Julia Extra Band 0301
„Nichts, was für die Gelegenheit angemessen wäre, meine ich. Immerhin bin ich hier auf einer Geschäftsreise.“
Wieder ließ er den Blick über sie gleiten. Sì. Das konnte er sehen. Plötzlich wollte er einfach wissen, wie sie aussah, wenn sie nicht fürs Büro zurechtgemacht war, um festzustellen, ob hinter dieser kühlen Roboterfassade eine echte Frau steckte. „Haben Sie denn keine Jeans mitgenommen?“
Auf eine Geschäftsreise ? War er denn verrückt geworden? Außerdem erinnerten Eileen Jeans zu sehr an ihre Kindheit. Sie waren für sie der Inbegriff von billiger, unordentlicher Kleidung, der jede Formalität fehlte, nach der sie sich als kleines Mädchen so gesehnt hatte. „Nein, ich habe keine mitgebracht.“
„Dann gehen Sie eine kaufen! Einige der besten Läden der Welt liegen direkt vor unserer Haustür. Kaufen Sie sich eine Jeans! Madonna mia , Eileen – warum zögern Sie denn noch? Die meisten Frauen wären für eine solche Gelegenheit mehr als dankbar.“
Sie öffnete den Mund, um zu sagen, dass sie eben gerade versuchte, sich nicht wie die Masse der Frauen zu benehmen – besonders in seiner Gegenwart –, und dass sie am allerwenigsten mit auf sein Weingut kommen wollte. Und doch …
Warum klopfte ihr Herz bereits vor Vorfreude schneller? Weil diese Einladung ihren geheimsten Fantasien entsprach, die sie nur in schlaflosen Nächten zuließ. Während sie nickte, sagte sie sich: Es ist ja nur eine Party, und stand auf. Sein Blick schien sie zu durchbohren. Aber dann wandte sich Gianluca ab, tippte eine Nummer in sein Telefon, begann schnell Italienisch zu sprechen und war mit seinen Gedanken längst ganz woanders.
Eileens Finger bebten, als sie die Bürotür öffnete und sich fragte, wieso er gerade ihr eine so unerwartete Einladung gemacht hatte – eine Einladung, die sie nicht ablehnen konnte.
2. KAPITEL
„Sie sehen toll aus!“
Eileen rang sich ein Lächeln ab. „Das müssen Sie nicht sagen, Jason.“
„Ich weiß, aber es stimmt. Sie sehen … ganz anders aus!“
Das ist wohl die Untertreibung des Jahrhunderts, dachte Eileen, während sie kerzengerade auf der lederbezogenen Rückbank der Limousine saß und die Landschaft an sich vorbeirauschen sah. Sie fühlte sich auch anders – und das lag nicht nur daran, dass sie die Haare ausnahmsweise offen trug, oder an den großen silbernen Creolen oder dem Hauch von Mascara, der ihre blauen Augen so groß wirken ließ. Wo war die kühle und ruhige Eileen geblieben, die sie der Welt sonst so gern präsentierte? Weg war sie, verschwunden. Sie hatte sie in der kleinen Boutique in der „Via del Corso“ zurückgelassen.
„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich Sie mit aufs Land schleppe, Jason. Ich weiß, dass wir eigentlich in Rom essen gehen wollten.“
„Ob mir das was ausmacht?“ Jason schnitt ein Gesicht und deutete auf die herrliche Landschaft. „Machen Sie Witze? Ich habe Freunde, die ihr Leben geben würden, um auf die Einladung eines so berühmten Mannes hin einmal nach Umbrien zu kommen und dort ein echtes Weingut zu besuchen!“
Trotz ihrer Bedenken, was den weiteren Verlauf des Abends betraf, lachte Eileen. „Aber man muss ganz schön weit fahren“, meinte sie dann.
„Mit Klimaanlage und Chauffeur kann man es gut aushalten. Wir sind ja auch gerade von der autostrada abgefahren. Wir müssten bald da sein.“
„Sieht so aus.“ Eileen blickte wieder aus dem Fenster, und ihr Herz begann wie wild zu schlagen. Der Wagen holperte über einen geschotterten Weg, der einen Hügel hinaufführte, auf dem sich eine Weinstockreihe an die nächste reihte. Ganz oben ging hinter dem alten Gutshof gerade die Sonne unter, und es wirkte, als stünde er in Flammen.
„Sieht das toll aus!“, stieß Jason hervor.
Wie ein Mahnmal!, dachte Eileen und fühlte sich plötzlich so verletzlich wie ein kleines Mädchen, das aus Versehen auf der falschen Party landete und nicht wusste, wie es sich verhalten sollte. In der relativ sicheren Arbeitsumgebung konnte sie mit Gianluca umgehen. Aber wie sicher wäre sie hier – auf seinem herrlichen Anwesen – vor ihrem eigenen hoffnungslosen Verlangen?
Als sie sich dem ehrwürdigen Gebäude näherten, ließ Jason das elektrische Fenster herunter, und Musik, das Klingen von Gläsern, Lachen und Stimmengewirr drang an Eileens Ohr. Sie fuhren durch ein beeindruckendes schmiedeeisernes Tor, das sich automatisch öffnete, und kamen auf einem großen Innenhof zum Stehen. Ein Springbrunnen
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