Julia Extra Band 0299
bevor er sie abrupt wieder freigab.
Kenzie zwang sich, nicht über die roten Abdrücke zu reiben, die seine Finger auf ihrer Haut hinterlassen hatten. „Vielleicht wäre es besser, du fährst schon heute wieder nach London zurück“, schlug sie mühsam beherrscht vor. „Meine Eltern hätten bestimmt Verständnis dafür, und ich kann genauso gut auch den Zug nehmen.“
Dominick presste die Lippen zusammen. Nachdem sie nun bekommen hatte, was sie wollte, konnte sie ihn anscheinend nicht schnell genug wieder loswerden. Aber wahrscheinlich hatte sie sogar recht. Gegenleistung hin oder her – für sein seelisches Gleichgewicht wäre es allemal besser, noch heute Nacht in sein Auto zu steigen und Kenzie endgültig aus seinem Leben zu streichen.
Doch dann standen Dominick wieder jene schrecklichen Wochen nach ihrer Trennung vor Augen. Die deprimierende Leere, die ihm entgegengeschlagen war, wenn er abends seine verwaiste Wohnung betrat, das trostlose Gefühl, allein zu essen, die einsamen, schlaflosen Nächte … Wochenlang war er in einer mörderischen Stimmung herumgelaufen und hatte die ganze Welt gehasst. Vor allem sich selbst.
Weil er Kenzie wie verrückt vermisste.
Weil er sie trotz allem noch wollte.
Und nun war sie zurück.
Nur für kurze Zeit zwar, aber immerhin lange genug, um sein Verlangen nach ihr ein für alle Mal zu stillen.
„Vergiss es, Kenzie“, sagte er entschlossen. „Wir fahren morgen wie geplant gemeinsam hier weg.“
Mit dieser Antwort hatte Kenzie bereits gerechnet. „Wie du willst“, erwiderte sie steif. „Und jetzt entschuldige mich bitte. Mum und ich müssen zum Friseur.“
Die Art, wie sie miteinander umgingen, tat ihr in der Seele weh, doch sie wusste nicht, wie sie damit aufhören sollten. Es war, als wären sie in einem Teufelskreis gefangen, aus dem es kein Entrinnen gab.
Und bald würde alles noch schlimmer werden, denn nichts deutete darauf hin, dass Dominick geneigt war, auf seine kleinmütige Rache an ihr zu verzichten.
7. KAPITEL
Der letzte Festredner kam allmählich zum Ende. Dank ihrer langjährigen Übung als Model gelang es Kenzie, einen unbeschwerten, gut gelaunten Eindruck zu machen, aber Dominick ließ sich durch ihr strahlendes Lächeln nicht täuschen. Seit sie an der blumengeschmückten Tafel Platz genommen hatten, spürte er deutlich ihre innere Anspannung.
Er selbst hatte ebenfalls einige Mühe, seinen Part souverän durchzuhalten. Kenzies Schönheit war nichts Neues für ihn, aber als sie heute hinter Kathy auf den Altar zugeschritten war, hatte es ihm regelrecht den Atem verschlagen. In dem fließenden grünen Kleid und mit den winzigen Blüten, die in ihr Haar eingeflochten waren, hatte sie wie eine Märchenprinzessin ausgesehen …
Sekundenlang war Dominick wie verzaubert. Ihr Gesicht schien von innen her zu leuchten, und der sehnsuchtsvolle Ausdruck in ihren Augen traf ihn mitten ins Herz. Doch schon wenige Augenblicke später hatte er die kurze Anwandlung von Schwäche wieder unter Kontrolle.
Sie ist keine Prinzessin, und du bist nicht ihr Märchenprinz, hatte er sich energisch in Erinnerung gerufen. Dennoch verspürte er seitdem einen dumpfen Druck auf der Brust, den er trotz aller Willensanstrengung nicht wieder loswerden konnte.
„Sieh mal, Kathy und Derek eröffnen den Tanz“, flüsterte Kenzie ihm jetzt zu. Ihre Augen leuchteten, und ihre Wangen hatten sich mit einer zarten Röte überzogen.
Natürlich, beinah hätte Dominick es vergessen. Auf Hochzeiten wurden immer Reden gehalten, und danach wurde immer getanzt.
„Wollen wir uns ihnen anschließen?“
Kenzie riss den Blick von dem glücklichen Brautpaar los und sah überrascht zu Dominick auf, der aufgestanden war und ihr mit undurchdringlicher Miene die Hand entgegenstreckte. Als sie auf seine Aufforderung nicht reagierte, fügte er hinzu: „Ich nehme an, man erwartet es von uns.“
Er hatte recht. Nancy und Donald sowie Dereks Eltern betraten gerade ebenfalls die Tanzfläche, gefolgt von Kenzies Schwestern und deren Männern. Also stand Kenzie auf und ließ sich von Dominick aufs Parkett führen.
Er war ein guter Tänzer, und unter seiner sicheren Führung fanden sie sofort zu einem gemeinsamen Rhythmus. Nicht, dass Kenzie etwas anderes erwartet hätte. Dominick war in allem gut, was er tat. Bei seinen Geschäften. Beim Tanzen. Bei der Liebe …
Der letzte Gedanken ließ sie prompt stolpern, worauf Dominick ihre Taille fester umfasste. „Entspann dich, Kenzie“, raunte er
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