Julia Extra Band 0297
wecken. Das Kind konnte den Schlaf gut gebrauchen, und James zu wecken – das hatte etwas viel zu Intimes an sich. Sie musste ihre Nerven im Zaum halten, wenn sie an den bevorstehenden Abend und an das dachte, was danach passieren würde. Schon in der letzten Nacht hatte sie vor Aufregung kaum ein Auge zugetan.
Vorsichtig schwang sie die Beine über den Bettrand und stand leise auf. Auf Zehenspitzen ging sie zum Fenster und zog die Vorhänge gerade so weit auf, dass sie den Hügel und den See sehen konnte.
Das Wasser funkelte ganz wundervoll in der frühen goldenen Abendsonne. Wie flüssiges Glas.
Gerade als Marina überlegte, wie fantastisch das im Mondschein aussehen musste, tauchte James plötzlich hinter ihr auf und legte die Hände auf ihre Schultern. Er hinderte sie am Umdrehen, indem er den Griff verstärkte und sie an seine Brust zog.
„Nicht“, presste sie mühsam hervor.
Jetzt drehte er sie doch zu sich herum und schaute ihr tief in die Augen. „Was nicht?“, fragte er angespannt.
„Tu bitte … nichts. Nicht hier.“ Mit einer leichten Kopfbewegung deutete sie auf das schlafende Kind im Bett.
„Mein Gott, Marina, du hast mir einen Riesenschreck eingejagt. Ich dachte schon, du wolltest mir sagen, dass dein Versprechen für heute Nacht nicht mehr gültig ist.“
„Und wenn es so wäre?“, wisperte sie, weil sie in diesem Moment tatsächlich Angst bekam.
„Dann würde ich alles tun, damit du deine Meinung wieder änderst“, erwiderte er heftig. „Mit ehrlichen und unehrlichen Mitteln.“
„Das … das würdest du nicht tun“, sagte sie zitternd. „Das ginge gegen deine Ehre.“
„Das hier hat nichts mehr mit Ehre zu tun“, gestand er heiser. „Es ist anders als alles, was ich je zuvor erlebt habe. Glaub mir – wenn du heute Nacht nicht in mein Zimmer kommst, dann komme ich in deins!“
Die Vorstellung, wie er mitten in der Nacht an ihre Schlafzimmertür pochte, behagte ihr ganz und gar nicht.
„Das … das musst du nicht“, stammelte sie. „Ich … ich komme zu dir. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du im Laufe des Abends keinen Verdacht erweckst. Flirte nicht mit mir, und sieh mich, um Himmels willen, nicht so an wie jetzt.“
„Wann kommst du?“, fragte er.
„Wenn das Haus ruhig ist und alle schlafen. Ich möchte nicht, dass deine Angestellten etwas davon mitbekommen, James. Das ist mir sehr wichtig.“
„Gut. In dem Fall solltest du nicht klopfen. Ich lasse die Tür offen, sodass du einfach hereinschlüpfen und dann abschließen kannst. So verhindern wir jedes mögliche Desaster, etwa dass Rebecca mitten in der Nacht aufwacht und in meinem Zimmer steht. Nicht, dass ich das für wahrscheinlich halte. Du siehst ja, dass sie wie ein Murmeltier schläft.“
„Ja, aber vielleicht nicht heute Abend, weil sie jetzt einen so langen Mittagsschlaf hält“, warf sie ein.
„Marina, mach dir nicht so viele Gedanken“, beruhigte James sie. „Das hier ist ein sehr großes Haus mit noch dickeren Mauern. Niemand wird irgendetwas davon mitbekommen, das verspreche ich dir. So, und jetzt …“ Sanft streichelte er mit einer Hand über ihre Wange, was sofort ein sehnsuchtsvolles Kribbeln in ihr auslöste. „Weißt du, wo mein Zimmer ist? Wir wollen doch nicht, dass du in der Dunkelheit umherirrst und dich verläufst.“
„Ich werde mich nicht verlaufen“, entgegnete sie und wandte ihr Gesicht ab. „Ich weiß ganz genau, wo dein Zimmer liegt. Rebecca und Mildred haben mit mir die große Tour durchs Haus gemacht. Deine Haushälterin war ganz besonders stolz auf das Schlafzimmer des Lords.“
Dabei handelte es sich nicht um nur einen Raum, sondern vielmehr um eine Suite mit separatem Wohnzimmer, Ankleidezimmer und Bad. Alles sehr elegant und stilvoll eingerichtet, doch der eigentliche Blickfang war eindeutig das Bett. Mildred hatte ihr stolz erzählt, dass es einmal dem König von Frankreich gehört hatte.
Es war aber auch beeindruckend. Der Himmel bestand aus kunstvoll gefertigten Rosenholzschnitzereien. Was Marinas Herz jedoch schneller schlagen ließ, waren die Bettvorhänge aus blauem und goldenem Brokat – ganz ähnlich wie die in ihrer Fantasie.
Wenn sie nur daran dachte, wurde sie ganz rot.
James bemerkte es und schloss sie in seine Arme. „Hör auf, dich so in etwas hineinzusteigern“, murmelte er und presste sie dicht an sich.
Wie heftig und abrupt sie die Welle des Verlangens überrollte, überraschte Marina. Sie konnte ein leises Stöhnen voller
Weitere Kostenlose Bücher