Julia Extra Band 0302
verstehe.“
Das wagte er zu bezweifeln.
„Hat das familiäre Gründe?“, fragte sie weiter.
„Auch.“
Natasha lehnte sich zurück und betrachtet ihr Gegenüber misstrauisch. Wollte er sie für dumm verkaufen?
Typen wie er reisten nicht in der Weltgeschichte herum und versuchten „aus familiären Gründen“ ihre wahre Identität zu verbergen. Mit Sicherheit steckte eine Frau hinter dieser Scharade.
Offensichtlich hatte der Fürst eine heimliche Geliebte, von der die Medien nichts wissen sollten.
Und wenn schon? Das war ganz allein seine Sache. Sollte er doch Versteck spielen, solange er nach Ablauf der Woche in seiner Eigenschaft als Fürst von Calida Werbung für das Telford Towers machte.
„Sie sehen skeptisch aus.“
Ihre Mimik war einfach zu ausdrucksvoll. Darüber hatte Natasha sich schon manches Mal geärgert. „Es geht mich nichts an, was Sie diese Woche tun oder lassen.“
„Sie irren sich“, erwiderte der Fürst höflich.
Ihre Fragen mussten warten, bis der Barkeeper, der ihnen in diesem Moment die Getränke servierte, sich wieder zurückgezogen hatte.
„Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz“, sagte Natasha schließlich.
„Sie sind die Einzige, die hier weiß, wer ich wirklich bin. Und das muss unter allen Umständen so bleiben. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“
Schockiert musterte sie ihn. Was bildete er sich eigentlich ein, in diesem Ton mit ihr zu reden? Na ja, immerhin war er ein Fürst. Offensichtlich war er es gewohnt, seine Mitmenschen herumzukommandieren. Außerdem war sie auf ihn angewiesen, wenn sie das Hotel ihrer Familie retten wollte. Von daher musste sie sich seinen Ton wohl oder übel gefallen lassen.
„Selbstverständlich“, erwiderte sie daher, trank einen Schluck Kaffee und fühlte sich ein wenig besser. Nachdenklich betrachtete sie die wohlgeformte Hand des Fürsten. Sie schien wie geschaffen für zärtliche Streicheleinheiten …
„Dann ist es ja gut“, antwortete er.
Sein Blick, mit dem er sie über den Tassenrand hinweg aus diesen unglaublich blauen Augen bedachte, hielt ihren fest.
„Wie lange arbeiten Sie schon am Empfang?“
Diese Frage traf sie unerwartet. Sie hatte damit gerechnet, etwas Persönlicheres gefragt zu werden.
„Seit einer knappen Woche.“
Dante setzte die Tasse ab und musterte Natasha erstaunt. „Aber ich dachte, Sie gehören zur Familie und würden schon lange im Hotel arbeiten. Hoffentlich habe ich nicht die falsche Person ins Vertrauen gezogen.“
„Keine Sorge.“ Beruhigend lächelte sie ihm zu.
Äußerlich wirkte der Fürst ganz entspannt, doch seine besorgte Miene verriet ihn. Anscheinend war er sehr darauf bedacht, die Identität seiner Gespielin geheim zu halten.
„Mein Vater ist der Hotelchef, und ich arbeite hier, seit ich laufen kann. Unser Portier ist für die nächsten drei Monate krankgeschrieben. Ich habe die Vertretung für die erste Woche übernommen, bis ein Ersatzportier die Stelle übernimmt. Sind Sie nun beruhigt?“
Er nickte und lehnte sich entspannt zurück. „Welche Aufgabe erfüllen sie denn normalerweise hier im Hotel?“
„Ich bin sozusagen das Mädchen für alles.“
Sie sorgte für einen reibungslosen Hotelbetrieb, vermittelte bei Streitigkeiten unter dem Personal, kümmerte sich um verwöhnte VIPs – sie machte einfach alles. Natasha liebte die vielseitigen Aufgaben. Telford Towers war ihr Leben, und sie musste dafür sorgen, dass das Hotel in Familienbesitz blieb. Sonst war alles aus.
Die ganze Misere war erst durch ihre Beziehung zu Clay entstanden.
„Und was genau ist ‚alles‘?“
Dantes Interesse hätte ihr eigentlich schmeicheln müssen, doch sie wusste genau, dass er nur fragte, weil er alles über die Person wissen wollte, der er sich anvertraut hatte. Wahrscheinlich traute er ihr immer noch nicht über den Weg.
„Ich bin die rechte Hand meines Vaters. Seit Abschluss meines Betriebswirtschaftsstudiums bin ich in der Geschäftsführung des Hotels tätig und erledige alle möglichen Aufgaben.“
Sein bewundernder Blick tat ihr gut.
„Und Sie bewältigen das alles nur zu zweit?“
„Ja.“ Sie senkte den Blick. Wieder einmal stellte sie sich die schmerzliche Frage, ob ihre Mutter den Herzinfarkt überlebt hätte, wenn Clay die Familie nicht so unter Druck gesetzt hätte. Diese Schuldgefühle würden sie wohl bis ans Ende ihrer Tage plagen.
„Sie können stolz auf sich sein. Ihr Vater und Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Das Hotel ist einfach
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