Julia Extra Band 348
anschließend der Tisch abgeräumt. Die Hochzeitstorte wurde angeschnitten und der Brautstrauß geworfen. Bei dieser Aktion gelang es Chloe, woanders zu sein. Ihrer Meinung nach gab es nichts Erbärmlicheres als eine Horde von Frauen, die Single waren und sich hinter der Braut positionierten, und so wild darauf waren, einen Strauß verwelkter Blumen zu fangen, dass sie jeden umrannten, der im Weg stand.
Und sie musste es wissen. Bei der Hochzeit ihrer Schwester Frannie hatte sie sich mehrere gebrochene Rippen zugezogen – ihre Cousine Marilyn hatte sich wie eine Lenkrakete auf den Strauß gestürzt. Sie hatte den Strauß gefangen und war unverletzt geblieben, da sie weich gelandet war – auf Chloe.
Als Chloe von der Toilette, wo sie sich versteckt hatte, an den Tisch zurückkehrte, kündigte der DJ gerade den ersten Tanz an.
„Die Pflicht ruft“, sagte Simon resigniert.
„Wo ist denn deine bessere Hälfte“, fragte Chloe und sah sich nach der Maid of Honor um.
„Wahrscheinlich schreibt sie gerade eine SMS an den pickligen Jungen, der das Strumpfband gefangen hat, ob er mit ihr auf den Abschlussball geht.“
„Sooo jung ist sie nun auch wieder nicht.“ Stöhnend streifte sich Chloe die Schuhe ab. „Und wir sind nicht so alt.“
„Sagt die Frau mit der Arthritis an den Füßen.“
„Ich habe keine Arthritis, sondern Blasen an den Füßen. Das ist ein großer Unterschied“, erwiderte sie.
„Heißt das, dass wir heute Abend nicht miteinander tanzen können?“
„Tanzen geht immer.“
„Diese Einstellung lob ich mir.“
„Allerdings lieber nichts Schnelles.“ Der bloße Gedanke daran ließ sie zusammenzucken.
„Perfekt. Du kennst mich ja. Für schnelle Sachen bin ich eh nicht zu haben. Genau wie jeder andere Mann, der halbwegs bei Sinnen ist und nicht vorhat, sich zum Affen zu machen.“
Beide lachten, bis Chloe aus dem Augenwinkel etwas Gelbgrünes erspähte. „Oh, oh. Die Maid of Honor nähert sich auf etwa drei Uhr.“
„Mist. Ich hatte schon gehofft, ich würde darum herumkommen. Versprichst du mir den nächsten langsamen Tanz?“
Allein der Gedanke daran, ihre wunden Füße wieder in die Schuhe zu quetschen, ließ Chloe erschaudern. „Kann ich meine Schuhe auslassen?“
„Tut mir leid.“ Simon sah sie mitfühlend an. „Heute ist der große Tag der Braut – wie war noch gleich ihr Name? Alles muss perfekt sein. Gäste, die barfuß tanzen? Nicht gerade perfekt.“
„Das geht schon in Ordnung. Ich kenne den Trauzeugen.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Ich habe gehört, dass er Sonderrechte hat.“
„Na gut, aber nicht ohne Gegenleistung.“
„Was verlangst du denn für einen Barfußtanz?“
„Ich werde es dich wissen lassen“, antwortete er in dem Moment, als die Maid of Honor ihren Tisch erreichte.
Als er sich erhob und sein Jackett zuknöpfte, sah er attraktiv, elegant und elend aus – Letzteres war allerdings nur für Chloe sichtbar. Sie wusste, dass sein Lächeln aufgesetzt war. Mrs Soundso und Mrs Soundsos Freundin hatten keine Ahnung, was er durchmachte. Aber Chloe wusste es. Und sein Vater ebenfalls.
Auf seinem Weg auf die Tanzfläche blieb Sherman hinter ihrem Stuhl stehen. Er war groß und eher etwas füllig als athletisch gebaut. Aber er hatte ein charmantes Lächeln – das Simon von ihm geerbt hatte – und er war ein Womanizer. Noch etwas, das Simon von ihm hatte. Es war schwer, ihn nicht zu mögen, selbst wenn er ein lausiger Vater und in vielerlei Hinsicht ein schlechtes Vorbild war.
„Ich möchte mich bei dir bedanken, Chloe.“
„Wofür, Mr Ford?“
„Dafür, dass du Simon dazu gebracht hast, hierzubleiben. Ich weiß, dass er nicht glücklich darüber war, mein Trauzeuge zu sein.“
Was daran lag, dass Simon das Gefühl hatte, ausgetrickst worden zu sein, doch diesen Gedanken behielt Chloe für sich. „Ich hatte nichts damit zu tun. Vielleicht war er am Anfang ein wenig verärgert.“ Die Untertreibung des Jahres. „Aber Sie sind sein Vater. Er hat das gerne für Sie getan. Er hat sich sogar darauf gefreut, eine kurze Rede zu halten“, fügte sie hinzu.
„Du bist eine ganz schlechte Lügnerin, meine Kleine“, sagte Sherman schmunzelnd.
„Na gut, vielleicht hat er sich nicht direkt darauf gefreut, aber er … er hat es doch gut hinbekommen.“
„Allerdings“, antwortete Sherman ernst. „Und ich muss zugeben, dass er mich überrascht hat. Ich hätte eher damit gerechnet, dass er eine verbale Attacke auf mich loslässt.“
„Ich
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