Julia Extra Band 362
mochten, wenn sie sich um ihn legten. Am Scheitelpunkt ihrer Schenkel ein Dreieck aus nassen blonden Haaren.
Sie sah nichts, weil ihr lange Strähnen in die Augen hingen. Er beobachtete, wie sie blind nach dem weißen Badelaken tastete. Das war der Moment, in dem er aus seiner Erstarrung erwachte. Seine Hand schoss vor, ebenfalls in Richtung Handtuchhalter, wobei seine Finger ihre streiften. Sie stieß einen Schrei aus, schüttelte sich das Haar aus dem Gesicht und riss die Augen auf.
„N…nein …“, stammelte sie.
Doch Karim versenkte bereits seine Hände in der nassen weichen Fülle ihrer Haare und hob sich ihr Gesicht entgegen, dann presste er ihr einen harten hungrigen Kuss auf den Mund. Das hatte er schon die ganze Zeit tun wollen, aber er hatte sich beherrscht. Sie wehrte sich einen Moment, dann erlahmte ihr Widerstand, wahrscheinlich, weil sich der Charakter des Kusses veränderte. Karim flüsterte ihren Namen. Und plötzlich wünschte er sich, dass der Kuss niemals enden möge.
Sie kapitulierte. Und seufzte leise. Ihre Lippen klebten an seinen. Sie hob die Hand, legte sie auf seine Brust. Er konnte spüren, wie sie zitterte, aber nicht vor Angst. Er hörte in seinen Ohren das Blut rauschen, die Erde unter seinen Füßen bebte. Seine Welt geriet aus den Fugen.
Jetzt! schrie jede Faser seines Körpers. Nimm sie … jetzt, hier auf der Stelle!
Karim erschauerte. Dann hob er den Kopf, legte ihr das Badelaken um die Schultern und floh aus dem Bad, aus dem Apartment, aus der Honigfalle, die ihm die gerissene schöne Mätresse seines Bruders gestellt hatte.
4. KAPITEL
Rachel stand noch genauso da, wie er sie verlassen hatte, die Hände ins Badetuch gekrallt, als ob es sie schützen könnte.
Zu spät, summte ihr Körper, viel zu spät. Er hat bereits bekommen, was er will. Ramis Bruder hatte sie berührt … sie geküsst. Und er hatte sie mitgenommen auf eine sinnliche Achterbahnfahrt von Entsetzen zu …
Sie schrak zusammen, als sie hörte, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Er war weg. Nach Atem ringend ließ sie sich auf den geschlossenen Toilettendeckel sinken. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn dem, was eben passiert war, auch nur den geringsten Sinn entnehmen.
Warum machte dieser Mann das? Um sie zu demütigen? Und was war bloß in sie gefahren? Wieso hatte sie sich nur ganz kurz gewehrt? Rachel erschauerte. Er hätte alles mit ihr anstellen können, sie war ihm hilflos ausgeliefert gewesen. Er hätte sie überwältigen können.
Ihrer Kehle entrang sich ein Stöhnen. Aber er hatte sie ja überwältigt! Nicht nur ihren Körper, sondern auch ihren Verstand. Wie sonst ließe sich erklären, dass sich sein Kuss plötzlich zärtlich angefühlt hatte, so zärtlich, dass sie ihren Widerstand aufgegeben hatte? Rachel schluckte schwer.
Egal. Das war eine ganz fiese Masche, um sie einzuschüchtern, sonst nichts. Das kannte sie, typisch Mann war das. Zumindest typisch für die Männer, mit denen sie in der Kasino-Bar zu tun hatte. Widerliche Machos, die mit ihrem Geld und ihrer Macht protzten und nach teurem Parfüm stanken …
Er hatte aber nicht nach Parfüm gestunken.
Karim. Der Scheich. Der Prinz. Oder wie immer er sich nennen mochte. Kein Hauch von Parfüm. Nur der saubere Duft seiner Haut … und der heiße Geruch eines Mannes, der eine Frau wollte. Trotzdem hatte er von ihr abgelassen. Auch wenn er sie vorher an sich gerissen und brutal geküsst hatte … bevor dieser Kuss irgendwie weich, fast zärtlich geworden war. Warum? Um sie zu verwirren, nur darum. Was ihm ja auch bestens gelungen war. Ganz zum Schluss hatte sie doch tatsächlich so etwas wie eine Reaktion bei sich verspürt, oder?
Nein. Niemals!
Rachel holte tief Atem. Sie hatte eben nicht reagiert. Jedenfalls nicht so, wie er wollte. Ihre Reaktion war rein instinktiv gewesen. Intuitiv. Der Überlebenswille in ihr hatte kurzerhand auf Autopilot umgeschaltet.
Rachel stand auf. Sie fühlte sich besser. Genau gesagt fühlte sie sich gut. Stark. Sie war nicht wie ihre Schwester Suki. Sie hatte alles im Griff.
Sogar einen Plan hatte sie schon. Na ja, eine Art Plan jedenfalls. Und sie vertrödelte wertvolle Zeit, wenn sie diese hässliche kleine Episode noch länger in allen unwichtigen Einzelheiten beleuchtete. Denn Karim würde zurückkehren.
Ihre Make-up-Tasche lag auf der Ablage über dem Waschbecken. Rachel öffnete sie eilig, dann riss sie das Medikamentenschränkchen auf und warf Lippenstifte,
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