Julia Extra Band 0297
immer nur auf dich selbst konzentrierst und den Schmerz anderer ignorierst. Du fährst an Unfällen vorbei, beinahe unmenschlich in deiner Entschlossenheit zu siegen.“
Innerlich atmete Paolo auf. Magnus hatte ihr also nichts von den Dingen erzählt, die die beiden Männer verband und für die sich beide schämten.
„Wegen genau dieser Eigenschaften gewinne ich die Motorradrennen, während Magnus ewiger Zweiter ist“, meinte er selbstgefällig.
„Und es heißt, dass du der wahre Sohn deines Vaters bist“, fügte sie ruhig hinzu.
Das hatte Paolo schon so oft gehört, dass es ihn nicht mehr aus der Ruhe brachte. „Du suchst also nach einem eiskalten Ungeheuer ohne Hemmungen und moralische Bedenken, um gegen ein Monster vorzugehen?“, fasste er spöttisch zusammen.
„Ja. Möglicherweise sind Alexanders Bodyguards in die Entführung verwickelt, deshalb brauche ich unbedingt einen Außenseiter. Du bist der Einzige, an den ich mich wenden kann. Die Öffentlichkeit darf nicht erfahren, dass er gekidnappt wurde“, erklärte sie eindringlich. „Das würde so aussehen, als könnten wir in San Piedro nicht einmal unseren Fürsten beschützen, was ziemlich schlecht für das Image meines kleinen Landes wäre.“
„Soll ich es auch vor deinem Zukünftigen geheim halten?“, wollte Paolo wissen. „Ein Geheimnis ist keine gute Grundlage für eine Ehe.“
„Kümmere dich nicht um meine Beziehung, bring mir Alexander zurück.“
„Magnus hat dich wirklich nicht zu mir geschickt?“, hakte er noch einmal misstrauisch nach.
„Warum sollte er? Er weiß nichts von der Entführung und wäre absolut entsetzt, wenn er wüsste, dass ich mich einmische und selbst in Gefahr bringe.“
„Ja, er ist immer der perfekte Gentleman“, bestätigte Paolo sarkastisch.
„Er ist wirklich perfekt“, verteidigte Isabelle ihren Zukünftigen hitzig. „Attraktiv und charmant, außerdem einflussreich und unglaublich vermögend – immerhin der zehntreichste Mann der Welt!“
„Ich wusste ja immer schon, dass du dich an den Meistbietenden verkaufen würdest“, höhnte Paolo.
„So wie ich wusste, dass du mich durch die ordinärste Schlampe ersetzen würdest, die du finden konntest“, konterte sie, nicht weniger ätzend. „Es hat mich nur gewundert, dass du dazu eine ganze Stunde gebraucht hast.“
In der Nacht, als Isabelle ihm so plötzlich und unerwartet den Laufpass gegeben hatte, war Paolo mit seiner Nachbarin ins Bett gestiegen, nachdem er sich vorher besinnungslos betrunken hatte. Eine junge Frau, die versuchte, am Broadway zu landen, und an deren Namen er sich nicht mehr erinnerte.
Ganz kurz fragte er sich, wieso Isabelle von diesem One-Night-Stand wusste, allerdings wollte er sie auf keinen Fall danach fragen.
„Hattest du erwartet, ich würde den Rest meiner Tage wie ein Mönch leben und deinen Verlust betrauern?“, fragte er stattdessen zynisch.
„Nein. Das wäre doch jämmerlich“, erwiderte sie errötend und biss sich auf die Lippe.
Gegen seinen Willen und trotz seiner Abneigung gegen Isabelle erregte ihn diese Geste. Ihre Lippen waren so voll und weich – und er erinnerte sich immer noch, wie sie sich unter seinen angefühlt hatten. Oder wie sie langsam und aufreizend über seinen Körper geglitten waren …
„Ein Mann wie du kann natürlich nicht lange treu sein“, fügte sie von oben herab hinzu. „Darum bin ich ja so froh, jetzt jemanden gefunden zu haben, dem ich vertrauen kann.“
Mir hat sie offensichtlich nie vertraut, dachte Paolo und ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Er musste das Thema wechseln, bevor er die Beherrschung verlor und etwas völlig Verrücktes tat, wie etwa … sie an den Schultern zu packen und so leidenschaftlich zu küssen, dass sie Magnus vergaß und all die Männer, mit denen sie in den vergangenen zehn Jahren liiert gewesen war.
„Dann bitte doch deinen Märchenprinzen Magnus um Hilfe“, empfahl Paolo schließlich bitter.
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass er mir in der jetzigen Situation nicht helfen kann. Das kannst nur du. Bitte, Paolo! Ich weiß, ich habe dir damals sehr wehgetan …“
„Du doch nicht!“ Ein Blick aus dem Fenster sagte ihm, dass der Himmel noch immer tief über der Stadt hing, grau und bedrückend wie ein Leichentuch. „Wer profitiert eigentlich von der Entführung deines Neffen?“
„Politisch niemand, bei einem so kleinen Land wie unserem“, antwortete sie prompt.
„Also geht es um
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