucht endlich das Weite, alle beide!“
Mit flammend rotem Gesicht schlüpfte Jo wieder durch den Spalt, knallte die Tür zu und verriegelte sie. Verlegen rollte sie mit den Augen, während sie es kaum wagte, zu Hugh hinüberzusehen. Als sie es doch tat, erkannte sie, dass er mit den Händen in den Hosentaschen in der Mitte des Raumes stand und sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Belustigung und Ungeduld zeigte.
„Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar“, sagte er und verkniff sich höflicherweise eine Bemerkung über das Verhalten ihrer Geschwister, „aber ich mache mich jetzt besser auf den Weg.“
„Ja, natürlich“, entgegnete sie. „Nehmen Sie das Einhorn?“
„Sind Sie sicher, dass Sie darauf verzichten können?“
„Absolut. Im Moment hätte ich nichts dagegen, wenn Sie alle Geschenke nehmen. Es könnte sein, dass ich meine Familieenterbe.“
Er warf ihr ein breites Lächeln zu. „Das Einhorn genügt, vielen Dank.“
Jo steckte das Stofftier in eine rote Plastiktüte und reichte sie ihm. „Gern geschehen.“
Während sie die anderen Sachen hastig wieder im Koffer verstaute und den Deckel schloss, griff Hugh erneut nach seiner Brieftasche.
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Lassen Sie Ihr Geld bitte stecken. Es ist für Ivy.“ Rasch öffnete sie die Tür.
„Ich bin Ihnen wirklich unheimlich dankbar“, sagte Hugh. „Hätten Sie mir nicht geholfen, wäre ich in Agate Downs ohne ein passendes Geschenk aufgetaucht.“
Sein Lächeln und sein Geständnis mit dieser tiefen, wohl modulierten Stimme hatten eine seltsame Wirkung auf Jo. Am liebsten hätte sie die Tür wieder verriegelt, sodass er nicht gehen konnte.
„Nun“, sie schob diese Albernheiten beiseite und bediente sich wieder eines rein geschäftsmäßigen Tonfalls. „Ich sollte Sie nicht länger aufhalten, Mr. Stratland. Ich bin sicher, Sie wollen sich auf den Weg machen, und ich sollte Bill im Laden ablösen.“
Daraufhin beeilte er sich zu gehen. Nachdem er sich noch einmal bedankt hatte, verabschiedete er sich und stürzte in Rekordzeit aus der Tür.
Er stieg in seinen Wagen und brauste in derselben Geschwindigkeit davon, mit der er gekommen war.
Und Jo fühlte sich seltsam beraubt.
Sie würde ihn nie wiedersehen …
2. KAPITEL
Bindi Creek erlebte seinen Last-Minute-Weihnachtskaufrausch, kurz nachdem Hugh gegangen war. Plötzlich schien sich jeder in der Stadt und der gesamten Umgebung daran zu erinnern, dass der Laden für die nächsten zwei Tage geschlossen sein würde und man unbedingt noch verschiedene Dingefür die Feiertage brauchte.
Vermutlich war es Paranoia, aber Jo hatte den Eindruck, dass einige nur deshalb ins Geschäft kamen, um sie auszuhorchen. Zumindest zwei der Frauen aus der Stadt deuteten ziemlich platt an, dass sie von Hilda Bligh alles über Jos speziellen Kunden gehört hatten. Eine der beiden behauptete sogar, sie hätte gehört, die Martens würden die Ankunft von Ivys Vater erwarten.
Jo tat so, als habe sie keine Ahnung, von wem die Rede war. Brad und Nick, zwei ihrer Brüder, die auf einer Viehranch weiter westlich arbeiteten, kamen gegen acht zu Hause an. Sie tauchten im Laden auf, begrüßten ihre Schwester mit Umarmungen und einem herzhaften Klaps auf den Rücken, blieben für etwa zehn Minuten und tauschten Neuigkeiten aus. Dann gingen sie zurück ins Haus, um das Essen zu verschlingen, das ihre Mutter ihnen aufgewärmt hatte.
Als es endlich an der Zeit war, das Geschäft zu schließen, war Jo ganz schön müde. Nachdem sie die Tür abgesperrt hatte, blieb sie einen Moment stehen und schaute auf die Straße hinaus.
Was jetzt wohl die kleine Ivy in Agate Downs gerade machte? Hatte sie ihr Geschenk bekommen? Gefiel ihr das lavendelfarbene Einhorn? Für einen Moment gestattete Jo es sich, über die mysteriöse Verbindung von Hugh Stratland und dem Kind nachzudenken. Doch das erzeugte einen
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