JULIA EXTRA BAND 0273
überzeugt, dass unser Arbeitsverhältnis für seine gesamte Dauer von Ehrlichkeit und Direktheit geprägt sein wird“, antwortete Charles Gray.
Miles hustete, dann nickte er schweigend und machte sich eilig davon, wobei seine Schuhe auf dem Marmorboden quietschten. Mit zusammengekniffenen Augen blickte Myra Daniels ihm nach.
Laurel versuchte, den Gesichtsausdruck der älteren Frau zu deuten. Doch als diese sie nur aufmunternd anlächelte und fast unmerklich nickte, wandte Laurel ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Arbeitgeber zu.
„Das freut mich“, erwiderte sie. „Es klingt nach einem guten Anfang.“
„So kann man es auch ausdrücken.“ Mr. Gray nickte kurz. „Ich nehme an, Sie werden sich um die Abfindungssumme kümmern?“, fragte er Mrs. Daniels.
Einen Moment lang war Laurel verwirrt. Dann kam sie zu dem Schluss, dass die Haushälterin noch ein paar letzte Details am Arbeitsvertrag ändern sollte.
„Charles, ich wünschte, du würdest noch einmal in Ruhe darüber nachdenken“, sagte sie und sah ihn mit Tränen in den Augen eindringlich an.
„Das weiß ich, Myra.“
„Bitte, versuche es dieses Mal“, sagte Mrs. Daniels eindringlich. „Penny zuliebe.“
Als sie den Namen seiner Tochter erwähnte, wurde Mr. Grays Miene sofort undurchdringlich. Einen Moment lang presste er die Lippen zusammen und erwiderte dann kühl: „Genau ihretwegen handele ich ja so.“
„Ich bezweifle, dass du ihre Bedürfnisse wirklich kennst. Penny braucht eine junge, fröhliche Betreuerin – jemanden, der dieses Haus wieder ein wenig mit Leben erfüllt …“
„Ich weiß ganz genau, was meine Tochter braucht“, rief Charles Gray so laut, dass seine Stimme durch den Raum hallte.
Doch Myra Daniels ließ sich nicht einschüchtern. „Meiner Meinung nach ist Miss Midland als Kindermädchen genau die Richtige.“
Laurel war unbehaglich zumute. Sie hatte die Stelle angenommen, weil sie ein Kind betreuen wollte – nicht, um das ganze Familienleben auf Gray Manor zu verändern. Die große Aufgabe, die Mrs. Daniels ihr offenbar zudachte, beunruhigte sie ein wenig.
Charles Gray bedachte seine Haushälterin mit einem langen, äußerst kühlen Blick. „Bitte, stelle den Scheck für Ms. Midland aus“, sagte er dann.
„Scheck?“, wiederholte Laurel verständnislos. Sie spürte instinktiv, dass sie den Kampf verloren hatte. Aus Erfahrung wusste sie jedoch auch, dass man das Blatt noch einmal für sich wenden konnte – indem man ganz unverfroren so tat, als würde man seine Niederlage nicht bemerken. „Es war doch vereinbart, dass ich mein Gehalt immer am Wochenende erhalte.“
„Oder am Ende Ihrer Anstellung“, erwiderte Charles Gray. „Und das ist jetzt der Fall.“
„Moment“, sagte Laurel, als er sich abwandte, um zu gehen.
Fragend zog er die Augenbrauen hoch.
Los, dachte sie verzweifelt. Du musst ihn dazu bringen, seine Meinung zu ändern. „Soll das heißen, ich soll wieder gehen?“
„Genau“, bestätigte er.
„Aber – Sie haben mich doch gerade erst eingestellt!“
„Tut mir leid.“ Gleichgültig zuckte er die Schultern. „Sie sind entlassen.“
2. KAPITEL
„ Entlassen?“ , wiederholte Laurel fassungslos. „Sie entlassen mich, bevor ich meine Stelle überhaupt angetreten habe?“
„Ihre Dienste werden hier nicht benötigt.“ Charles Grays Tonfall war kühl und abweisend. Ganz so, als hätte er diese Worte schon unzählige Male ausgesprochen und keinerlei Mitleid mehr für denjenigen, dem sie galten.
„Aber ich bin doch gerade erst vor wenigen Wochen eingestellt worden, weil meine Dienste gebraucht wurden!“
„Darüber lässt sich streiten“, erwiderte er nur und warf seiner Haushälterin erneut einen vielsagenden Blick zu.
„Ich habe verstanden, dass Sie jemanden suchen, der ganz anders ist als ich. Aber bei allem Respekt – es ist ja nicht gerade so, dass Hunderte von Mary-Poppins-Doppelgängerinnen vor der Eingangstür Schlange gestanden hätten!“, verteidigte sich Laurel.
„Wo sie recht hat, hat sie recht“, mischte Mrs. Daniels sich jetzt ein und zwinkerte ihr verschmitzt zu. „Wir haben keine Termine für Vorstellungsgespräche mit potenziellen Kandidatinnen, brauchen aber jemanden, der sofort mit der Arbeit beginnen kann.“
In diesem Moment waren leise, schnelle Schritte zu hören: Ein kleines Mädchen mit langem kastanienbraunen Haar und in einem Kleid, das ein wenig zu klein wirkte, näherte sich. Sie hatte den Kopf gesenkt und summte vor sich hin, während
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