Julia Extra Band 0301
gelitten, deshalb hatte er sie im Pförtnerhaus unterbringen wollen.
Nach all den Zeitungsberichten war er überzeugt gewesen, sie wäre zu der Art Frau geworden, die den Scheck einstecken und sich davonmachen würde, so schnell ihre Beine sie nur tragen konnten. Er fühlte nach dem Scheck in seiner Brusttasche. Den hatte er komplett vergessen. Tara hatte ihn das vergessen lassen. Offensichtlich hatte er sie unterschätzt, massiv sogar. Ebenso unterschätzt hatte er die Wirkung, die sie auch nach zwei Jahren noch auf ihn ausübte.
„Ich werde die Hausdame bitten, ein Zimmer für dich herzurichten.“
„Danke. Wenn es nicht zu viel Mühe macht …“ Sie lächelte ihm höflich zu, den Blick fest auf ihn gerichtet.
„Macht es nicht.“
Er würde all seine Kraft aufbringen müssen, um sich immer wieder vor Augen zu halten, dass es, ganz gleich, wie reizvoll und verlockend es ihm auch erscheinen mochte, in seinem Leben keinen Platz für Tara gab.
9. KAPITEL
Lucien beschloss abzuwarten, bis die Aufregung sich gelegt hatte, bevor er zum Kinderzimmer zurückkehrte. Tara und Liz waren damit beschäftigt, Möbel umzustellen, während Poppy friedlich in ihrem Körbchen schlief. Das Himmelbett war von allen Bändern und Schleifen befreit und an die Wand gerückt worden.
„Es gibt Personal, das so etwas für euch übernimmt“, meinte er.
„Das erledigen wir schon selbst, nicht wahr, Liz?“
Das junge Mädchen schien sehr viel beruhigter, seit Tara wieder zurückgekehrt war. Lachend stimmte es zu.
Lucien blieb nicht viel zu tun. „Eine Suite ist für dich vorbereitet worden“, sagte er zu Tara.
„Eine Suite?“, rief Tara leise aus und stellte den Tisch auf den Boden, den sie mit Liz zusammen trug. „Ich möchte nicht, dass dein Personal sich meinetwegen so viel Mühe macht. Ein kleines Zimmer mit einem Bett reicht völlig für mich.“
Trotz seiner berüchtigten Selbstbeherrschung zuckte es verdächtig um seine Mundwinkel. „Leider können wir hier mit ‚klein‘ nicht dienen.“
„Nicht?“
Sie amüsierte sich über ihn, aber auf eine nette Art. Dass ihr Selbstbewusstsein mit jeder Minute wuchs, hatte sowohl Vor- wie Nachteile. Lucien hatte Tara nie unterdrücken wollen, aber ihm war auch nicht recht wohl dabei, wenn sie sich ihm gegenüber zu sicher fühlte.
„Könntest du das wohl für eine Weile unterbrechen? Wir müssen uns unterhalten. Ich rufe jemanden, der Liz hilft.“
Lucien führte Tara in den Salon und schloss die Tür. Taras Wangen waren von der körperlichen Anstrengung leicht gerötet. Unwillkürlich musste er an das letzte Mal denken, als sie so erhitzt gewesen war …
„Also?“ Auffordernd schaute sie zu ihm hin, wartete auf das, was der Comte ihr zu sagen hatte.
Er würde sich nicht drängen lassen. Sie wirkte entspannt, was sie ganz anders aussehen ließ. Und er fühlte sich in seiner Entscheidung, sie bleiben zu lassen, bestätigt, was seine Stimmung wiederum völlig veränderte. „Ist die Lösung mit der Suite okay für dich?“
„Für alles, was deine Hausdame in so kurzer Zeit arrangieren kann, werde ich mehr als dankbar sein.“
Er wollte nicht, dass sie dankbar war. Er wollte etwas, das vor Stunden noch völlig undenkbar gewesen wäre – eine ideale Welt, in der sie auf gleicher Ebene standen und er etwas fühlen würde … irgendetwas. Er hatte nicht darum gebeten, dass eine Frau auftauchte, die die Verantwortung für seine Nichte übernommen hatte und nun nicht bereit war, sich kampflos wieder zurückzuziehen. Dass Tara die teuren Möbel und Spielsachen, die er für das Baby hatte anschaffen lassen, nicht gutgeheißen hatte, hatte ihn völlig überrascht. Allerdings musste er wohl akzeptieren, dass sie mehr Erfahrung im Umgang mit Kindern besaß als sein Innenarchitekt. Als die nachdenkliche Falte auf seiner Stirn tiefer wurde, hob Tara zu sprechen an, zweifelsohne, um ihn zu besänftigen.
„Ginge es nicht um Poppy, wäre ich zufrieden mit dem Pförtnerhaus.“
„Ginge es nicht um Poppy, wärst du überhaupt nicht hier“, konterte er trocken.
Seine brutale Offenheit ließ sie kurz stocken, doch dann erwiderte sie gelassen: „Mir ist klar, dass es nicht einfach für dich ist, Lucien. Du hast nur das Schlimmste über mich gehört, und jetzt wohne ich hier, in deinem Haus.“
„In meinem Schloss“, korrigierte er steif.
„Und dein Zuhause, oder?“, hakte sie leise nach. Doch bevor er die Möglichkeit hatte, etwas darauf zu erwidern, fuhr sie schon fort:
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