Julia Extra Band 0326
Überhaupt fühlte sie sich schon viel besser, eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem Körper aus, und sie genoss das Zusammensein mit Giovanni. Versonnen lächelte sie ihm zu.
„Und, findest du dich diesmal schon besser in Rom zurecht?“, erkundigte er sich im Plauderton.
Emily atmete auf. Giovanni war anscheinend nicht nachtragend und bereit, ihr unhöfliches Benehmen zu vergessen.
„Das kann man wohl sagen, ich bin mit dem, was ich erreicht habe, mehr als zufrieden. Da ich erst morgen fliege, bleibt mir dieser Tag ganz für mich privat.“
„Wie schön für dich.“ Durchdringend blickte er sie an und bemerkte voller Genugtuung, wie brennende Röte ihr Gesicht überzog.
Emily hielt es nicht länger aus, irgendwie musste sie versuchen, eine für ihn plausible Erklärung für ihr Handeln zu finden.
„Giovanni, versuch bitte zu verstehen, weshalb ich dir diese Reise verschwiegen habe.“ Sie gab sich alle Mühe, ruhig und freundschaftlich zu klingen. „Ich … ich hatte das Gefühl, dir zur Last zu fallen … Du solltest dir meinetwegen nicht freinehmen und deine kostbare Zeit opfern müssen … Außerdem wollte ich auf meine eigene Kraft bauen … Du musstest diese Woche deiner Mutter helfen, das hast du mir selbst gesagt … Ich wollte dir einfach nicht auf die Nerven gehen, das ist alles.“
Emily war richtig stolz auf sich, wie viele kleine Notlügen ihr auf die Schnelle eingefallen waren. Ob sie ihn damit überzeugt hatte?
Er lächelte nachsichtig. „Mir auf die Nerven zu gehen wirst du niemals schaffen, Emily, das solltest du eigentlich mittlerweile bemerkt haben. Trotzdem, vielen Dank für dein ungemein rücksichtsvolles Benehmen, es ehrt mich tief.“
Seine Worte bestärkten sie in dem Verdacht, dass er sich über sie lustig machte. „Außerdem wolltest du diese Woche auf dem Land und nicht in Rom sein“, führte sie ihr letztes Argument ins Feld.
„Ja, aber eine dringende Angelegenheit hat mich kurz nach Hause zurückgerufen“, bestätigte er ungerührt. „Nachher fahre ich gleich wieder zurück aufs Land.“
Beide schwiegen, und Emily leerte langsam und in kleinen Schlucken ihr Glas. Der Brandy wirkte wirklich ausgesprochen beruhigend.
„Halte mich nicht länger zum Narren, Emily! Warum hast du mir nichts von dieser Reise erzählt?“, fragte er plötzlich wie aus heiterem Himmel. „Und jetzt möchte ich bitte die Wahrheit hören.“
Emily schluckte. „Ich … ich wollte nichts bereuen müssen.“
Giovanni runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“
„Ich möchte nicht in etwas verwickelt werden, das mir nicht guttut.“
„Das dir nicht guttut? Traust du mir etwa nicht?“
„Ich traue mir nicht … Ich weiß bei euch Italienern nicht so recht, woran ich bin … Ich bin mir nie sicher …“ Hilflos verstummte sie.
„Wie viele italienische Männer kennst du denn näher, Emily?“
„Eigentlich gar keinen“, gab sie kleinlaut zu. „Meiner Meinung nach gibt es jedoch einige entscheidende kulturelle Unterschiede zu Nordeuropäern, die Männer hier nehmen sich Rechte heraus, die …“
Giovanni blickte grimmig. „Würdest du mir das bitte näher erklären?“
„Gern.“ Endlich fand Emily den Faden wieder. „Ich habe dir doch von Nico erzählt, Corals Freund, der eine Woche lang bei uns gewohnt hat.“
Er nickte.
„Er hat … in der Küche, als ich uns einen Tee machen wollte … jedenfalls hat er mich umarmt und geküsst. Er wollte mich überreden, ‚nett‘ zu ihm zu sein, was ja wohl nur eins bedeuten kann …“
„Nichts Schlimmeres?“
Emily glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. „Für mich ist das schlimm genug!“ Giovannis Frage bestätigte ihre Einschätzung: Alle Italiener waren hemmungslos und sexbesessen und hatten kein Problem damit, sich an jede beliebige Frau heranzumachen!
„Wenn ich dich richtig verstehe, hat er keine Gewalt angewendet, oder?“ Giovanni betrachtete sie nachdenklich. „Wir Italiener mögen eben schöne Frauen.“
„Was für ein tolles Kompliment!“ Sie lachte bitter. Nicos Verhalten, das sie tief in ihrer weiblichen Ehre gekränkt hatte, schien Giovanni völlig normal.
„Gut, ihr Italiener liebt also schöne Frauen“, antwortete sie zynisch. „Und was heißt das im Klartext? Ihr wollt nicht eine, sondern alle! Liebe, Treue und Loyalität stellen für euch keine Werte dar!“ Tränen traten ihr in die Augen.
„Und das schreibst du unserer Nationalität zu?“ Giovanni war jetzt wütend. „Sieh dir bitte die
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