Julia Extra Band 376
miteinander verbunden waren. Am Abend hatte sie gar nicht darauf geachtet, wo Raul sie hinführte.
Sobald sie wieder allein war, richtete sie den Blick nachdenklich auf das leere Kissen neben sich. Sie hatte kein Recht, enttäuscht zu sein, denn ihr war schließlich bewusst gewesen, was sie tat. Nun durfte sie nicht vergessen, dass diese Nacht voller Leidenschaft nichts als fantastischer Sex gewesen war. Sie hatte sich Raul in dem Wissen hingegeben, welchen Stellenwert sie in seinem Leben besaß: ein nützliches, ja notwendiges Mittel, um die Fürstenwürde erlangen zu können. Trotz seiner gelegentlichen Zärtlichkeit war er in gewisser Weise genauso berechnend wie ihr Großvater.
Sie war selbst überrascht, wie weh es tat. Ihr Traum, eines Tages wie ihre Eltern die große Liebe zu finden, war endgültig gestorben. Das war ihr Los: Trotz heißer Liebesnächte in den Armen ihres Mannes würde sie einsam bleiben. Besser sie blickte der Wahrheit ins Auge, als sich etwas vorzumachen.
Ohne das Frühstückstablett anzurühren, stand Luisa auf, wickelte sich ein Laken um und ging zu der Tür, die Rauls Suite mit ihrer verband, fest entschlossen, sich nicht in unsinniger Reue zu ergehen. Im nächsten Moment kam ihr jedoch ein Gedanke, bei dem ihr wirklich schlecht wurde – Raul und sie hatten ohne Schutz miteinander geschlafen! Wie konnte sie nur so unvorsichtig sein? Es war beängstigend, was er mit ihr machte! Er weckte eine Leidenschaft in ihr, die sie alles andere buchstäblich vergessen ließ.
Luisa nahm sich fest vor, in Zukunft vernünftiger zu sein und nicht noch einmal die Zwecknatur ihrer Beziehung zu vergessen. Und sie musste sich unbedingt die Pille besorgen, denn einem Kind wollte sie die gegebenen Umstände nicht zumuten.
Bei dem unvermeidlichen Empfang vor dem Rathaus der Stadt an diesem Tag konnte Raul den Blick nicht von Luisa lassen. Bekleidet mit einem cremefarbenen Kostüm, das goldblonde Haar zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt, sah sie elegant und wirklich aristokratisch aus.
Doch der Anblick ihrer sinnlichen Lippen genügte, um erregende Bilder zu beschwören, wie sie ihn vergangene Nacht mit der entfesselten Macht ihrer Leidenschaft geradezu davongefegt hatte. Als wäre er die Jungfrau und sie der Verführer gewesen!
Sogar jetzt, als er an ihrer Seite die Begrüßung durch den Bürgermeister und die Honoratioren entgegennahm, hatte er Mühe, äußerlich gefasst zu bleiben. Es beunruhigte ihn, dass sie so starke Gefühle in ihm weckte. Nicht nur diese berauschende Lust oder auch die Erleichterung und Dankbarkeit, dass durch ihre Einwilligung die Thronfolge gerettet war. Nein, auch Zorn und Empörung, Traurigkeit und ungeahnte Zärtlichkeit, als sie ihm von ihrem Großvater und der schlimmen Erfahrung mit diesem Lügner erzählt hatte.
Und nicht zu vergessen ein Glücksgefühl … so überwältigend und beängstigend, dass er in aller Frühe buchstäblich aus dem Bett geflohen war, um sich mit Arbeit abzulenken.
Was machte Luisa mit ihm? Nicht mal als verliebter Teenager war er so von der Rolle gewesen!
Der Applaus der versammelten Menschen rief ihn zur Pflicht. Er, der sein ganzes bisheriges Leben der Pflichterfüllung gewidmet hatte, musste sich tatsächlich ins Gedächtnis rufen, weshalb er hier vor dem Rathaus stand!
„Prinz Raul, Prinzessin Luisa, willkommen Hoheiten.“ Der Bürgermeister konnte seine Bewunderung nicht verbergen, als er sich vor Luisa verneigte.
Wider alle Vernunft durchzuckte Raul heftige Eifersucht. Am liebsten wäre er mit Luisa auf der Stelle verschwunden, um sie ganz für sich zu haben. Am besten allein mit ihr in seinem Schlafzimmer. Was für eine erregende Vorstellung!
„Eure Hoheit?“
Der vorsichtig fragende Blick des Bürgermeisters brachte Raul auf den Boden der Wirklichkeit zurück. Wie von ihm erwartet wurde, setzte er die offizielle Begrüßung routiniert fort, obwohl es ihn nervös machte, dass die Gedanken an Luisa ihn so sehr ablenkten.
Schließlich wandte sich der Bürgermeister Luisa zu, um ihr einen großen, verschnörkelten Schlüssel zu überreichen, als Zeichen, dass sie von nun an freien Zugang zu jedem verschlossenen Gebäude der Hauptstadt habe. „Willkommen in unserer Stadt, Eure Hoheit. Wir hoffen, dass Sie sich genauso freuen, bei uns zu sein, wie wir uns freuen, Sie bei uns zu haben“, sagte er erst auf Monteregianisch, dann auf Englisch.
Sie sah wirklich atemberaubend sexy aus! Keine Spur mehr von der burschikosen, mit
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