Julia Extra Band 376
Haar zu einem Pagenkopf schneiden lassen?“
„So etwas Altmodisches ist nicht nötig“, versicherte Kayla. „Aber ich denke, eine Liste wäre nicht verkehrt.“ Aus ihrer großen Umhängetasche holte sie einen Schreibblock hervor.
„Was für eine Liste?“, fragte er misstrauisch.
„Eine Liste all derjenigen Dinge, die einen modernen Adligen ausmachen.“
Sein schiefes Lächeln rührte ihr Herz. Schon früher hatte er sie oft auf diese Weise angegrinst. Kayla erinnerte sich an einen Tag, den sie am Mittelmeerstrand verbracht hatten. Ein Tag, der so herrlich und perfekt gewesen war, dass sie geglaubt hatte, die ganze Welt wäre verzaubert. Max und Eddie wetteiferten miteinander, wer die schönste Sandburg bauen konnte. Kayla saß daneben, schaute ihnen zu und lachte über das alberne Machogehabe der beiden Männer. Das Meer funkelte türkisblau, und der Sand glitzerte im goldenen Sonnenschein.
Ein perfekter Tag. Eine perfekte Zeit. Ein bittersüßes Gefühl der Nostalgie übermannte sie, und sie musste die Tränen zurückhalten. Nie mehr würde etwas so wundervoll sein.
Entschlossen wandte sie sich wieder der Gegenwart zu.
„Ich schaue mir deine Liste mit den Anforderungen an einen modernen Adligen an“, sagte Max belustigt. „Mal sehen, was ich davon so schaffen kann.“
„Keine Angst. Du brauchst dir nicht alles auf einmal zu merken. Es ist eher eine Art Wunschliste.“ Oben auf das Blatt schrieb sie: „Die Eigenschaften des perfekten Prinzen“.
„Perfekt?“ Er stöhnte. „Dann kannst du’s gleich vergessen.“
„Hörst du wohl auf damit?“ Nachdenklich tippte Kayla sich mit dem Stift an die Wange. „Ich weiß … wir fangen mit der äußeren Erscheinung an.“
„Du findest, ich habe nicht das richtige Aussehen für den Job?“, fragte er verblüfft.
Sie warf ihm einen ironischen Blick zu. „Die Grundlagen sind schon in Ordnung, aber es gehört noch einiges mehr dazu. Es gibt eine gewisse Haltung, die ein Prinz an den Tag legen sollte.“
Er lachte. „Arroganz und Verachtung? Das kriege ich wohl hin.“
„Nein. Selbstsicherheit und Kompetenz, gepaart mit einer Ausstrahlung von Zugänglichkeit. Führungsqualitäten und Volkstümlichkeit, alles zusammen in einer ansprechenden Verpackung.“ Sie kräuselte die Nase. „Du verstehst, was ich meine?“
Seufzend sah Max sie an. „Ich denke ja.“
„Gut. Dann arbeite bitte daran.“
„Klar, sicher. Kein Problem.“
„Und dann wäre da noch dein Kleidungsstil.“
Er blickte auf sein legeres Hemd und die Jeans herunter und hob fragend die Brauen.
Kayla schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich werde ein paar Fotos zusammenstellen, um dir zu zeigen, was du in der Hinsicht tun kannst.“
„Geld ausgeben“, entgegnete er sarkastisch.
„Ja, aber mit Bedacht. Ich werde dir die entsprechenden Tricks beibringen.“
„Ach ja?“ Wieder lachte er. „Ich wusste gar nicht, dass du davon welche auf Lager hast.“
Sie musste ebenfalls lachen und stupste ihn spielerisch mit ihrem Stift an. „Sei auf alles vorbereitet.“
„Oh, auf jeden Fall.“
Dann wurde sie wieder ernst. „Aber jetzt möchte ich erst einmal sehen, wie du gehst.“
Max war verblüfft. „Was?“
„Dein Gang. Ist er königlich genug? Brauchst er mehr Rückgrat? Lockerheit? Vielleicht ein bisschen mehr Eleganz?“
„Bisher hat sich noch nie jemand über meinen Gang beschwert.“
„Dann lass mal sehen.“
Er konnte es nicht fassen. Das war doch wohl nicht ihr Ernst, oder? „Wie bitte?“
Sie bedeutete ihm aufzustehen. „Tu’s einfach.“
Finster sah er sie an. „Was denn?“
Sein Zögern ließ Kayla schmunzeln. „Geh durch den Raum. Lass sehen, was du zu bieten hast.“
„Hier? Jetzt?“ Ungläubig schaute er sich um.
„Ja.“ Sie verbarg ein Lächeln. „Keine Sorge, das soll nichts Besonderes sein. Bloß einmal hin und zurück.“
Bei dem grollenden Blick, mit dem Max sie bedachte, brach sie beinahe in schallendes Gelächter aus. Die ganze Sache war ihm offenbar äußerst peinlich. „Steh einfach auf, geh zum Tresen, nimm eine Schale mit Gebäck und bring sie her. Niemand wird merken, dass du eine Vorstellung gibst.“
„Na schön“, meinte er widerstrebend. „Aber sei ja nett.“
Mit gereiztem Gesichtsausdruck stand er auf und durchquerte die Teestube. Sein Gang war langsam, kraftvoll und beherrscht. Kayla wusste sofort, dass es daran nichts zu verbessern gab. Seine geraden Schultern, der leicht geneigte Kopf, die Länge seiner
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