Julia Extra Band 0294
nicht.“
Argwöhnisch fragte Gina: „Hast du mir nicht irgendwann mal erzählt, dass deine Eltern immer Hunde gehalten haben?“
„Das stimmt. Aber ich wohne schon über zehn Jahre nicht mehr bei ihnen, und die Hunde, mit denen ich aufgewachsen bin, waren ein ganz anderes Kaliber als diese kleinen Würmchen.“
„Mrs. Rothman hält sie für eine Mischung aus Jack Russel und Foxterrier. Das sind nicht gerade Winzlinge.“
„Aber noch sind sie winzig. Und zappelig.“
Sie musterte die Welpen, die nun ganz ruhig waren. Sie lagen zusammengekuschelt auf dem Bett aus Handtüchern und sahen mitleiderregend hilflos aus.
Harry kannte ihr weiches Herz und murmelte: „Ich habe Angst, dass mir einer runterfällt.“
Eine Sekunde lang schloss sie die Augen. Er wusste nicht, ob es aus Verzweiflung über sein vermeintliches Unvermögen oder aus Unmut über die Zwickmühle geschah, in die er sie brachte.
„Na gut“, räumte sie ungnädig ein. „Ich bleibe. Aber ich muss morgen ganz früh weg.“
„Natürlich. Ich will auch nicht zu spät ins Büro kommen. Ich habe einen arbeitsreichen Tag vor mir. Susan weiß längst nicht so gut Bescheid wie du, auch wenn sie sich großartig macht.“
„Ach ja, tut sie das?“, entgegnete Gina spitz.
Er vermutete, dass sie sich wegen des geplatzten Treffens mit ihrem Lover ärgerte, und bot versöhnlich an: „Möchtest du eine Tasse Kaffee oder sonst etwas, bevor wir schlafen gehen?“
„Hast du Kakao?“
„Kakao?“
„Ja. Falls du nicht weißt, was das ist: in Milch aufgelöstes Schokopulver“, erklärte sie mit gespieltem Ernst. „Ich trinke immer einen Becher als Schlummertrunk.“
Im Geiste sah er sie splitterfasernackt im Bett sitzen und sich heiße Schokolade von den Lippen lecken. Er räusperte sich und sagte mit rauer Stimme: „Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Aber ich habe heiße Milch als Ersatz zu bieten. Wie wäre das?“
Sie nickte, sah aber dabei ziemlich unglücklich aus.
Er verspürte Zorn auf den Schuft, mit dem sie sich eingelassen hatte. Gleichzeitig irritierte es ihn, dass eine scheinbar vernünftige und anspruchsvolle Person wie sie sich so mies behandeln ließ. Je eher sie aus Yorkshire verschwand, desto besser. Und doch wollte er sie nicht gehen lassen.
Verwirrt ging Harry voraus in die Küche. Sie folgte ihm, setzte sich auf einen Hocker und beobachtete, wie er Milch in einem Topf auf den Herd stellte und zwei Becher aus dem Schrank holte.
„Ich schließe mich deinem Beispiel an“, verkündete er, um Pluspunkte bei ihr zu sammeln.
Sie nickte wortlos.
„Und ich bin dir sehr dankbar, dass du bleibst und mir mit den Welpen hilfst.“
Gina lächelte. „Ich kann doch einen Mann nicht mit vier Tierbabys sich selbst überlassen, oder?“
„Stimmt.“ Nicht zum ersten Mal fiel ihm auf, wie hübsch ihre Beine waren, doch nun, da sie auf dem Hocker saß, sah er mehr denn je von ihnen. Er ignorierte die Regung seines Körpers und bemerkte leichthin: „Zum Glück brauchen Tierbabys keine Windeln.“
„Windelwechseln ist heutzutage selbst für den unfähigsten Mann kein Problem mehr. Es braucht nicht mehr wie früher Sicherheitsnadeln oder eine bestimmte Falttechnik. Man muss nur zwei Klettverschlüsse schließen.“
„Das glaube ich dir gern“, murmelte Harry.
„Demnach hältst du Windelwechseln und so weiter für reine Frauensache?“
„Nein.“
„Wirklich nicht?“, hakte sie misstrauisch nach.
„Natürlich nicht. Wenn ein Paar sich entschließt, die enorme Verantwortung auf sich zu laden, ein neues Leben in die Welt zu setzen, dann sollte es auch gemeinsame Sache machen.“ Er füllte die Becher mit der erhitzten Milch. „Abgesehen von gewissen Funktionen wie dem Stillen, die nur die Mutter erfüllen kann, sollte Elternschaft fifty-fifty aufgeteilt werden.“
„Oh.“
Er drehte sich zu ihr um. „Glaubst du mir etwa nicht?“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Das ist auch nicht nötig. Ich sehe es dir an. Du ziehst so ein komisches Gesicht.“
„Ich kann nichts für mein Gesicht.“ Bedächtig wollte Gina wissen: „Du bist also ein emanzipierter Mann?“
„Das ist eine ganz andere Frage. Ich habe nur gesagt, dass es ein gemeinsames Unternehmen sein sollte, Kinder aufzuziehen. Ich habe nicht gesagt, dass ich es für mich selbst erwäge.“
„Natürlich nicht. Du bist strikt autonom. Du nimmst dir, was du willst, und dann ziehst du weiter.“
Harry wollte ihr gerade einen Becher reichen und hielt
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