Julia Extra Band 0297
war ihr Sicherheitsnetz, eine allerletzte Vorsichtsmaßnahme, falls die Ehe mit Kyros scheiterte. So gab es wenigstens einen Ort, an den sie zurückkommen konnte. Nur flüchtig fragte sie sich, ob wohl jede Braut mit so zynischen Überlegungen vor den Altar trat.
Während sie das Menü auswählte, sich vom Kleid bis hin zu den letzten Kleinigkeiten um alles kümmerte, was für eine Hochzeit benötigt wurde, setzte Kyros sich mit der griechischem Botschaft in Verbindung und leitete alles in die Wege, damit ihre Ehe in beiden Ländern rechtlich anerkannt wurde. Anschließend flog er nach Kalfera, um, wie er sagte, sein Haus für sie vorzubereiten.
Falls Alice eine Bestätigung brauchte, das Richtige zu tun, fand sie sie in Kyros’ Abwesenheit. Sie vermisste ihn fürchterlich. Die Wärme seines Körpers nachts im Bett. Das prickelnde Gefühl, das sie stets überfiel, wenn er in ihrer Nähe war. Die Freude, die es ihr bereitete, mit ihm zu reden.
Stell dir vor, er kommt nicht zurück, dachte sie manchmal. Der Gedanke erschreckte sie. Wie war es möglich, dass er nach so kurzer Zeit eine so bedeutende Rolle in ihrem Leben spielte? Hieß das auch, dass sie irgendwann nicht mehr ohne ihn leben konnte?
Dann musste sie eben dafür sorgen, dass er sie kein zweites Mal verließ.
Ihr Vater erwartete sie am Fuß der Treppe, die Alice nun hinunterschritt. Seine anfangs besorgte Miene hellte sich auf, und väterlicher Stolz schimmerte in seinen Augen.
„Du siehst wunderschön aus, Alice.“
Sie glaubte, gleich in Tränen ausbrechen zu müssen. So glücklich fühlte sie sich. „Danke, Dad.“
Er nickte. „Machen wir uns auf den Weg.“
Sie hatten sich für eine standesamtliche Trauung in einem nahe gelegenen Hotel entschieden, gefolgt von einem frühen Lunch. Danach würden sie nach Kalfera fliegen und dort ihre Flitterwochen verbringen.
Gäste waren nur wenige eingeladen worden: Alices Eltern, Kirsty und noch eine Freundin, die als Trauzeugen fungierten. Für Kyros’ Vater war der Hochzeitstermin zu kurzfristig gewesen, er hatte nicht kommen können. Allerdings schien Kyros auch keinen großen Wert auf seine Gegenwart zu legen. Kyros’ Bruder und seine Schwägerin hatten mit ihren neugeborenen Zwillingen alle Hände voll zu tun. Zudem waren sie gerade erst aus ihren eigenen Flitterwochen in ihr Haus nach New York zurückgekehrt.
Seltsamerweise empfand Alice eine unbestimmte Enttäuschung, weil niemand aus Kyros’ Familie zugegen war – als würde ihr Nicht-Erscheinen alles weniger bedeutsam machen.
„Ist dir bewusst, dass ich Xandros noch gar nicht kennengelernt habe, geschweige denn seine Frau?“, hatte sie einmal zu Kyros gesagt.
„Das wirst du schon noch“, hatte er nur erwidert.
Insgeheim fragte Alice sich, wann das wohl sein würde. Sie wusste, es war Jahre her, dass Xandros Kalfera besucht hatte. Und irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, ihn mit Kyros in New York zu besuchen. Warum eigentlich nicht? Fast kam es ihr so vor, als würde die Insel sie verschlucken, sobald sie einen Fuß auf den sandigen Boden von Kalfera setzte. Aber das war ja Unsinn, oder? Sie heiratete Kyros und er … er …
Was?
Was dachte ihr zukünftiger Ehemann wirklich über sie?, durchfuhr es sie unvermittelt, als der Wagen vor dem Hotel hielt. Und warum fand sie einfach nicht den Mut, ihn zu fragen? Wahrscheinlich, lautete die Antwort, weil ihr Stolz ihr verbieten würde, ihn zu heiraten, wenn er ihr sagte, dass er sie nicht liebte. Aber ich kann es nicht ertragen, ihn nicht zu hei raten! Meine Liebe wird für uns beide reichen!
Plötzlich war ihre Kehle wie zugeschnürt. Alice schluckte und schob die aufsteigende Angst auf die ganz normale Aufregung. Natürlich war sie nervös. Vor ihrer Hochzeit durfte eine Braut nervös sein!
Fröhlich grinsend erwartete Kirsty sie vor dem Hotel. „Er ist noch nicht da“, begrüßte die Freundin sie und seufzte dann. „Oh, Alice, du siehst toll aus!“
In diesem Moment parkte ein schnittiger schwarzer Wagen vor ihnen auf dem Bürgersteig. Alice empfand überwältigende Erleichterung, wofür sie sich ein bisschen schämte.
Kyros war da!
Hinter der dunkel getönten Scheibe konnte sie sein vertrautes Profil erkennen. Das schwarze Haar sah ein wenig unordentlich aus, als sei er immer wieder ungeduldig mit den Händen hindurchgefahren. Seine Körperhaltung wirkte angespannt. Verspürte Kyros vielleicht dieselbe Nervosität wie sie?
„Oh, du trägst ja bereits deinen
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