Julia Extra Band 0295
sie.
Ihn durchfuhr ein eiskalter Schmerz. Trotzdem nickte er tapfer.
„Ich habe für deine Kinder eine geeignete Tagesstätte gefunden, in Ballina, nur eine Viertelstunde entfernt“,sagte Jennifer.
Das traf ihn wie ein Schlag. Und doch wusste er, dass Jennifer nur seinen Entschluss respektierte und versuchte, ihm zu helfen, obwohl sie traurig war, seine Kinder zu verlieren. „Danke“, sagte er so ruhig wie möglich. Mit einem Mal war der Zauber verflogen. Er löste sich aus ihrer Umarmung. „Morgen um zehn hole ich dich ab. Ich bringe auch einen Helm für dich mit.“
Sie schaute etwas skeptisch. „Ist wohl doch ziemlich gefährlich, so eine Motorradfahrt“, murmelte sie.
Er küsste sie auf die Nasenspitze und lachte auf. „Ich finde sie weniger gefährlich als dich.“
„Ich? Gefährlich?“ Sie streichelte seine Brust. „Das hat noch nie jemand von mir behauptet.“
„Vielleicht hat dich bisher niemand erkannt.“
„Gefährlich. Das gefällt mir.“ Sie lächelte und schmiegte sich kurz an ihn. „Es gefällt mir sogar sehr.“
Die Berührung und ihre sanfte verheißungsvolle Stimme brachten ihn auf dumme Gedanken. Wenn er noch länger bliebe, würde er mit Jennifer im Bett landen. Hier und jetzt. Er wusste, dass er sie dazu verführen könnte. Doch er wollte mehr. Das, was sie noch nicht zu geben bereit war. Deshalb musste er warten. Altmodisches Werben war die aussichtsreichste Art und Weise, ihr zu beweisen, dass sie zusammengehörten und in der Lage waren, auch die Probleme zu meistern, die sie für unüberwindlich hielt. Im Moment hätte er allerdings nichts lieber getan, als sie zu berühren, ihre nackte Haut mit Lippen und Händen zu streicheln …
„Meinen Seelenfrieden gefährdest du jedenfalls“, stieß er hervor. „Deshalb gehe ich lieber.“
„Das musst du aber nicht“, flüsterte sie an seinem Ohr.
Ihm liefen heiße Schauer den Rücken hinunter. „Hör auf damit“, brummte er. „Wir haben eine ganze Woche vor uns. Die möchte ich nutzen.“
„Diese Nacht nicht?“
„Jennifer, hör auf damit. Ich verliere die Beherrschung.“
Sie schaute ihn prüfend an und lächelte. „Wie schön, mir geht es genauso. Manchmal frage ich mich, ob ich je wieder an etwas anderes denken kann.“ Sie küsste ihn auf die Wange. „Dann bis morgen.“
Als er zu Tür ging, gab sie ihm einen Klaps auf den Po. Er drehte sich um und grinste. „Das wirst du mir noch büßen Frau.“
„Das hoffe ich“, flüsterte sie und eilte zum Fenster, um ihm dabei zuzuschauen, wie er über den Zaun zwischen den Grundstücken sprang. Ihre Knie fühlten sich weich an wie Gummi, ihr Körper war erhitzt von Verlangen.
Um seinetwillen, um der Kinder willen durfte sie nur noch diese eine Woche mit ihm verbringen. Sie wollte mit ihm schlafen und ihn dann gehen lassen.
Am nächsten Morgen kurz vor zehn fuhr Noah bei ihr vor. In schwarzen Jeans, schwarzer Lederjacke und Motorradstiefeln sah er sündhaft gut aus. Er klappte das Visier seines Helms hoch, lächelte. „Können wir aufbrechen?“
„Natürlich. Wohin fahren wir?“
Er zwinkerte ihr zu. „Das wirst du schon sehen.“ Dann betrachtete er kritisch ihre Kleidung. „Du brauchst eine winddichte Jacke, sonst erfrierst du“, sagte er und holte aus dem Gepäckkasten eine zweite schwarze Lederjacke heraus.
Jennifer zuckte zusammen.
„Die habe ich als Student getragen“, fuhr er fort und zerstreute Jennifers Befürchtung, sie gehöre Belinda. „Ich hoffe, dich stören die politischen Parolen darauf nicht.“
Sie stellte sich Noah als jungen Rebellen darin vor und lächelte.
„Immer noch zu Abenteuern aufgelegt?“, fragte er spöttisch.
Die Jacke war ihr natürlich viel zu groß, doch sie zog den Reißverschluss hoch und stellte sich in Positur. „Gut so?“
„Steig auf.“ Er rückte weiter nach vorn.
Sie setzt sich hinter ihn, stülpte den Helm über und schlang die Arme um seine Taille. Wie aufregend! Dies war ihre erste richtige Verabredung seit zehn Jahren, und von so einer hatte sie immer nur geträumt.
„Halt dich gut fest“, rief Noah und gab Gas.
Wie ein junges Mädchen schrie sie auf und freute sich, dass sie einen Grund hatte, sich fest an ihn zu klammern.
Sie brausten durch Hinchliff. Jennifer konnte nicht aufhören zu lachen. So lebendig und weiblich hatte sie sich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Jeden Moment wollte sie genießen.
Sobald sie die Hauptstraße erreicht hatten, fuhr Noah Richtung Norden und schlängelte
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