JULIA EXTRA Band 0287
stimmt’s? Du hast nie gelernt, in solchen Dingen diskret zu sein.“
„Ich ziehe es vor, mich zu beherrschen.“ Lukas war wütend, obwohl er die direkte, oft an Unverschämtheit grenzende Art seines Vaters gewöhnt sein sollte. Pflichtbewusstsein war für Theo Petrakides eine Tugend, die auf die Öffentlichkeit beschränkt war. Solange die anderen sahen, dass man das Richtige tat, spielte es keine Rolle, was man dachte.
Lukas war anderer Meinung.
„Das Thema hätte sich längst erledigt“, fuhr Theo fort, „wenn du deine Pflicht erfüllen und heiraten würdest, um mir einen Erben zu schenken.“
„Du weißt, dass ich nicht heiraten werde.“
„Deine Pflicht …“
„Ich weigere mich, eine Frau zu heiraten, die ich liebe“, unterbrach er ihn, „und ich habe nicht vor, jemanden zu heiraten, den ich nicht liebe. Das wäre der Frau gegenüber nicht fair.“
„Es gibt massenhaft Frauen, die nicht auf einer Liebesheirat bestehen.“
Lukas unterdrückte einen Seufzer. Wie oft hatten sie darüber schon diskutiert?
„Verschlagene Goldgräberinnen oder verwöhnte Snobs“, erwiderte er abfällig. Der Gedanke, keinen Erben für das Petrakides-Imperium zu haben, gefiel ihm auch nicht, aber er kannte seine Grenzen. Die Ehe lag weit außerhalb davon. Liebe auch.
„Na schön.“ Theo ließ das heikle Thema fallen. „Trotzdem, die Engländerin muss gehen.“ Er starrte seinen Sohn an. „Und zwar bald.“
„Es steht außer Frage, dass sie abreisen wird, sobald die Vaterschaft geklärt ist“, entgegnete Lukas kühl. „Wie du schon sagtest, hat sie keinen Platz in unserem Leben. Dennoch haben wir alle mehr davon, wenn wir freundlich mit ihr umgehen.“ Er setzte sich an seinen Mahagoni-Schreibtisch. „Entschuldige, Papa, ich habe zu tun. Wir sehen uns beim Abendessen.“
Ein letzter scharfer Blick, dann nickte Theo und ging.
Lukas sah wieder aus dem Fenster. Das aquamarinblaue Wasser erstreckte sich bis zum endlosen Horizont. Doch er wusste, dass dort draußen Boote lauerten, als Fischerboote getarnt, mit sensationshungrigen Reportern, die nur darauf warteten, Schnappschüsse von ihm und seiner Familie einzufangen. Die Aufnahmen würden in der Regenbogenpresse auf der ganzen Welt auftauchen, um den Namen Petrakides wieder einmal in den Schmutz zu ziehen.
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Schlechte Presse mussten sie unbedingt vermeiden. Darunter hatten sie mehr als genug gelitten.
Gleichzeitig war ihm klar, dass Rhia Davies verschwinden musste. Ihre Anwesenheit könnte alles nur komplizierter machen, wie sein Vater richtig eingeschätzt hatte, und Lukas wollte nicht, dass ein Petrakides-Kind an eine Frau gebunden war, deren Absichten im besten Fall unklar und im schlimmsten verdächtig waren.
Was hat sie vor?, fragte er sich nicht zum ersten Mal. Sie wollte das Kind nicht verlassen, aber auch nicht bleiben. Er überlegte, ob sie mit hohem Einsatz pokerte oder ob sie schlicht und einfach nicht wusste, was sie wollte.
Wie auch immer, das war keine Frau, der man ein Kind anvertrauen durfte. Trotzdem war sie zurzeit von Nutzen, sowohl für ihn als auch für das Kind. Er war noch nicht so weit, sie gehen zu lassen.
Rhia fütterte Annabel in der Küche, wo Adeia, die freundliche Haushälterin, ihr kaum von der Seite wich, und badete sie dann, ehe sie sie in die Mitte des breiten Betts schlafen legte. Lukas hatte ihr versprochen, morgen ein Reisebettchen zu beschaffen.
Das Abendessen sollte um sieben Uhr stattfinden, und sie zog sich pünktlich um. Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel. Sie trug dasselbe wie gestern beim Empfang im Resort. Ihr Haar war durch die feuchte Seeluft zu einer wilden, lockigen Mähne geworden und ließ sich auch durch Bürsten nicht bändigen. Also ließ sie es, wie es war, schminkte sich dezent die Lippen, tupfte etwas Parfüm auf die Handgelenke und verließ ihr Zimmer.
Sie hatte nicht vor, die Männer, mit denen sie zu Abend essen musste, zu beeindrucken. Und sie hätte gern darauf verzichtet, Theo Petrakides wieder zu begegnen.
Bastard.
Das war alles, was er zu Annabel zu sagen hatte.
Rhia straffte die Schultern, während sie die Stufen hinunter in die Eingangshalle ging. Sie war gerade unten, als Lukas aus einem der Räume kam. Sein hellgraues Hemd sah teuer aus und saß tadellos, genau wie die dunkle Hose und der passende Ledergürtel. Seine Bewegungen, seine Haltung waren die eines selbstbewussten Mannes, der öffentliche Aufmerksamkeit gewöhnt war.
Nach
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