JULIA EXTRA BAND 0263
bemühte sich um etwas Kontrolle über seinen erregten Körper.
Kaltes Wasser war die traditionelle Methode. Er zog sich aus und nahm eine eisige Dusche, dann machte er, mit dem Handtuch um die Hüften geschlungen, zwanzig Liegestütze. Es half nichts. Während er sich anzog, biss er die Zähne zusammen, weil das Feuer noch immer sein Blut erhitzte.
Er musste ja wie ein Tier klingen! Er fühlte sich jedenfalls so …
Und vor etwa zwanzig Minuten hatte er Lisette gesagt, dass er sofort zu ihr nach unten kommen würde. Was würde sie davon halten, dass er bis jetzt noch nicht aufgetaucht war?
Während er die Treppe hinuntereilte, war ihre Stimme das Erste, was er hörte, doch er erkannte sie kaum wieder. Sie schrie. Der Lärm kam aus dem Salon, sodass er in diese Richtung eilte und ein peitschenartiges Geräusch genau in dem Moment wahrnahm, als er durch die großen Flügeltüren trat.
Pia saß am Piano. Ein Blick auf ihre rote Wange genügte, um Gino zu sagen, was dieses hässliche Geräusch verursacht hatte – Lisette hatte seine Tochter mitten ins Gesicht geschlagen.
Er war so schockiert, dass er wie angewurzelt stehen blieb.
Lisette wirkte wie auf frischer Tat ertappt. Ihre Augen funkelten wütend, doch sie begann sofort, sich zu verteidigen. „Sie hat behauptet, dass sie ‚übt‘, Gino, aber ganz ehrlich, es war nur Krach – lauter, lauter Krach. Ich habe furchtbare Kopfschmerzen, und sie hat nicht aufgehört, als ich sie darum gebeten habe.“
„Und da hast du sie geschlagen.“ Pia hatte jetzt natürlich aufgehört zu üben.
„Ein Kind braucht Disziplin.“
„Mitten ins Gesicht. Es hat durch den ganzen Raum gehallt.“
„Es war ein bisschen härter, als ich beabsichtigt hatte.“
Gino sah, dass seine Tochter sich darum bemühte, nicht zu weinen. Nein, sie bemühte sich darum, Luft zu bekommen. Er stürzte vor und nahm sie in seine Arme. Ihr Körper fühlte sich vollkommen verkrampft an.
„Fahr zurück nach Rom, Lisette“, sagte er über Pias Kopf hinweg.
„Es tut mir leid. Ich habe die Beherrschung verloren.“
„Du bist keine überarbeitete zwanzigjährige Nanny, die ständig ans Haus gebunden ist, oder eine alleinerziehende Mutter, die sich fünfzehn Stunden am Tag mit einer lärmenden Brut rumschlagen muss. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass du die Beherrschung verloren hast. Auch deine Kopfschmerzen sind keine Erklärung. Nicht, wenn wir alle uns seit Monaten solche Mühe mit Pia geben. Nicht, wenn Roxanna in zweieinhalb Wochen mehr für sie getan hat als Miss Cassidy in vier Jahren. Weine, Schätzchen“, sagte er zu seiner Tochter. „Weine ruhig.“
Es war wohl der einzige Weg, wie sie wieder normal atmen konnte.
Er fühlte das Schluchzen, das ihren ganzen Körper erfasste, und machte sich auf die ohrenbetäubenden Schreie gefasst, die bald kamen. Zum ersten Mal in Pias Leben war er für das Geräusch dankbar und agierte rein instinktiv. Er wiegte sie sanft in seinen Armen, sprach beruhigend auf sie ein und wartete geduldig ab, bis sie von allein wieder zur Ruhe kam.
Die Liebe für seine kleine Tochter durchströmte ihn wie eine riesige Welle, und sie war das Beste, was er je gefühlt hatte. Wäre er ohne Roxanna je an diesen Punkt gekommen? Er konnte sie nicht nach Hause fliegen lassen, ohne ihr zu sagen, wie dankbar er ihr war.
„Ich soll nach Rom zurückkehren, Gino?“, fragte Lisette kleinlaut und lächelte zaghaft. „Willst du das wirklich?“
„Ja. Wir brauchen einander nicht. Nicht in der Art, wie du es gestern beim Lunch angedeutet hast. Ich habe es nicht eine Sekunde ernsthaft in Betracht gezogen, und das hätte ich dir auch sofort sagen sollen. Du bist Angeles Schwester und Pias Tante, aber mehr nicht, und gerade in diesem Moment …“ Er schüttelte den Kopf, denn er wollte keine Kluft aufreißen, die später nicht mehr zu überbrücken war. „Hole Nicoletta und fahr einfach zurück nach Rom.“
Sie biss sich auf die Lippe. „Es tut mir wirklich leid. Ich bin kein geduldiger Mensch. Ich – ich habe mich falsch verhalten, und das bedauere ich sehr.“
„Ich weiß, dass es dir leid tut“, entgegnete Gino. „Aber ich will trotzdem, dass du nach Rom zurückfährst.“
„Ich dachte, dass Lisette und Nicoletta noch länger bleiben wollten“, sagte Francesco beim Dinner.
Marias Hühnchen Cacciatore war umwerfend wie immer, aber Gino war der Appetit vergangen, und er wusste, dass Maria enttäuscht sein würde.
„Hat es irgendetwas mit dem
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